Da sind einige interessante Überlegungen genannt worden. Ich werde versuchen auf Diejenigen einzugehen, die mir wichtig erscheinen, und die die ich hinterfragen möchte.
alles was wir tun, löst eine ''Energie'' aus die wieder auf uns zurückfällt... und zwar solange bis sie abgetragen ist... in religionen würde es auch als das prinzip des karma, z.b. buddhismus genannt
Wie du mir, so ich dir - in beiden Richtungen.
Die Gerechtigkeit ist nach meiner Auffassung ein abstraktes Gebilde der Ratio, also stark vom Betrachter abgängig. Hinter der edlen Fassade verbirgt sich eigentlich nur das Bedürnfis nach Besitzstandswahrung (auch im geistigen Sinne).
.. bei dem Wort Gerechtigkeit überkommt mich ein ein ungutes Gefühl von Unterdrückung, Dogmatismus und Verlogenheit.
Gerechtigkeit kann nur existieren, wenn man die andere Seite der Medaille - die Ungerechtigkeit - definiert. Das gute und das Böse. Wenn wir vom Baum der Erkenntnis von Gut und Böse essen.
Sobald unterschieden wird kommt Leiden ins Spiel.
Ungerecht wird es erst, wenn man seinen Willen jemand anderen aufzwingt und ihm somit seine/ihre Freiheit nimmt/beraubt.
In mehreren Beiträgen ist von
Polarität und
Kausalität die Rede.
@ retual: ich hatte lange Zeit eine ähnliche Vorstellung über Gerechtigkeit = Was du säst wirst du ernten (Karma) -->
Ursache führt zu Wirkung. Mittlerweile bin ich mir nicht einmal da mehr sicher. Wenn man sich das genauer unter die Lupe nimmt so könnte die Aussage lauten
Gleiche Ursachen führen zu
gleichen Wirkungen, möchte man noch pragmatischer sein
Ähnliche Ursachen führen zu
ähnlichen Wirkungen. ((Determinismus und Kausalität in Kybernetik z.B., dazu steht auch Interessantes auf Wikipedia))
Also, du sagst, dass alles was wir tun, eine Energie auslöst, die auf uns zurückfällt. Davon gehe ich auch aus, die Frage ist nur:
auf welche Art und Weise fällt diese Energie auf uns zurück ? Wenn ähnliche Ursachen zu ähnlichen Wirkungen führen würden, könnte man sich das ableiten. Z.B. man mobbt einen anderen und wird deswegen eines Tages selbst ausgegrenzt (aber in
ähnlicher, nicht in exakt gleicher Form). Die Erfahrung lehrt mich jedoch, dass diese Form der Kausalität in der realen Welt nicht vorzufinden ist.
Seit ich über die
Chaostheorie gelesen habe (und einige andere Sachen noch), ist mein Konzept über die Gerechtigkeit am wackeln. Das Vorliegen von Chaos verletzt das Prinzip der starken Kausalität, ähnliche Ursachen führen
nicht zu ähnlichen Wirkungen. Aha, also kann es vielleicht sogar zu untgegengesetzten Wirkungen kommen ? Das würde praktisch, wenn man diese Überlegung weiterdenkt, bedeuten dass wenn ich jemanden umbringe, ich dafür sogar belohnt werden könnte theoretisch. Traurigerweise ist Vieles von dem was ich in meinem Leben erfahren habe genau nach diesem Prinzip.. Nicht ausschließlich, jedoch oft genug (nach meinem Geschmack).
Meine Frage ist da:
Kann bei Vorliegen von Chaos eine Gerechtigkeit überhaupt existieren?? (wenn man Gerechtigkeit als starke Kausalität definiert)
@ Stormcrow: Für dich sind also
beide Richtungen wichtigen, bzw. die Wechselseitigkeit. Auch interessant, denn wenn man sich das vor Augen hält würde z.B.
eine Richtung bedeuten, dass die Ursache- Wirkungsgefüge nur für die
eine Seite gelten, jedoch nicht für die Andere. Wenn also jemand einem Anderen Schaden zufügt, wird er bestraft (wobei sogar das abhängig von der Wahrnehmung ist); während ein anderer für die selbe Tat
nicht die gleichen Konsequenzen davonträgt. Auch das ist etwas, was ich des Öfteren beobachtet habe, aber vielleicht liegt das nur an meiner Einstellung, überall das sehen zu müssen.
@ DruideMerlin: Auch das ist ein interessanter Gedanke, wie ich finde, weil jedes Wort, Konzept usw. einer subjektiven Bedeutungs-
Betrachtungsweise unterliegt. (wenn wir mal wissenschaftliche Terminologien rauslassen). Gerechtigkeit ist ein Konzept, dass nicht objektivierbar ist (wie vieles andere auch), ist also wie du sagst stark vom Betrachter abhängig. Und genau das ist der zweite Punkt, warum mein naives Konzept der Gerechtigkeit seit längerer Zeit am rütteln ist. Das
Chaos und die
Wahrnehmung. Zuerst musste ich feststellen, dass sogar die Physik davon ausgeht, dass ähnliche Ursachen nicht zu ähnlichen Wirkungen führen müssen (das war für mich damals ein Schock). Als nächstes kam die Wahrnehmung ins Spiel (welche ja Resultat von
Grundüberzeugungen ist).
Wenn es, wie du sagst, von der Betrachtungsweise abhängt, dann ist für den Einen etwas gerecht, für den anderen nicht. Kann man dann von einer universalen, objektiven Gerechtigkeit sprechen ? Ich meine, dass das Chaos auch schon in dem Erleben steckt, denn es ist lediglich wichtig, wie man denkt. Wenn man der festen Überzeugung ist, dass man gerecht handelt, wird man keine Schulgefühle haben. So könnte ein Mörder glücklich weiterleben, weil er durch seine
Denkweise den sensorischen Input kognitiv so bearbeitet (verzerrt), dass er sich wohl fühlt. Eine andere Person, die lediglich jemanden verbal beleidigt hat, könnte mehr Schuldgefühle haben, sich das ansehen lassen und eine gute Basis für die Beschuldigungen der Anderen bieten. (Machtmotiv)
@ Tobie: Wenn du Gerechtigkeit auf diese Art definierst, wirst du zwangsläufig mit Enttäuschungen konfrontiert werden. Jemanden die Freiheit zu berauben geschieht alltäglich, auch bei der Arbeit, bei
Entscheidungen. Der Anschein ist, dass man zu einer Entscheidung fähig ist, wenn jedoch von außen unterschwellig alle Alternativen eliminiert werden, fällt Entscheidungsfreiheit automatisch weg. Ein gutes Beispiel meiner Meinung nach sind sogenannte Teams: wie funktioniert ein "Team" normalerweise: Es gibt 2 Personen, die dominant und machtmotiviert sind, ziehen durch ihre charismatische Ausstrahlung und Redeart die anderen Teilnehmer an und manipulieren sie. Die Gruppe neigt dazu die Meinungen der einzelnen nicht mehr ernst zu nehmen und immer mehr auf die 1-2 Personen zuzuhören, die sich eine Machtposition erkämpft haben und den anderen ihren Meinung quasi aufzwingen.
Das ist nur ein Beispiel: das Machtmotiv lehnt die Anwesenheit von Willensfreiheit des anderen ab.
Ist leider etwas länger geworden, vielleicht liest es trotzdem jemand. Ich würde gerne noch viel mehr dazu schreiben, finde es aber schwer mich kurz und prägnant zu halten. Das Thema hat so viele Facetten, dass man nicht weiß, welche man aufgreifen soll.
Ich könnte als ein Fazit hinzufügen:
-
Chaos (welches die ganze Kausalität verletzt und somit die Gerechtigkeit)
-
Machtmotiv (Freiheitseinschränkung der anderen)
-
Grundüberzeugungen und Einstellungen (welche die Wahrnehmung bestimmen)
--> auf Basis dieser 3 Punkte, kann man Gerechtigkeit als etwas betrachten, das objektiv existiert, oder als ein fiktives Konstrukt (wie DruideMerlin gesagt hat), das von der Betrachtungsweise abhängig ist ?