wenn nun mal 7 Leute sagen "sorry ich kann nicht mehr mit dir, weil du bist einfach hysterisch", dann muss doch was dran sein
Das ist von der Struktur her das gleiche Argument wie "Leute, esst Scheiße, Millionen Fliegen können sich nicht irren." Und es ist vor allem ein eindeutiges Indiz von Mobbing: Eine Gruppe von Bezugspersonen schließt sich zusammen und behandelt gemeinsam das Mobbing-Opfer in abwertender Weise. Ob das im konkreten Fall so ist, weiß ich nicht; ich lese hier nur das, was die Heavy Metal Alice schreibt, und kann nicht einschätzen, welche Wirklichkeit sich tatsächlich dahinter verbirgt.
Ich habe auch keine Lust, mit ihr darüber zu diskutieren. Ich mag mich nicht auf die Form von Gesprächskultur einlassen, die Alice für angebracht hält, und ich sehe auch nichts, was ich ihr sagen könnte. Ich merke aber schon, dass mich Stil und Thematik des Threads berühren, und versuche mal, diese Punkte in mir zu entdecken.
Aus nahezu jedem Satz von Alice lese ich ein großes Bedürfnis nach Sicherheit heraus, nach einem Konstrukt von Sicherheit, das vor allem darin besteht, sich in Begegnungsräumen aufzuhalten, in denen sich doch um Himmels (oder Hölle) willen nichts ändern möge. Seit Jahren die gleichen Pärchen (ich spitze immer die Ohren, wenn Leute sich selber klein machen und von Pärchen sprechen statt von Paaren), und wenn dann mal jemand aus diesen "Freundschafts"-Ritualen auszubrechen versucht, gerät die eigene Welt ziemlich aus den Fugen.
Ich habe keine Ahnung, von welcher Qualität und Wirkung die Aufstellungen tatsächlich waren, an denen die Freundin von Alice teilgenommen hat, ich weiß auch nichts über ihre Anliegen, die sie dorthin geführt haben, ich lese hier nur Berichte über Verhaltensweisen, die auf die Teilnahme an Aufstellungen zurückgeführt werden. Daraus entsteht mein (!) Bild, dass sich hier eine Frau auf einen Weg begeben hat, den sie als ihren eigenen gehen möchte. Und aus welchen Gründen auch immer, es sieht so aus, als ob das Beschreiten eines eigenen Weges zu Konflikten mit ihrem Freundeskreis und auch mit ihrem Partner führen würde. Das ist nichts Ungewöhnliches. Das kann immer wieder mal auftreten, wenn Menschen aus ihrer Angepasstheit heraustreten, wenn sie sich nicht mehr dafür zur Verfügung stellen, von anderen benutzt zu werden. Ob sie sich für diesen Weg nun Aufstellungsarbeit oder Psychotherapie oder eine andere Form von Begleitung wählen, ist unterm Strich egal - es geht um die Unterstützung, das eigene Leben selbst in die Hand zu nehmen, nach den eigenen Regeln und Orientierungen, und das auch dann, wenn es manches in den bisherigen Beziehungen über den Haufen wirft. Vor allem dann, wenn diese bisherigen Beziehungen möglicherweise auch ein Teil des Problems sind. Ich sagte ja schon weiter oben: der wirkungsvollste Beziehungskiller ist oft eine destruktive Beziehung.
Natürlich sehen das Menschen ganz anders, die andere Menschen als Garanten ihrer sozialen Einbettung und Sicherheit betrachten und deren stabile Unveränderlichkeit als verlässlichen Baustein der eigenen Verbunkerung benötigen. Da wird jeder, der Systeme in Bewegung bringt oder sich innerhalb fest "aufgestellter" Systeme zu bewegen beginnt, als Gefahr für das eigene Orientierungs- und Wertesystem betrachtet. Und so ein aufrührerisches Verhalten darf auch nicht verstanden oder mit Empathie wahrgenommen werden, denn dann könnte ja auch der eigene Heavy Metal Panzer sich zu lösen beginnen, was viel Angst freisetzt - nein, da muss dann die Schuld irgendwo außerhalb des eigenen Sicherheits-Konstrukts gesucht werden, da stellen alle symbiotisch aufeinander Bezogenen gemeinsam die Stacheln auf und isolieren das störende Element, z.B. durch die Quasi-Entmündigung per "psychiatrischer" Diagnose: "Du bist ja hysterisch!"
Aus der - von mir vermuteten, auch da hab ich ja keinerlei Anhaltspunkte außer ein paar Sätze - inneren Dynamik von Alice ist mir durchaus verständlich, dass sie solchen Ansätzen, die Statuten eines rigiden Systems in Frage zu stellen, einfach mit null Toleranz begegnen muss und dass hier der Versuch unternommen wird, die Mobbingrunde durch Beipflichtende zu verstärken ... was nicht aufgegangen ist. Wenn die Engführung der eigenen Anschauungen schon weit gediehen ist, können sich manche auch gar nicht mehr vorstellen, dass "irgendein vernünftiger Mensch anderer Meinung sein könnte, als man selbst".
Dass dann jemand als Angstbeißer erlebt wird (so geht es mir mit Alice), sehe ich nur als folgerichtig. Und das einzige, was mir dazu einfällt: Menschen zu unterstützen, die aus ihren Opferrollen, aus dem emotionalen Missbrauch ausbrechen, in dem sie für andere herhalten müssen und ausgesaugt werden. Ob von Partner/innen, Freund/innen, Verwandten...
Jake