Victim Blaming bzw. Täter-Opfer-Umkehr ...

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Etwas wichtiges, was jeder wissen sollte, ist die vertrauliche Spurensicherung. Die ist nicht nur anzeigeunabhängig (wird nicht an die Polizei weitergeleitet), sondern (seit dem 1.3.20) eine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung, was anonym abgerechnet wird. Die Beweise werden anonym verschlüsselt (ärztliche Schweigepflicht) und 10 Jahre eingelagert. Falls man irgendwann die Kraft und Möglichkeit findet Anzeige zu erstatten.

Nähere Info
https://www.frauen-gegen-gewalt.de/...lt/vertrauliche-spurensicherung-im-sgb-v.html

Liste von Gewaltambulanz/Anlaufstelle/Rechtsmedizin Deutschland
 
Hallo @Laguz,
ich finde es gut das Thema zu diskutieren.

Die beiden Wikipedia Definitionen geben in diesem Zusammenhang die Spitze des Eisbergs eines ganzen Themenkomplexes wieder.

Der Clip von Carolin Kebekus bringt es sehr gut auf den Punkt.
Die Neigung der Person, die potentiell gefährdeter ist, die Verantwortung aufzuerlegen Prävention zu betreiben, damit Straftaten wie körperliche oder psychische Gewalt in jeglicher Form vermieden werden.
Das ist an sich schon echt verdreht.

In meiner reichhaltigen Vita gibt es unter anderem auch die Erfahrung, die ich im Verkauf eines Jagdgeschäfts machen durfte.
Einer der mit großem Abstand gängigsten Artikel war Gas und Pfefferspray in unterschiedlichster Form und Größe.
Ganzjährig war dieser Artikel besonders von Frauen massiv gefragt.
Immer, wenn in den Medien das Thema Vergewaltigung präsenter war, ging zudem die Nachfrage nach Gas und Schreckschusswaffen nach oben.

Und obwohl es betrieswirtschaftlich sicher lukrativer gewesen wäre, die Waffe (Verhältnis:150€ zu 10€) zu verkaufen, haben wir immer eifrig die Broschüren der Selbstverteidigungskurse herausgegen und eine Beratung zu den Produkten aus der Alu-Dosen- Fraktion gemacht. Nicht weil wir hätten kein Geld verdienen wollen, es war meinem Chef wichtiger situationsangemessene Lösung anzubieten, als Teil einer Gewaltspirale zu sein, bei der sich am Ende alle gegenseitig wie Bambam mit der Keule eins über die Mütze ziehen, hat er immer gesagt.
Das ist jetzt 15 Jahre her.

Gestern Abend habe ich Reschke-Fernsehen geschaut.
Thema: Gendermedizin.
Auch da wieder: es gibt x-ensiebzig Studien über Erektionsstörungen, aber Endometriose wird jetzt erst so langsam als viel weitreichenderes und massiveres Problem und tatsächliche Erkrankung anerkannt.
Erst jetzt- ich kann mich wirklich nur noch irritiert wundern, weiß man,dass Frauen Schmerzen eher, anders und massiver spüren. Symptomatiken von Herzinfarkt und Schlaganfall sind auch nicht gleich und oh Wunder, nicht wie bei kleinen Männern.

Diese Haltung und dieses wahlweise Verächten, Belächeln, Herabwürdigen von Bedürfnissen, wenn von Frau geäußert, gleich den Stempel "Hysterie" bekommt, ist ein massives gesellschaftliches Problem.
Dieser Balken im Kopf, der durch Sozialisierung in Männern und Frauen auf die jeweilig folgende Generation übertragen wird, kann sich erst dann auflösen, wenn Gleichwertigkeit zwischen den Geschlechtern keine Floskel oder Worthülse mehr ist.
Das bedeutet nicht zwingend dass jetzt alle das Gendersternchen sprechen müssen, aber der sehr viel und eklatant bewußtere Umgang mit den Bedürfnissen der eigenen und der meines Gegenübers.
Also das hinterfragen von Beweggründen....das wäre in meinen Augen ein hilfreicher Anfang.
Schöner Beitrag, liebe Fluse ... danke dafür! :)
 
Danke auch für Deinen Beitrag, liebe @Assil1 ... :)

Zu einer Sache möchte ich dennoch kurz etwas hinzufügen ...
Weil Du schreibst:
In den von Dir angeführten Berichten gab es ja Hausdurchsuchungen und schwere Verdachtsmomente. Da sieht es für mich auch anders aus.
Das Problem ist ja, dass wir - in den Fällen von Weinstein, Epstein und Cosby - nach Jahren auf einen abgeschlossenen Prozess zurückblicken können. Die Polizeiarbeit ist (ziemlich) vorbei, die Täter sind verurteilt worden.
Aber auch dort gab es erst mal Jahre der Zweifel und Vorwürfe, man wolle die in der Öffentlichkeit stehenden Personen nur des Geldes und der Aufmerksamkeit wegen verleumden.
Man vergisst nur zu leicht, dass es in allen diesen Fällen viele Widerstände und einen langwierigen Verlauf von Ermittlungen gab!

Hätten all die Frauen, auch die minderjährigen, damals einfach geschwiegen, wären die Missbrauchsfälle einfach weitergegangen!
Insofern sollten wir den Frauen, die jetzt an die Öffentlichkeit gehen, zuhören und es begrüßen, dass Ermittlungen eingeleitet werden - egal, wohin diese dann auch führen mögen ...

Liebe Grüße und Euch allen einen schönen Nachmittag!
Laguz
 
Zuletzt bearbeitet:
Hast Du vielleicht einen Vorschlag für eine Lösung?

Wie könnte die Ermittlungspraxis, die Justiz und das Strafrecht aussehen, auf dass möglichst viele Täter verurteilt werden, so dass die Opfer sehen, dass das Verbrechen an ihnen nicht ungesühnt bleibt, und in dem gleichzeitig es nicht einfach wird, Menschen, die man nicht mag, zu bezichtigen, so dass auch der Anteil der falsch verurteilten Menschen möglichst klein bleibt?
Das fragst du dauernd.
Nein, das kann man nicht ändern. Unser Rechtssystem basiert auf den Grundsätzen der Unschuldsvermutug und "im Zweifel für den Angeklagten". Das ist gut und richtig so.
Es bedeutet aber, dass in all den tausenden von Fällen, wo (nicht nur sexuelle) Gewalt im Verborgenen stattfindet, die Opfer fast immer zu Benachteiligten dieses Rechtssystems werden, weil die Beweislast bei ihnen liegt.

Wir haben aber nicht nur die Justiz, sondern auch uns selbst.
Und das bedeutet, die Gesellschaft muss als Ganzes dem an sich guten Rechtssystem in diesen Fällen den Grundsatz "Im Zweifel für die Opfer" entgegensetzen.
Im zivilen Rahmen. Das heißt: In der persönlichen Haltung (das als Erstes!!), und dann in zahlreichen Angeboten im Rahmen von Opferschutz, Beratungsstellen, Therapieangeboten, Frauenhäusern, Männerhäusern (es gab 3, davon wurden schon wieder mindestens 2 geschlossen, meine ich zu erinnern, das nur mal nebenbei!).
Solidarität ist das Zauberwort. Denn nicht nur Strafe für den Täter ist ein Ausgleich, sondern auch Angebote für Opfer.

Für mich, wäre ich Fan von Rammstein hieße das im Moment zum Beispiel: "Im Zweifel für die Opfer" heißt hier im Zweifel nicht auf die Konzerte zu gehen.

Es ist schlicht zu bequem, immer auf die Justiz zu verweisen. Wir sind am Zug an den Stellen, wo das Rechtssystem Schwächen hat. Nicht durch Selbstjustiz, aber durch Verhalten.
 
Zuletzt bearbeitet:
Es ist implizit gegeben, dass zum Beispiel bei Aussage gegen Aussage mindestens einer von beiden lügt (wenn die Aussage so eindeutig ist, dass kein anderer Täter in Frage kommt). Und wir können nicht a priori ohne Beweis dem vermeintlichen Opfer (komplett) glauben, und den Täter damit de facto bereits (vor)verurteilen.

Die Möglichkeit, dass hier im Beispiel gelogen wurde (entweder von A oder B), wird ganz logisch Teil der Ermittlungen und des Prozesses sein. Zunächst weiß man nicht, wer nun die Wahrheit sagt.

Natürlich steht also im Raum, dass auch die Möglichkeit besteht, dass das Opfer lügt, denn wenn man das abstreitet, dann führt das wie gesagt logisch zu der Position, dass der vermeintliche Täter, der es abstreitet im Gegensatz dazu der Lügner ist, und damit notwendig schuldig.

Nicht ok ist eben, wenn man sich ohne Begründung darauf festlegt, dass sie gelogen hat. Genauso wie wenn man sich festlegt, dass der Beschuldigte die Tat begangen hat. Zu Beginn ist man eben unentschieden, korrekterweise.

Die Familien des vermeintlichen Täters und Opfers dürfen (und sollen sogar) a priori (bis das Gegenteil bewiesen wird) jeweils loyal sein natürlich.
Klingt wie eine kI.
Wie kann eine betroffene Familie Loyalität fühlen ist das dein ernst oder verstehe ich dich Falsch?
 
Hallo zusammen!

Das ist ein extrem wichtiges Thema, das man - besonders jetzt - nicht einfach abwürgen oder unter den Tisch fallen lassen sollte.
Eigentlich ist klar, dass es bei so vielen Verdachtsfällen Redebedarf gibt.
Und jene, die sich als Opfer fühlen, darf man nicht einfach der Verleumdung bezichtigen!
Damit begehen wir eine Täter-Opfer-Umkehr.

Was ist das überhaupt, eine Täter-Opfer-Umkehr bzw. was ist "Victim Blaming"?
Eigentlich wissen wir, was damit gemeint ist.

Hier ein Wikipedia-Artikel dazu:


Interessant ist aktuell in diesem Zusammenhang übrigens auch der Vergewaltigungsmythos:


Es gibt übrigens auch einen sehr guten FAZ-Postcast dazu mit aktuellem Bezug:



Ich hoffe, wir können das Thema dieses Mal mit etwas mehr Gelassenheit diskutieren.
Danke!

Viele Grüße,
Laguz

Aktuelles Beispiel

Die aktiv handelnde Partei in diesem Krieg ist Russland.
Die Ukraine reagiert nur.
Die Nichtanerkennung der Souveränität der Uraine ist durch Russland, ist allein ein russisches Problem.
 
Aktuelles Beispiel

Die aktiv handelnde Partei in diesem Krieg ist Russland.
Die Ukraine reagiert nur.
Die Nichtanerkennung der Souveränität der Uraine ist durch Russland, ist allein ein russisches Problem.
Danke für Deinen Beitrag ...
... ist aber eigentlich nicht Thema dieses Threads ...
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Das fragst du dauernd.
Nein, das kann man nicht ändern. Unser Rechtssystem basiert auf den Grundsätzen der Unschuldsvermutug und "im Zweifel für den Angeklagten". Das ist gut und richtig so.
Es bedeutet aber, dass in all den tausenden von Fällen, wo (nicht nur sexuelle) Gewalt im Verborgenen stattfindet, die Opfer fast immer zu Benachteiligten dieses Rechtssystems werden, weil die Beweislast bei ihnen liegt.

Wir haben aber nicht nur die Justiz, sondern auch uns selbst.
Und das bedeutet, die Gesellschaft muss als Ganzes dem an sich guten Rechtssystem in diesen Fällen den Grundsatz "Im Zweifel für die Opfer" entgegensetzen.
Im zivilen Rahmen. Das heißt: In der persönlichen Haltung (das als Erstes!!), und dann in zahlreichen Angeboten im Rahmen von Opferschutz, Beratungsstellen, Therapieangeboten, Frauenhäusern, Männerhäusern (es gab 3, davon wurden schon wieder mindestens 2 geschlossen, meine ich zu erinnern, das nur mal nebenbei!).
Solidarität ist das Zauberwort. Denn nicht nur Strafe für den Täter ist ein Ausgleich, sondern auch Angebote für Opfer.

Für mich, wäre ich Fan von Rammstein hieße das im Moment zum Beispiel: "Im Zweifel für die Opfer" heißt hier im Zweifel nicht auf die Konzerte zu gehen.

Es ist schlicht zu bequem, immer auf die Justiz zu verweisen. Wir sind am Zug an den Stellen, wo das Rechtssystem Schwächen hat. Nicht durch Selbstjustiz, aber durch Verhalten.

Das finde ich sowohl richtig und wichtig, was Du schreibst, als auch gefährlich.

Die Solidarität der Gesellschaft mit Opfern ist wichtig, und damit werden sich hoffentlich auch immer mehr Opfer trauen, die Verbrechen an ihnen anzuzeigen.

Gleichzeitig finde ich es nicht zu bequem, auf die Jusitz zu verweisen. Die Gesellschaft ist keine Paralleljustiz, die all die Fälle dann auffängt, wo der Täter durch "Zweifel für den Angeklagten" freigekommen ist. Die Gesellschaft ermittelt nicht. Wenn im namen der Solidarität mit den Opfern der Empörung freien Lauf gelassen würde, würden nicht nur freigesprochene Täter ihr fett wegbekommen, sondern auch einige wirklich unschuldige Menschen zwar juristisch frei kommen aber weiter gesellschaftlich geächtet werden. soll das Sinn der Sache sein?

Du wünschst verständlicherweise, dass Fans jetzt erst einmal Solidarität zeigen und den Konzerten fern bleiben sollten. Wie lange? Wann dürften sie wieder die Konzerte besuchen ohne dass Du bei ihnen mangelnde Solidarität vermutest?
 
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