K
Katarina
Guest
Ja - schön! Womit Dir ein guter Schlenker zurück zur Thematik gelungen ist.
Ja, es soll ja schön lebensnah bleiben und nicht zu sehr abheben..... .
Die Geschichte mit Deinem Sohn, sehr nett. Als ich angefangen hatte, mich mit der GFK zu beschäftigen und noch voller Elan da heranging, hatte ich folgende Szene zu Hause: mein Partner kommt üblicherweise recht spät von der Arbeit nach Hause. Früher hatte ich dann noch bei ihm angerufen, nachgefragt etc. Inzwischen aber warte ich nichtmals mehr, sondern mache einfach mein Ding. An diesem einen Abend aber, - es war ca. 20:00 Uhr - hatte ich die Idee, mir noch etwas zu kochen und da dachte ich, es wäre doch nett, wenn er ein warmes Essen vorfindet, wenn er nach Hause kommt und vielleicht sogar mit mir gemeinsam essen kann. Also rief ich ihn an und fragte, was sein zeitlicher Horizont für die Rückkehr sei, da ich vorhabe, mir etwas zu kochen und das eben zeitlich evtl. auf ihn abstimmen könne, wenn er wolle. Er wollte, freute sich und meinte, er käme so um 21:00 Uhr nach Hause. Das Essen war also um 21:00 Uhr fertig. Er kam dann um ca. 22:30 Uhr nach Hause. Zunächst war ich noch gar nicht ärgerlich, dachte, ihm sei vielleicht ein Notfall dazwischen gekommen, aber dann sagte er den einen Satz: "Ich habe irgendwie die Zeit vergessen!" Boah! Da bin ich innerlich explodiert (mit Rosenberg im Kopf) und presste nur noch ein "Auszeit" heraus und verließ fluchtartig den Raum. Und dann saß ich da an meinem Schreibtisch und versuchte vergeblich, mir irgendwie Selbstempathie zu geben, tief durchzuatmen, um wieder auf den Teppich zu kommen. Es ist mir nicht wirklich gelungen. Ich wollte ihn 2 Stunden später immer noch am liebsten massakrieren .
Also weiter im Text:
"Ärger hat immer einen lebensbejahenden Kern -
Oft werde ich gefragt, "gibt es nicht Umstände, unter denen Ärger gerechtfertigt ist? Ruft nicht z.B. rücksichtslose, fahrlässige Umweltzerstörung nach `gerechter Empärung `? Meine Antwor darauf lautet: Sobald ich die Überzeugung nähre, in welchem Ausmaß auch immer, dass es so etwas gibt wie "rücksichtloses Handeln" oder "pflichtbewußtes Handeln" oder einen "gierigen Menschen" oder einen "anständigen Menschen", dann trage ich zur Gewalt auf diesem Planeten bei. Daran glaube ich ganz fest. Statt sich darauf zu einigen oder auch nicht zu einigen, was Menschen sind, wenn sie morden, vergewaltigen oder die Umwelt verschmutzen, fördern wir mM nach die lebensbejahenden Energien mehr, wenn wir unsere Aufmerksamkeit auf das lenken, was wir brauchen.
Ich verstehe jeden Ärger als Ergebnis einer lebensentfremdenden, Gewalt provozierenden Art zu denken. Im Kern jeden Ärgers findet sich ein Bedürfnis, das nicht erfüllt ist. So kann Ärger sehr wertvoll sein, wenn wir ihn als Wecker nehmen, der uns aufweckt - um zu realisieren, dass wir ein unerfülltes Bedürfnis haben und dass unsere Art zu denken dessen Erfüllung unwahrscheinlich macht. Um Ärger vollständig auszudrücken, brauchen wir ein klares Bewußtsein für unser Bedürfnis. Zusätzlich brauchen wir Energie, um unser Bedürfnis zufriedenzustellen. Der Ärger jedoch zieht uns Energie ab, indem er sie in Richtung "Leute bestrafen" statt "Bedürfnisse erfüllen" lenkt. Anstatt uns für "gerechte Empärung" einzusetzen, empfehle ich, dass wir uns mit unseren eigenen oder den Bedürfnissen anderer Menschen empathisch verbinden. Dazu mag intensive Übung notwendig sein, wo wir immer wieder ganz bewußt den Satz "Ich bin wütend, weil sie/er...." ersetzen durch "Ich bin wütend, weil ich..... brauche".......
.......Alle Gewalt ist das Ergebnis davon, dass Menschen auf das Denkmuster hereinfallen, dass ihr Schmerz von anderen Menschen herrührt und dass es diese Menschen konsequenterweise verdienen, bestraft zu werden.
Ich sah einmal meinen jüngeren Sohn ein 50-CentStück aus dem Zimmer seiner Schwester nehmen. Ich sagte:" Brett, hast Du Deine Schwester gefragt, ob Du das haben kannst?" "Ich habe es ihr nicht weggenommen", antwortete er. Ich rief mir meine 4 Möglichkeiten ins Gedächtnis ((a) sich selbst die Schuld geben, b) anderen die Schuld geben, c) die eigenen Gefühle und Bedürfnisse wahrnehmen, d) die Gefühle und Bedürfnisse der anderen wahrnehmen). Ich hätte ihn einen Lügner nennen können, was jedoch gegen meine Bedürfniserfüllung gearbeitet hätte, da jedes Urteil über eine andere Person die Wahrscheinlichkeit sinken läßt, dass sich unsere Bedürfnisse erfüllen. Es war entscheidend, worauf ich in diesem Augenblick meine Aufmerksamkeit richtete. Wenn ich ihn als Lügner verurteilte, geriet ich in eine Sackgasse. Wenn ich ihn so interpretierte, dass er mich nicht genügend respektierte, um mir die Wahrheit zu sagen, geriet ich in eine andere Sackgasse. Wenn ich mich in diesem Moment jedoch entweder auf ihn einstimmte oder offen zur Sprache brachte, was ich fühlte und brauchte, dann würde ich die Chance, dass sich meine Bedürfnisse erfüllen, immens erhöhen.
Ich traf meine Wahl - die sich in dieser Situation als hilfreich herausstellte - und brachte sie nicht so sehr durch Worte zum Ausdruck, sondern durch das, was ich tat. Anstatt ihn als Lügner zu verurteilen, versuchte ich, sein Gefühl herauszuhören: Er hatte Angst und sein Bedürfnis war, sich gegen Strafe zu schützen. Indem ich mich auf ihn einstimmte, hatte ich die Chance, einen emotionalen Kontakt herzustellen, aus dem heraus wir beide unsere Bedürfnisse zufriedenstellen konnten. Wenn ich jedoch mit der Auffassung, dass er log, auf ihn zugegangen wäre - auch wenn ich es nicht laut gesagt hätte - dann hätte er sich wahrscheinlich nicht sicher genug gefühlt, um ehrlich zu sagen, was vorgefallen war. Ich wäre dann Teil dieses Prozesses geworden: Dadurch, dass ich eine andere Person als Lügner verurteile, trage ich zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung bei: Warum sollte jemand die Wahrheit sagen wollen, wenn er weiß, dass er dafür verurteilt und bestraft wird?
Ich möchte zu bedenken geben, dass sich sehr wenige Menschen für unsere Bedürfnisse interessieren werden, wenn unser Kopf voll ist mit Urteilen und Analysen darüber, dass die anderen schlecht sind, gierig, unverantwortlich, unehrlich, betrügerisch, dass sie die Umwelt verschmutzen, weil ihnen der Profit wichtiger ist als das Leben etc. Wenn wir die Umwelt schützen wollen, und wir gehen zu einem Geschäftsführer mit der Einstellung:"Wissen Sie was? Sie sind der Mörder dieses Planeten, und Sie haben kein Recht darauf, ds Land so zu mißbrauchen", dann haben wir unsere chancen auf Bedürfniserfüllung erheblich verringert. Es gibt nur wenige Menschen, die mit ihrer Aufmerksamkeit auch dann bei unseren Bedürfnissen bleiben können, wenn wir sie auf dem Umweg über Vorwürfe an diese Menschen ausdrücken. Wir können natürlich in gewisser Weise mit Vorwürfen Erfolg haben, wenn wir sie als Einschüchterungsstrategie einsetzen, damit andere Leute unsere Bedürfnisse erfüllen. Wenn jemand sich so schuldig, beschämt oder verängstigt fühlt, dass er sein Verhalten ändert, dann läßt uns das vielleicht glauben, dass es möglich ist, zu "gewinnen", indem wir anderen erklären, was mit ihnen nicht stimmt.
In einer erweiterten Sichtweise realisieren wir jedoch, dass wir letztendlich nicht nur jedesmal verlieren, wenn wir unsere Bedürfnisse auf diese Weise erfüllen, sondern dass wir auch auf ganz handfeste Weise zur Gewalt auf diesem Planeten beitragen. Wir mögen ein kurzfristiges Problem gelöst haben haben dafür aber ein neues geschaffen. Je öfter Menschen Vorwürfe und Verurteilungen hören, desto defensiver und aggressiver werden sie und desto weniger werden sie sich in Zukunft um unsere Bedürfnisse kümmern. Selbst wenn also unser aktuelles Bedürfnis zufriedengestellt ist in dem Sinn, dass jemand das tu, was wir wollen, dann werden wir später dafür bezahlen......."
Zitat aus "Gewaltfreie Kommunikation" von M. Rosenberg
So, 2. Pause. Im nächsten Abschnitt kommt Rosenberg dann schließlich dazu, wie man seinen Ärger denn nun tatsächlich vollständig ausdrücken kann, ohne dabei sich und anderen zu schaden (erst müssen sich aber meine Finger regenerieren) . Das ist der Schritt, den ich bis heute nich hinbekomme. Vielleicht könnt ihr mir ja helfen . Oder wie wär`s? Wir helfen uns gegenseitig?
Katarina