Wie Überlieferungen interpretieren?

Ausgangspunkt war ein post von dir in einem anderen threat, wo du die "albern-sentimentale Hingabe" kritisierst.

Dies scheint also für dich kein "angemessener Umgang" mit religiösen Texten zu sein, aber vielleicht ist es ja ein angemessener Ausdruck religiöser Gefühle?

Sentimentalität wird zur Albernheit, wenn sie zu überwuchern beginnt und so die Übermacht über den Menschen gewinnt. Sentimentalität als solche ist daher nicht Gegenstand meiner Kritik.
 
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zufällig bin ich auf eine Deutung der ´ biblischen ´ Altersangaben gestoßen, die mir die Augen geöffnet hat.
Demnach ist wesentlich weniger wörtlich zu verstehen, als z B die Altersangaben für bare Münze zu nehmen.
Das scheint mir eine interessante Grundidee zu sein, die biblischen und anderen überlieferten Aussagen nicht für bare Münze so zu nehmen, wie wir es heute gewöhnlich tun. Die Frage ist, welche "bare Münze" wäre stattdessen den Überlieferungen angemessen?
 
Die Zahlen in der Bibel haben immer eine Bedeutung. So hat z.B. jeder Buchstabe im Hebräischen einen Zahlenwert, und so auch jedes Wort, jeder Satz. Es beginnt bei der 1 Aleph und geht bis zur 400, Tav.
Da sind wir dann auch bei dem hier:

Es gibt keine Datierungen in der Bibel. Es gibt kein Vorher und Nachher in der Bibel. Alle Zahlen bedeuten etwas.
Aus den Zahlen 1,2,3,4 entstehen alle anderen Zahlen. 1+2+3+4=10.
Und daraus ergibt sich dann auch der Rest der Zahlen.
Ich möchte hier mal einen Abschnitt aus Weinrebs Buch "Zahl Zeichen Wort - Das symbolische Universum der Bibelsprache" aufschreiben, weil ich es selbst nicht so gut erklären könnte, wie er. Es ist allerdings viel besser, diese ganzen Dinge im Gesamtzusammenhang zu lesen, trotzdem will ich es doch mal tun, um einen Eindruck zu geben, wie das alles funktioniert:

"Die 4 Hunderter-Zahlen gehen bis zur 400, denn ihre Summe bildet die Zahl 1000. Und diese ist im Hebräischen elef und wird genauso geschrieben wie das Zeichen für die 1, Alef. Die Vierheit enthält immer schon die 10, die 1 auf anderer Ebene.
Die 22 Zeichen sind die Bewohner des Kerns, des Wesentlichen. Aus ihnen bauen sich alle existierenden Wörter der Ursprache. Mit ihnen macht Gott, wie es heißt, die Welt. Es ist also eine Bedingung, dass man die Bedeutung eines jeden dieser Zeichen kennt, ehe man sich mit der Sprache oder mit den Erscheinungen in den verschiedenen Formen des Lebens beschäftigt. Nur über das Wesentliche kann man die Erscheinungen verstehen.
Die Welt der Erscheinungen entsteht durch die Kombinationen der 22 Urmöglichkeiten.
Das letzte Zeichen dieser 22 ist das Taw, also der absolute Wert von 400. Das will sagen, dass es im Absoluten keinen höheren Wert in der Reihe gibt als eben diese 400. Höheres findet keine Ausdrucksmöglichkeit mehr. Bis dorthin lässt Gott die Welt der Schöpfung sich entwickeln. Deshalb ist für diese Welt die absolute Zahl 400 das Unendliche, ist sie die äußerste Grenze des Alls, in Raum und Zeit. Wenn also die Bibel von 400 spricht, dann ist das immer die absolute 400 - die Bibel ist eben eine Mitteilung aus dem Absoluten -, und es bedeutet dann die ganze Schöpfung und die ganze Zeit.
Wenn erzählt wird, dass das Land Israel 400 Einheiten (Parasangen, aber es könnte auch jede andere Maßeinheit sein) lang und breit ist, dann will das sagen, dass für Gott diese Schöpfung das Land Israel ist. Wenn gesagt wird, dass die Knechtschaft in Ägypten 400 Jahre dauert, dann bedeutet es, dass sie so lange dauert wie diese Welt.
Und so sind die 4 und auch die 40 Hinweise auf eine "ganze" Zeit. Denn, wie schon gesagt, mit der 4 entsteht die 10 (als 4+3+2+1), und mit der 40 die 100. Mit der 4 reicht es immer bis in die andere Ebene, jedenfalls bis zur neuen Manifestation der "I".
Das ist der Grund, warum die Bibel so oft, wenn sie Zeitmaße nennt, von 40 und 400 spricht. Und deshalb bedeutet die 500, wofür also Gott kein Zeichen für diese Schöpfung gegeben hat, eine Welt außerhalb dieser Schöpfung. Es ist die Welt, wo Gott, nachdem er dieser Welt hier Raum und Zeit gegeben hat, in seiner Transzendenz wohnt, während er in der Welt der 400 in seiner Immanenz anwesend ist.
So sagt die Überlieferung dann auch, dass Himmel und Erde 500 Jahre voneinander entfernt sind. Tatsächlich, 500, jene hier nicht existierende Form, das hier nicht existierende Zeichen. Und so bezeichnet sie den Baum des Lebens ebenfalls mit 500 Ellen (oder auch Jahren). Denn diese Welt hat mit dem Nehmen vom Baum der Erkenntnis eben "nur" das Maß 400 behalten. Die restlichen 100 sind ihr verborgen, sind hier nicht zu finden. Jetzt nur noch über den Tod, der diese 400 durchbricht."
usw.
Danke ping, ich habe ein Buch von Friedrich Weinreb " Der göttliche Bauplan der Welt bzw. Der Sinn der Bibel nach der ältesten jüdischen Überlieferung".
Fünfte Auflage von 1978 by Origo Verlag Bern/Schweiz.
 
Das scheint mir eine interessante Grundidee zu sein, die biblischen und anderen überlieferten Aussagen nicht für bare Münze so zu nehmen, wie wir es heute gewöhnlich tun. Die Frage ist, welche "bare Münze" wäre stattdessen den Überlieferungen angemessen?
Gar keine "bare Münze" wäre angemessen.

Ich z.B. übergehe gerne Überlieferungen und besonders alte religiöse Aussagen. Der Blick nach rückwärts "versteinert", macht unbeweglich. So überlege ich am liebsten, was gerade jetzt positiv spirituell weiterhelfen könnte.

Etwa was ist Seele? Hilft Gelassenheit? Was ist der eigentliche Sinn des Lebens? Hungern und leiden die Hungernden und Leidenden ohne positiven Effekt für ihre Seele?
 
Ich z.B. übergehe gerne Überlieferungen und besonders alte religiöse Aussagen. Der Blick nach rückwärts "versteinert", macht unbeweglich. So überlege ich am liebsten, was gerade jetzt positiv spirituell weiterhelfen könnte.
Es gibt kein Vorher und Nachher in der Bibel.
Alles was dort steht, ist Beschreibung des Menschen in seiner Beziehung zu Gott.
 
Immer wieder beobachte ich, dass meines Erachtens mit religiösen Überlieferungen - so auch der Bibel - nicht angemessen umgegangen wird, woraus Interpretationen entstehen, die unerkannt verzerrt sind.


Da es neben den sehr fragmentarischen Berichten über das was Jesus gesagt hat auch keine authentische mündliche Überlieferung zu seinen Lehren gibt (anders als zB in östlichen Religionen wie Buddhismus wo es eine authentische Überlieferungstradition von Meditationstechniken und ihrer Anwendung gibt) kann eine Interpretation immer nur provisorischer Natur sein.

Was zB Jesus wirklich gesagt und gewollt hat können wir nicht rekonstruieren.
 
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Da es neben den sehr fragmentarischen Berichten über das was Jesus gesagt hat auch keine authentische mündliche Überlieferung zu seinen Lehren gibt (anders als zB in östlichen Religionen wie Buddhismus wo es eine authentische Überlieferungstradition von Meditationstechniken und ihrer Anwendung gibt) kann eine Interpretation immer nur provisorischer Natur sein.

Was zB Jesus wirklich gesagt und gewollt hat können wir nicht rekonstruieren.
Es gibt eine inspirierte Überlieferung und die nennt sich "Neues Testament".
 
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