SchattenElf schrieb:
Die Zivilisation ist viel älter als der Sozialismus und ist bis heute nicht untergegangen.
Richtig, aber früher gab es auch keine Massenvernichtungswaffen in den Händen von Privateigentümern, die alles dafür getan haben und tun werden, um ihre Profite zu sichern. Der Imperialismus hat bereits zwei Weltkriege angezettelt und er ist aufgrund innerimperialistischer Widersprüche (USA/BRD - Russland - China) u.U. kurz davor den dritten Weltkrieg zu entfachen (Stichwort Syrien/Iran).
SchattenElf schrieb:
In dieser Zeit hatte der Begriff "Kapitalismus" auch seine Berechtigung.Nur kann man diesen Kapitalismus des 19.Jahrhunderts nicht mehr mit dem Kapitalismus von heute vergleichen,aber als Kampfbegriff wird er auch heute noch gerne benutzt.
Ausgebeutet wird und wurde immer nur der Grad der Ausbeutung war in der Zeit verschieden.
Wenn du einerseits sagst, dass der frühere Kapitalismus mit dem heutigen nicht vergleichbar ist, andererseits aber sagst, dass immer ausgebeutet wird (nur gradueller Unterschied), dann ist das eine paradoxe Aussage. Der Kapitalismus von damals ist mit dem heutigen eben deshalb vergleichbar, weil sein Wesen nach wie vor dasselbe ist: Ausbeutung der unterdrückten Klasse durch die herrschende Klasse. Ein
gradueller Unterschied ist eben kein
prinzipieller Unterschied.
Hinzu kommt, dass es nicht "den" Kapitalismus gibt. Der Kapitalismus der entwickelten Industrienationen bspw. ist ein anderer als der afrikanische oder süd-amerikanische Kapitalismus. In Teilen der Welt verfährt das Kapital genauso wie im 19. Jahrhundert, weil es auf die Extraprofite angewiesen ist. Dass z.B. das deutsche Großkapital uns einen gewissen Lebensstandard bietet und einige Schichten der Arbeiterklasse sogar gut bezahlt, hat verschiedene Gründe: Die Arbeiter haben in der Geschichte z.B. verschiedene Rechte erkämpft, d.h. der Klassenkampf (Gewerkschaft etc.) beeinflusst die Lebenssituation der Arbeiter. Für die gute Bezahlung bestimmter Arbeiterschichten gibt es im Marxismus auch einen Fachbegriff: Arbeiteraristokratie. Mit der Entwicklung der Produktivkräfte wurde z.B. eine höhere Qualifikation der Arbeiter notwendig, d.h. das Kapital brauchte gebildete Fachkräfte, was eine Erhöhung des Lebensstandards notwendig machte (breiter Zugang zu Bildung etc.). Auch ein Grund für gute Bezahlung ist das Ziel diese Arbeiterschichten (Vorgesetzte, Akademiker usw.) zu korrumpieren, getreu dem Credo: Wer vom System profitiert, entwickelt auch kein Interesse gegen das System.
Was ich hier in aller Kürze ausführe, sind nur
einige Aspekte für die Unterschiede der kapitalistischen Gesellschaften. Das
konkrete Stadium des Kapitalismus ist zusammengefasst durch spezifische ökonomische, soziale und politische Kriterien bestimmt. Das
allgemeine Wesen das Kapitalismus dagegen ist sozusagen durch die generelle Funktionsweise kapitalistischer Wirtschaft (z.B. Mehrwertausbeutung) bestimmt - daher sind z.B. der Manchester-Kapitalismus (von damals) und der BRD-Kapitalismus dasselbe, obgleich sich ihre konkrete Ausprägung unterscheidet.
SchattenElf schrieb:
Ausgebeutet wird und wurde immer nur der Grad der Ausbeutung war in der Zeit verschieden.
Entscheidend ist nicht die konkrete Ausprägung, sondern die Tatsache, dass die Mehrheit der Menschen den Reichtum für wenige Private produziert, weil diese die Produktionsmittel besitzen (der Lohn, egal wie hoch er ist, ist immer nur ein geringer Bruchteil des Wertes, den der Arbeiter tatsächlich produziert - 1 für dich, 999 für den Unternehmer; der graduelle Unterschied besteht darin, dass der Arbeiter vor 100 Jahren 5 Cent bekam oder dass dein Vorgesetzter 5 bekommt statt 1). Deswegen kämpft die ungeheure Masse der Lohnarbeiter auf der Welt täglich um Lohn und Brot und deswegen schwimmen die Privateigentümer in Geld. Der Widerspruch zwischen der gesellschaftlich geleisteten Arbeit und der privaten Aneignung des Arbeitsprodukts ist zentrale Ursache gesellschaftlicher Konflikte und Missstände.
SchattenElf schrieb:
Der Sozialismus ist an sich selber gescheitert und auch weil es immer eine Alternative gab.
Im Grunde genommen sage ich gar nichts anderes. Der Sozialismus ist vorübergehend gescheitert, weil er erstens Fehler begangen hat und weil er zweitens die Auseinandersetzung mit dem Imperialismus verloren hat (Konterrevolution). Die Erklärung ist natürlich multikausal und auch äußerst kompliziert.
SchattenElf schrieb:
Auch der Begriff Imperialismus ist ein Kampfbegriff und wird einseitig pauschal benutzt wie der Begriff Kapitalismus.
Nein, der Imperialismus-Begriff ist jedenfalls im Marxismus sehr eindeutig definiert und kein Kampfbegriff. Seine Grundzüge sind (vgl. bei Interesse Lenin: Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus)
1. Konzentration der Produktion und des Kapitals, die eine so hohe Entwicklungsstufe erreicht hat, dass sie Monopole schafft, welche im Wirtschaftsleben die entscheidende Rolle spielen
2. Verschmelzung des Bankkapitals mit dem Industriekapital und Entstehung einer Finanzoligarchie auf der Basis des Finanzkapitals
3. der Bedeutungszuwachs des Kapitalexports im Verhältnis zum Warenexport
4. die Ausbildung internationaler monopolistischer Kapitalistenverbände, die den Weltmarkt unter sich aufteilen
5. die vollständige territoriale Aufteilung der Erde unter die kapitalistische Großmächte
Ebenso ist der Kapitalismus-Begriff im Marxismus sehr eindeutig definiert. Aber ich werde nicht wie ein Kasperl alles hoch und runter beten, bloß weil du diesbezüglich nicht differenzieren kannst/willst.
SchattenElf schrieb:
Imperialismus hat nicht zwingend etwas mit einer Wirtschaftsordnung zu tun
Ja, richtig. Wenn ich Imperialismus als auslaufende Gemüsessuppe definiere, hat er nicht zwingend etwas mit der Wirtschaftsordnung zu tun. Und?
SchattenElf schrieb:
denn auch das streben nach einem Weltsozialismus ist letztlich "imperialistisch".
Wenn ich "imperialistisch" mit etwa "Ausdehnung" oder "Erweiterung" gleichsetze, dann ist Sozialismus auch imperialistisch. Natürlich, aber was soll das denn nun aussagen? Du selbst gibst gar nicht an, was du darunter genau verstehst, dann ist es aber auch keine Kunst alles und nichts als imperialistisch zu titulieren. Das ist - ohne es böse zu meinen - wieder typisch: Man streitet um Begriffe und um die Inhalte geht es überhaupt nicht mehr.
SchattenElf schrieb:
Die nötigen Gebrauchsgüter des Grundbedarfs für das Volk können nur deshalb günstig angeboten werden weil Güter die über den Grundbedarf hinausgehen so teuer sind um die Güter des Grundbedarfs zu subvensionieren.
Du machst jetzt den Fehler, dass du sozusagen Sozialismus mit der DDR gleichsetzt. Grundsätzlich ist die Produktionsleistung (also was kann z.B. für welchen Preis angeboten werden) von den
konkreten Bedingungen des jeweiligen Staates abhängig. Ein extremes Beispiel ist Kuba als Inselstaat: Kuba hat
zurzeit keine andere Möglichkeit als gewisse Produkte aus dem Ausland zu importieren, weil allein das Land selbst (Größe, Beschaffenheit usw.) diesen und jenen Produktionszweig gar nicht zulässt. Daraus ist aber eben nicht zu schlussfolgern, dass ein sozialistischer Staat Zucker exportieren muss, um Nahrungsmittel importieren zu können und so fort. Ebenso wenig ist aus der
konkreten Situation der DDR zu schlussfolgern, dass ein sozialistischer Staat alltägliche Gebrauchsgüter nur deshalb billig anbieten kann, weil er mittels anderer Produkte diese Gebrauchsgüter subventionieren muss. Das ist eine unzulässige Verallgemeinerung, die sozusagen von den
konkreten, historischen Bedingungen abstrahiert.
Ganz davon abgesehen, dass deine Behauptung unbegründet ist bzw. du weder einen ökonomischen noch einen empirischen Beleg dafür hast.
Anderes Beispiel: Das Gegenteil von Kuba wäre weltweiter Sozialismus. Die Produktionskapazität der Industrie reicht doppelt und dreifach, um alle Menschen satt zu machen, auch um alle mit "Luxusgütern" (kein Segelboot, aber sowas wie PC, Spülmaschine usw.) zu versorgen. Denn die Billionen, die zurzeit auf den Konten der Ackermänner liegen, stünden dann allen zur Verfügung. Auch die Arbeitszeit würde sich bei Vollbeschäftigung dramatisch reduzieren. Wie also im Sozialismus
konkret produziert werden kann, hängt logischerweise von den
Möglichkeiten/Bedingungen ab. Und ob es dir nun gefällt, dass du im Kalten Krieg 1967 10 Jahre auf ein Auto warten musstest, ist Geschmackssache. Die 250.000 obdachlosen Berliner warten 2013 sicher gerne auch 20 Jahre auf ein Auto und verzichten vielleicht sogar auf Bananen, wenn sie dafür täglich was zu fressen bekämen und sich wieder wie Menschen fühlen könnten.
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