Es gibt hier zum
Thema weisses/schwarzes/rotes Tantra einen, wie ich finde, recht guten Kommentar.
Was die praktizieren - soweit mir bekannt - gehört meiner Meinung nach gar nicht in die Kategorie "weisses/schwarzes/rotes Tantra", sondern einfach nur in eine dieser letztlich recht einseitig auf "Aufstieg" ausgerichteten religiösen Bewegungen, wie man sie überall auf der Welt findet. Nur schon die ziemlich rigorose Ausrichtung auf vegetarisches Essen empfinde ich als durchaus un-tantrisch. Ich habe überhaupt nichts gegen vegetarisches Essen (vermutlich sollten wir Westler eh alle weniger Fleisch essen), aber meines Erachtens verdient deren Tun halt den Zusatz "tantrisch" nicht wirklich. Einfach deshalb, weil hier ziemlich strikte Regeln bezüglich "rein" und "unrein" eingehalten werden
müssen, was meines Erachtens diamentral der tantrischen Idee entgegensteht. (Wobei - was ist schon Tantra wenn nicht das, was die Leute halt faktisch leben und dann auch so bezeichnen... .)
Hallo FCKW,
beim Tantra gibt es verschiedene Ebenen des Verstehens. Je nach Ebene unterscheiden sich dann auch die Regeln, teilweise diametral. Danach unterscheiden z.B. die Tibeter in äußeres, inneres, geheimes und höchst geheimes Tantra. je nach der Ebene des Verstehens. Zu den Äußeren Tantren gehört z.B. die Praxis des Medizinbuddha. Hier wird auf Reinlichkeit, möglichst Fleischverzicht, Verzicht auf stark riechende Lebensmittel vor der Zeremonie und größtmögliche Reinlichkeit der Zeremonienraums geachtet. Am anderen Ende stehen die Zeremonien des höchsten Anuttara-Yogatantra, wie zum die Einweihung in Kalachakra. Dabei werden z.B. kleine Mengen Fleisch und Alkohol gereicht ( es geht nicht mehr und das "meiden" bestimmter Dinge, sondern um Transformation von dem was ist) und sogar ein normaler Fleischverzehr vor der Zeremonie ist erlaubt - bei den "äußeren" Tantren undenkbar.
Kleine Systematik:
(die drei "äußeren" Tantras)
1. Kriyayoga
2. Caryayoga
3. Yogatantra
(die drei "inneren" Tantras)
4. Mahayoga
5. Anuyoga
6. Atiyoga (Dzogchen) (die 4er-Einteilung fasst die drei inneren Tantras unter dem Begriff Anuttaratantra zusammen)
Die äußeren Tantras beruhen im wesentlichen auf den Methoden der Reinigung und Vorbereitung auf die Erlangung der Weisheit der Erwachten. Die Kriyatantras legen Wert auf rituelle Verhaltensregeln, Reinigung, Fasten usw., sowie auf die Visualisierung der Gottheit als äußere Wesenheit im Bezug auf das Individuum.
Die Yogatantras beruhen im Gegensatz dazu auf der Praxis der inneren Visualisation der Gottheit mit Hilfe relativ einfacher Methoden der Transformation.
Die Caryatantras greifen bei den rituellen Verhaltensregeln auf das Kriyatantra zurück, bei der internen Visualisierung auf das Yogatantra.
Die "inneren" Tantras Mahayoga und Anuyoga beruhen auf dem Prinzip der Transformation der Leidenschaften und karmischen Energien in Weisheit. Diese Praxis beinhaltet zwei wesentliche Phasen: die Entwicklungs- (kyerim) und dieVollendungsphase (dzogrim). In der Entwicklungsphase visualisiert man man stufenweise die reine Dimension der Gottheit, Mandala genannt, sowie die Gestalt der Gottheit, genannt yidam. In der Vervollkommnungsphase konzentriert man die Visualisierung der Transformation im inneren des eigenen Körpers in der dreifachen Struktur der eigenen Nadi (nichtmaterielle Energiekanäle), in denen die Energie zirkuliert - der Prana, die Lebensenergie des Körpers und die Kundalini, die Essenz des Potentials der Pranaenergie. Die Praktiken gehören zum Mahayoga und entsprechen dem modernen Anuttaratantra. Das Anuyoga, das es nur in der alten Tradition gibt, legt höchsten Wert auf die augenblickliche Visualisierung der Gottheit und ihrer reinen Dimension und auf die Vervollkommnungsphase.
Atiyoga oder "ursprünglicher Yoga" ist gleichbedeutend mit Dzogchen. Wenn auch als ein inneres Tantra klassifiziert, übersteigt es diese aber, weil es ein Weg direkter Selbstbefreiung und nicht der Transformation ist. Dieser Weg der direkten Selbstbefreiung ist möglich dadurch, dass der Schüler nach entsprechender Vorbereitung von seinem Meister direkt in die unmittelbare Wahrnehmung der ursprünglichen Natur seines eigenen Geistes eingeführt wird.
Alles Liebe
Vajrakila