@ Stephan
Hier die Schweiz als Beispiel. Ich selbst hab lange in Frankreich und England gelebt, und meines Wissens hat England die höchste Wochenarbeitszeit Europas und steht wirtschaftlich wieder sehr gut da.
Schweiz
Früher wurden die Schweizer als Hinterwäldler belächelt, weil sie in Volksabstimmungen kürzere Arbeitszeiten ablehnten. Heute können sie sich als Avantgarde fühlen. Ihre durchschnittliche Wochenarbeitszeit liegt bereits dort, wohin andere zurückwollen. Die Schweizer schaffen schon jetzt mit durchschnittlich 41,7 Stunden in der Woche den internationalen Arbeitsrekord. Das Land hat das umgekehrte Problem wie Deutschland: Man muß nicht - durch Kostensenkung - Erwerbslosen Stellen verschaffen; die Arbeitslosenquote ist niedrig. Vielmehr muß man einen Mangel an Arbeitskräften durch Migranten lindern. Der Mangel treibt in der Chemie sowie bei Banken und Versicherungen das Lohnniveau von Spezialisten steil nach oben.
Der frappierende Gegensatz zwischen dem deutschen und dem schweizerischen Arbeitsmarkt ist eine Folge des unterschiedlichen Ausmaßes an Liberalisierung: Der eine ist starr, der andere flexibel. Wie gut der Schweizer Markt funktioniert, zeigen zwei wichtige Kennzahlen: Die Beschäftigungsquote erreicht mit 79 Prozent der Erwerbsfähigen einen internationalen Rekord, und als Gegenstück dazu ist die Arbeitslosenquote (3,8 Prozent) ebenfalls niedrig. Der Arbeitsmarkt gleicht Angebot und Nachfrage in Konjunkturschwankungen recht schnell aus.
Der Preis für Arbeit wird nicht so stark durch soziale Zwangsabgaben verzerrt: Die Lohnnebenkosten sind mit 53 Prozent deutlich niedriger als in Deutschland. Der Kündigungsschutz ist so gering, daß man in der Schweiz fast schon von einem "hire and fire" nach amerikanischem Muster sprechen könnte. Der Urlaubsanspruch ist geringer, die Pflicht zu Sozialplänen seltener. Vieles, was in Deutschland gesetzlich geregelt ist, wird den Tarifpartnern überlassen.
Obwohl die Schweiz sonst ein kartellfreudiges Land ist, gibt es auf dem Arbeitsmarkt nur wenige flächendeckende Absprachen. Die Lohnfindung geschieht dezentral. Wenn kein Gesamtarbeitsvertrag vorliegt (und das gilt für die meisten Exportbranchen), sind die Unternehmen frei, betriebliche Löhne und Arbeitszeiten auszuhandeln. So ist die Lohnstruktur stark differenziert, sowohl nach Branchen als auch nach Regionen.
Text: now., ela., km., Frankfurter Allgemeine Zeitung,
Hier die Schweiz als Beispiel. Ich selbst hab lange in Frankreich und England gelebt, und meines Wissens hat England die höchste Wochenarbeitszeit Europas und steht wirtschaftlich wieder sehr gut da.
Schweiz
Früher wurden die Schweizer als Hinterwäldler belächelt, weil sie in Volksabstimmungen kürzere Arbeitszeiten ablehnten. Heute können sie sich als Avantgarde fühlen. Ihre durchschnittliche Wochenarbeitszeit liegt bereits dort, wohin andere zurückwollen. Die Schweizer schaffen schon jetzt mit durchschnittlich 41,7 Stunden in der Woche den internationalen Arbeitsrekord. Das Land hat das umgekehrte Problem wie Deutschland: Man muß nicht - durch Kostensenkung - Erwerbslosen Stellen verschaffen; die Arbeitslosenquote ist niedrig. Vielmehr muß man einen Mangel an Arbeitskräften durch Migranten lindern. Der Mangel treibt in der Chemie sowie bei Banken und Versicherungen das Lohnniveau von Spezialisten steil nach oben.
Der frappierende Gegensatz zwischen dem deutschen und dem schweizerischen Arbeitsmarkt ist eine Folge des unterschiedlichen Ausmaßes an Liberalisierung: Der eine ist starr, der andere flexibel. Wie gut der Schweizer Markt funktioniert, zeigen zwei wichtige Kennzahlen: Die Beschäftigungsquote erreicht mit 79 Prozent der Erwerbsfähigen einen internationalen Rekord, und als Gegenstück dazu ist die Arbeitslosenquote (3,8 Prozent) ebenfalls niedrig. Der Arbeitsmarkt gleicht Angebot und Nachfrage in Konjunkturschwankungen recht schnell aus.
Der Preis für Arbeit wird nicht so stark durch soziale Zwangsabgaben verzerrt: Die Lohnnebenkosten sind mit 53 Prozent deutlich niedriger als in Deutschland. Der Kündigungsschutz ist so gering, daß man in der Schweiz fast schon von einem "hire and fire" nach amerikanischem Muster sprechen könnte. Der Urlaubsanspruch ist geringer, die Pflicht zu Sozialplänen seltener. Vieles, was in Deutschland gesetzlich geregelt ist, wird den Tarifpartnern überlassen.
Obwohl die Schweiz sonst ein kartellfreudiges Land ist, gibt es auf dem Arbeitsmarkt nur wenige flächendeckende Absprachen. Die Lohnfindung geschieht dezentral. Wenn kein Gesamtarbeitsvertrag vorliegt (und das gilt für die meisten Exportbranchen), sind die Unternehmen frei, betriebliche Löhne und Arbeitszeiten auszuhandeln. So ist die Lohnstruktur stark differenziert, sowohl nach Branchen als auch nach Regionen.
Text: now., ela., km., Frankfurter Allgemeine Zeitung,