Vielleicht ist der Begriff "Gottesdienst" überhaupt irreführend und bringt es deshalb zu falschen Vorstellungen hiervon. Denn entspräche er einem Dienst an Gott, dann erwiese dieser Dienst sich als eine dem Menschen aufgezwungene Handlung - womit Gott dem Menschen genau dasjenige Werde-Ziel aberkennen würde, welches er uns durch Christus verheißen hat: Die individuelle Freiheit. - Und meinte diese Handlung umgekehrt einen Dienst Gottes an uns: Woher sollen wir dann wissen und woran erkennen, wann und in welcher Form Gott uns seinen Dienst erweist bzw. erweisen möchte? Sind wir es dann selber, die dies bestimmen und Gott Zeit und Ort "vorschreiben"? - Das kann ja wohl nicht sein! -
Ich meine, dass jegliches Denken, Fühlen und Handeln, das nach der Gottes- und der Nächstenliebe ausgerichtet ist, einen wirklicher Gottes- und Menschheitsdienst darstellt. Dass wir Gott damit "gefallen", sieht er hierbei allemal und hat es darum nicht nötig, sich unsere Geneigtheit ihm gegenüber durch symbolische Handlungen bestätigen zu lassen. -
Die anthroposophisch orientierte Liturgie, wie sie die Christengemeinschaft pflegt, bezeichnet die rituelle frei-willige und innerlich real vollzogene Hinwendung zu Gott und dem Christus-Mysterium als Weihehandlung oder Menschen-Weihehandlung. Auch sie vollzieht sich, wie der katholische Ritus, auf den vier Stufen der Evangeliumsverkündigung, der Opferung, der Wandlung und der Kommunion. Auf der höchsten Stufe, der Kommunion - der Vereinigung mit Christus - begegnen sich Gott und Mensch auf gleicher Ebene, wodurch beide, gleichermaßen opferwillig, einander entgegenkommen. -
Damit erweist sich dieser Ritus als dasjenige, was er in der Tat ist: Als eine Handlung, die dem Christus-Mysterium gewidmet - geweiht - ist und durch welche Christus den Liebes-Treuebund zwischen sich und dem Menschen bekräftigen kann: Als Menschen-Weihehandlung.