vielen dank an euch alle.
Was würde es denn für Dich bedeuten, wenn Deine Sicht auf dein Familiensystem durch Deine Aufstellung (nicht durchs Erzählen) grundsätzlich gewandelt würde? Wäre Dir das als Preis für eine Lösung zu hoch? Möchtest Du lieber weiter Berechtigungen für dein Verweilen im Vorwurf sammeln?
lieber jake,
wenn ich ganz ehrlich bin, dann hab ich nicht nur angst vor diesem "uneingeschränkte akzeptanz"-gewähren, sondern vor allem auch vor diesem "ich-gebe-dir-die-ehre", was ja im familienstellen vorkommt. das heißt, ich darf nicht nur NICHT-verurteilen (=der andere hat ja für SICH nach bestem wissen und gewissen gehandelt), sondern ich soll ihm auch noch
die ehre erweisen. damit untergrabe ich meine eigenen gefühe, denn wenn ich nunmal finde, dass der andere sich nicht unbedingt ehrwürdig verhalten hat/noch immer nicht ehrwürdig verhält, dann gehe ich gegen mein grundgefühl, wenn ich ihm die ehre gebiete.
ich erkläre das mal aufgrund meines beispieles.
als ich den vater zum ersten mal in meinem leben weinen sah, eben beim begräbnis meines neffen, da - ich habe es schon erwähnt - hab ich ja bemerkt, dass er DOCH gefühle hat, die er sonst sehr gut verbergen kann (mein bruder sagt, seine tränen seinen berechnung gewesen...).
ich nahm also tatsächlich diese geschichte zum anlass, meinen vater und seine ignorante verhaltensweise anzusehen und die ursachen für dieses verhalten ausfindig zu machen. "fand" in seiner kindheit, wo er verlassen, verletzt, geschlagen - was auch immer - wurde. mein fazit für ihn: kein wunder. er ist so verletzt worden, um dies nicht wieder zu erfahren, gewährt er erst gar keine liebe und kann so auch nicht zurückgestoßen werden.... . gut so.
ich konnte den vater also annehmen wie er ist.
im gleichen augenblick fast merkte ich aber, dass ich nicht mehr den zwang hatte, irgendetwas ändern zu sollen. denn die situation nahm ich ja so an wie sie war. ich konnte den vater SEIN lassen.
damit erübrigte sich für mich aber auch der versuch, hinzufahren und eine veränderung unserer beziehung zu bewirken. das hatte ich, wie mir scheint, aus einem es-nicht-glauben-wollen heraus bisher immer getan d.h. es zog mich nach dieser erkenntnis, es ist gut so, nicht mehr zu ihm, weil es ja in ordnung war, wie es war.
somit kamen aber dann die schuldzuweisungen von außen: waaaas, dein vater, hallo, er ist dein vater, du meldest dich nicht!!!!
mein bauchgefühl sagte mir aber, dass ich ihn so lassen möchte wie er ist, dass dieser mensch aber mit dieser art nicht gut ist für mein leben, d.h. es gab keine berührungspunkte mehr, es war für mich wie vergeudete zeit. weil ich war zwar dort, aber er schaute mich eh nicht an.... .
es war im prinzip für mich gut, ich konnte leben "ohne vater", aber von außen prallten eben diese forderungen auf mich ein - nicht vom vater selber, aber von anderer seite. bei einem menschen, mit dem man nicht familiär verbunden ist, ist es viel leichter.
dann kommen die "bedingungslos-lieben"geschichten dazu vom familienstellen.
jemanden so nehmen, wie er ist.
ich nehme ihn so ist, was dann????? gut sein lassen?? was ist weihnachten, geburtstag..... .???? fahre ich hin, obwohl es mich nicht hinzieht, weil eh nichts mehr zu lösen/zu bereinigen ist??? weil es nicht wichtig ist für mich, vergeudete zeit??
bin ich authentisch??? arbeite ich nicht gegen mich, wenn ich etwas tue, was ich eigentlich nicht mehr will.
ist es nicht GEGEN MICHT, wenn ich nur aus DEM grund hinfahre, weil er mein vater ist???
ja, gut, wenn ich ihn annehme wie er ist, kann er mich ja eigentlich nicht mehr verletzen. wenigstens was.
aber kann er mich dann noch berühren????
mein vater konnte das nicht, so dachte ich.
ich dachte, ich habe gelernt, dass er mich nicht mehr verletzten kann, aber auch nicht berühren.
ich dachte so:
vor 3 wochen etwa rief ich seine freundin an, zum ersten mal seit monaten, dass ich mich meldete.
er hob ab, verstand nicht gleich, wer am apparat ist, fragte nach. ich nannte meinen namen, er begrüßte mich absolut erfreut und freundlich. so hatte ich ihn noch nie gehört.
ich freute mich. ich wusste gar nicht, wie gut es DOCH tut. mein vater zeigt zum ersten mal in seinem leben, dass er sich freut, wenn ich da bin.
plötzlich fragte er nach: "welche ..........???". er dachte tatsächlich, seine freundin von vor 20 jahren sei am telefon, die den gleichen namen hat!!!!!
es ist ihm alles runtergefallen, als er merkte, es ist seine tochter.
es hat wehgetan. weil ich vorher gespürt hatte, wie sehr ich mich freute, dass ER sich freut, weil ich mich melde.. .
es tut ehrlich weh, keinen vater zu haben
......
ich drehe mich tausendmal im kreis mit meinen gedanken. kann zeitweise an nichts anderes mehr denken, als an die situation, wie ich mit der geschichte umgehe.
also, ich denke fast, es ist zu viel verlangt, jemanden ehre zu erweisen etc.etc., der einem so behandelt.
lg abendsonne