Wie Überlieferungen interpretieren?

Garfield
Da es neben den sehr fragmentarischen Berichten über das was Jesus gesagt hat auch keine authentische mündliche Überlieferung zu seinen Lehren gibt (anders als zB in östlichen Religionen wie Buddhismus wo es eine authentische Überlieferungstradition von Meditationstechniken und ihrer Anwendung gibt)
Du meinst also im Ernst eine mündliche Überlieferung sei immer authentischer als eine schriftliche?

LGInti
 
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Ganz Individuell, oder kann man mit groben Richtlinien rechnen?
Die Bibel und andere Überlieferungen werden in der Regel dogmatisch interpretiert. Ich aber sehe in ihnen zunächst einmal Werke, deren Inhalte mit mir wachsen. Das heißt, sie tragen offensichtlich etwas in sich, das höher als mein jeweiliger Bewusstseins- und Erkenntnisstand zu sein scheint.
 
Sentimentalität wird zur Albernheit, wenn sie zu überwuchern beginnt und so die Übermacht über den Menschen gewinnt. Sentimentalität als solche ist daher nicht Gegenstand meiner Kritik.
Sentimentalität ist wie ein zweischneidiges Schwert. Einmal wird sie - und das ist der Regelfall - in der Ansicht benutzt, mit ihr den Schlüssel zum Verständnis der Inhalte in der Hand zu halten. Ihre andere Seite ist die, wo sie zu einer natürlichen Folge der harten Erarbeitung eines tiefen Verständnisses wird.
 
Die Bibel insgesamt ist ein riesiges Buch. Schon allein eine Untersuchung, wann alles Stück für Stück in welchem geschichtlichen vorchristlichen Abschnitt und von wie vielen verschiedenen Autoren verfasst worden ist, das würde ein ebenso dickes Buch ergeben, wie die Bibel dick ist.

Und wenn man noch dazu alle metaphorischen Bilder nach verschiedenen Gesichtspunkten untersuchen und ebenso verschieden ausdeuten würde, dann kämen wohl noch zwei weitere dicke Wälzer hinzu.

Und wozu das alles? Nur damit mir oder dir der Kopf raucht?
Du beschreibst eine übliche Vorstellung, die das Ganze aus dem Auge verliert, verloren hat oder gar nicht erst sucht. Man glaubt dann, in der Entreißung einzelner biblischer Aussagen aus ihrem Verständnis ihres tief bedeutungsvollen Kontexts, religöse Anschauungen darzulegen - und doch entsteht so der Dogmatismus, der sich selbst und andere unfrei macht.


Ich sage: Gescheit und wohltuend für den Glauben ist es, sich mit wenigen Aussagen zu begnügen, die aber für das eigene Bedürfnis ganz ganz wesentlich sind.

Was hier wohltut, ist ja nur der quantitative Aspekt, den du deutlich zum Ausdruck gebracht hast. Es fehlt die qualitative Angehensweise der Erfassung des Ganzen.


Ich sage: Gescheit und wohltuend für den Glauben ist es, sich mit wenigen Aussagen zu begnügen, die aber für das eigene Bedürfnis ganz ganz wesentlich sind.

Welch bescheidene Zurückhaltung?! Nur für das eigene Bedürfnis?! Der Sinn ergibt sich nicht, wenn es über das eigene Bedürfnis nicht hinausreicht. Es ergibt sich auch kein Sinn, es hier zu äußern, wenn andere davon keinen Wert aus sich herausziehen können, sollen und brauchen.

Z.B. ist mir persönlich sehr wesentlich: "Ich und der Vater sind eins" - "Wer mich sieht, sieht den Vater" ... oder: "Noch heute wirst du bei mir im Paradies sein."

Das alles ist tief in mein Herz gegangen.

So sind einige der aus dem Ganzen heruasgerissenen Dogmen, die mit recht albernen Sentimentalitäten umgarnt werden und mehr nicht zu bieten haben.
 
Wann komme ich schlecht ans Ziel? Wenn ich das Ziel aus den Augen verliere oder wegen vieler vieler vieler "bedeutender" Einzelheiten zur Seite stelle.

Anders gesagt: Warum einfach, wenn es umständlich und kompliziert viel schöner ist?

Das Überlieferungsthema belebt mich nicht wirklich.
 
Wann komme ich schlecht ans Ziel? Wenn ich das Ziel aus den Augen verliere oder wegen vieler vieler vieler "bedeutender" Einzelheiten zur Seite stelle.

Anders gesagt: Warum einfach, wenn es umständlich und kompliziert viel schöner ist?

Solche Aussagen polarisieren, indem sie zwei entgegengesetzte Seiten als einzige vorgeben: Die eine soll als sympathisch erscheinen, die andere als eine abzulehnende.
 
Die Zahlen in der Bibel haben immer eine Bedeutung. So hat z.B. jeder Buchstabe im Hebräischen einen Zahlenwert, und so auch jedes Wort, jeder Satz. Es beginnt bei der 1 Aleph und geht bis zur 400, Tav.
Da sind wir dann auch bei dem hier:

Es gibt keine Datierungen in der Bibel. Es gibt kein Vorher und Nachher in der Bibel. Alle Zahlen bedeuten etwas.
Aus den Zahlen 1,2,3,4 entstehen alle anderen Zahlen. 1+2+3+4=10.
Und daraus ergibt sich dann auch der Rest der Zahlen.
Ich möchte hier mal einen Abschnitt aus Weinrebs Buch "Zahl Zeichen Wort - Das symbolische Universum der Bibelsprache" aufschreiben, weil ich es selbst nicht so gut erklären könnte, wie er. Es ist allerdings viel besser, diese ganzen Dinge im Gesamtzusammenhang zu lesen, trotzdem will ich es doch mal tun, um einen Eindruck zu geben, wie das alles funktioniert:

"Die 4 Hunderter-Zahlen gehen bis zur 400, denn ihre Summe bildet die Zahl 1000. Und diese ist im Hebräischen elef und wird genauso geschrieben wie das Zeichen für die 1, Alef. Die Vierheit enthält immer schon die 10, die 1 auf anderer Ebene.
Die 22 Zeichen sind die Bewohner des Kerns, des Wesentlichen. Aus ihnen bauen sich alle existierenden Wörter der Ursprache. Mit ihnen macht Gott, wie es heißt, die Welt. Es ist also eine Bedingung, dass man die Bedeutung eines jeden dieser Zeichen kennt, ehe man sich mit der Sprache oder mit den Erscheinungen in den verschiedenen Formen des Lebens beschäftigt. Nur über das Wesentliche kann man die Erscheinungen verstehen.
Die Welt der Erscheinungen entsteht durch die Kombinationen der 22 Urmöglichkeiten.
Das letzte Zeichen dieser 22 ist das Taw, also der absolute Wert von 400. Das will sagen, dass es im Absoluten keinen höheren Wert in der Reihe gibt als eben diese 400. Höheres findet keine Ausdrucksmöglichkeit mehr. Bis dorthin lässt Gott die Welt der Schöpfung sich entwickeln. Deshalb ist für diese Welt die absolute Zahl 400 das Unendliche, ist sie die äußerste Grenze des Alls, in Raum und Zeit. Wenn also die Bibel von 400 spricht, dann ist das immer die absolute 400 - die Bibel ist eben eine Mitteilung aus dem Absoluten -, und es bedeutet dann die ganze Schöpfung und die ganze Zeit.
Wenn erzählt wird, dass das Land Israel 400 Einheiten (Parasangen, aber es könnte auch jede andere Maßeinheit sein) lang und breit ist, dann will das sagen, dass für Gott diese Schöpfung das Land Israel ist. Wenn gesagt wird, dass die Knechtschaft in Ägypten 400 Jahre dauert, dann bedeutet es, dass sie so lange dauert wie diese Welt.
Und so sind die 4 und auch die 40 Hinweise auf eine "ganze" Zeit. Denn, wie schon gesagt, mit der 4 entsteht die 10 (als 4+3+2+1), und mit der 40 die 100. Mit der 4 reicht es immer bis in die andere Ebene, jedenfalls bis zur neuen Manifestation der "I".
Das ist der Grund, warum die Bibel so oft, wenn sie Zeitmaße nennt, von 40 und 400 spricht. Und deshalb bedeutet die 500, wofür also Gott kein Zeichen für diese Schöpfung gegeben hat, eine Welt außerhalb dieser Schöpfung. Es ist die Welt, wo Gott, nachdem er dieser Welt hier Raum und Zeit gegeben hat, in seiner Transzendenz wohnt, während er in der Welt der 400 in seiner Immanenz anwesend ist.
So sagt die Überlieferung dann auch, dass Himmel und Erde 500 Jahre voneinander entfernt sind. Tatsächlich, 500, jene hier nicht existierende Form, das hier nicht existierende Zeichen. Und so bezeichnet sie den Baum des Lebens ebenfalls mit 500 Ellen (oder auch Jahren). Denn diese Welt hat mit dem Nehmen vom Baum der Erkenntnis eben "nur" das Maß 400 behalten. Die restlichen 100 sind ihr verborgen, sind hier nicht zu finden. Jetzt nur noch über den Tod, der diese 400 durchbricht."
usw.

Mir schwirrt der Kopf, wenn ich das hier lese.
Glaubst du wirklich, das Gott, wenn er den Menschen etwas wichtiges für ihr Leben mitteilen will, das in einer so verschlüsselten Weise tut? Er selbst sagt, dass die Bibel zwar vor undenklichen Zeiten von ihm selbst diktiert wurde. Aber in der nachfolgenden Zeit, wurde sie durch mangelnde Kenntnis und auch gewollt verfäscht, so dass er sie jetzt nur noch als Machwerk bezeichnet.
in Liebe Gida
in Liebe Gida
 
Zuletzt bearbeitet:
Mir schwirrt der Kopf, wenn ich das hier lese.
Glaubst du wirklich, das Gott, wenn er den Menschen etwas wichtiges für ihr Leben mitteilen will, das in einer so verschlüsselten Weise tut? Er selbst sagt, dass die Bibel zwar vor undenklichen Zeiten von ihm selbst diktiert wurde. Aber in der nachfolgenden Zeit, wurde sie durch mangelnde Kenntnis und auch gewollt verfäscht, so dass er sie jetzt nur noch als Machwerk bezeichnet.
in Liebe Gida
in Liebe Gida
Liebe Gida,

Du sprichst von Verfälschung, welche Schriften sollten denn nach deiner Meinung in der Bibel aufgenommen werden, um der Wahrheit gerecht werden zu können?

Die älteste noch vorhandene Thorarolle stammt aus dem 12. Jh. n. Chr. Dazu gibt es noch eine hebräische Bibel aus dem Jahr 1008 n. Chr. (Codex Leningradensis). Ferner gibt es noch Bibelfragmente mit einigen Versen aus dem 2. und 5. Buch Moses aus Qumran (ca. 200 v.Chr.). Aus der selben Zeit stammen auch die Fragmente der griechischen Septuaginta.

Daneben wurden noch zwei Silberröllchen aus dem 7. Jh. v. Chr. gefunden, auf denen der Text aus dem 4. Buch Moses 6 [24-26] als letzter Gruß einem Verstorbenen mit auf den Weg gegeben wurde. Die älteste vollständige erhaltene christliche Bibel ist der aus dem 4. nachchristlichen Jahrhundert stammende Codex Sinaiticus.

Bei alledem lässt sich durch den unterschiedlichen Schreibstil und den historisch belegbaren Fakten feststellen, dass es zu den Schriften mehrere Einfügungen, Veränderungen und auch Kanonisierungen gegeben hatte. Da stellt sich mir nun die Frage, an was sich ein Verfälschung messen lassen sollte und ob dieser Begriff überhaupt gerechtfertigt ist.

Selbst wenn man die Bibel als ein von Gott diktiertes Werk versteht – bleibt doch die Frage, ob nicht auch die Korrekturen im Sinne dieses Gottes erfolgt sein könnten. Alle Lehren erfahren über die Zeit einen Wandel, der sich letztlich in den Paradigmenwechseln niederschlägt.

Unabhängig davon, dass viele Zahlen in der Bibel mit der Zahlenmystik verbunden sind, glaube ich auch nicht daran, dass sie sich nun hinter jedem Wort verbirgt.


Merlin
 
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Mir schwirrt der Kopf, wenn ich das hier lese.
Glaubst du wirklich, das Gott, wenn er den Menschen etwas wichtiges für ihr Leben mitteilen will, das in einer so verschlüsselten Weise tut?
Wenn du so willst, ist die ganze Schöpfung "verschlüsselte" Mitteilung, und die Zahlen er-zählen uns davon. Es ist die Struktur der Schöpfung, die sich in den Zahlen ausdrückt. Im Anfang war das Wort.
Es sind übrigens Dinge, die sich in allen Kulturen wiederfinden.
Er selbst sagt, dass die Bibel zwar vor undenklichen Zeiten von ihm selbst diktiert wurde. Aber in der nachfolgenden Zeit, wurde sie durch mangelnde Kenntnis und auch gewollt verfäscht, so dass er sie jetzt nur noch als Machwerk bezeichnet.
Das ist deine Meinung bzw. die der Stimmen, die dir da ins Ohr flüstern.
Oder um es mal mit deinen Worten auszudrücken:
Glaubst du wirklich, Gott würde es zulassen, dass sein Wort verfälscht würde, obwohl er selbst in der Schrift sagt, dass kein Jota weggenommen oder hinzugefügt werden dürfe?
Oder anders gefragt: Wer hat ein Interesse daran, Menschen einzuflüstern, dass sie die Bibel nicht lesen sollen, weil sie verfälscht sei?
Dass Menschen sie nicht verstehen, das ist eine andere Sache. Aber sie selbst in ihrer Urfassung ist Gottes Wort, die Offenbarung Gottes hier in dieser Welt.
Wenn dir der Kopf schwirrt, mag es daran liegen, dass der Kopf allein noch kein Verstehen macht. Es sind doch alles Mitteilungen von der anderen Seite, von dort, wo das Kausale keine Gültigkeit hat. Die Zahlen bzw Buchstaben sind quasi die Schnittstelle, ein Code, der in seiner Grundsätzlichkeit das vermittelt, was anders nicht fassbar ist. Wenn von der Eins die Rede ist, so drückt diese Eins doch etwas aus, was nicht fassbar ist.
Von dieser Eins ausgehend, bilden sich alle anderen Zahlen. Auf diesen Zahlen gründet unser Universum, die ganze Schöpfung lässt sich in Zahlen ausdrücken. Und diese Schöpfung, die sich hier materiell mathematisch präsentiert, ist doch nur die eine Seite, die das Bild dessen ist, was die Schöpfung bei Gott ist. Alles, was hier erscheint, ist auch dort, kommt von "dort".
Das ist der Grund, warum die Bibel Mythos ist, warum nur in Gleichnissen gesprochen wird. Das, was unausgesprochen in den Worten/Zahlen liegt, das, was verstanden wird, ohne es festmachen zu können, ist der Wegweiser, der zum Ewigen zeigt.
Es ist wie in der hebräischen Schrift: Es gibt dort nur Konsonanten, die geschrieben werden. Die Vokale sind im Verborgenen, sie sind da, aber man kann sie nicht sichtbar machen. Nur hörbar. Sie sind quasi der Atem, und erst durch diesen Atem wird ein Wort zu dem bestimmten Wort. Aber nur, wenn ein Mensch es ausspricht.
Die Aleph aber, die ja auch Vokal ist, ist hier und dort. Obwohl Vokal, erscheint sie hier als Zeichen und vermittelt in ihrem Aussehen allein schon das Hier und dort, das Oben wie Unten.
Da ist der Mensch schon seit Urgedenken auf der Spur nach dem Geheimnis der Welt, der Schöpfung, Gottes, des Menschen, aber wenn dann ein Zipfel auftaucht, dann kommt statt "ach, wie faszinierend, wie wunderbar, wie ergreifend" nur ein: " ach, wie kompliziert, alles nur gefaked, kann doch nicht sein, ich glaub das nicht".
So ist der Mensch, der vom Baum der Erkenntnis isst und deshalb vom Baum des Lebens abgeschnitten ist. Er erkennt den Sinn nicht mehr, es macht ihn ärgerlich, wenn etwas davon erscheint, er will das nicht.

Wie sagt der kleine Prinz: Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.
 
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