viele werden alkohol-oder Drogenabhängig, verlieren jeden Spaß am Leben und vegetieren einfach nur vor sich hin.
Und ich bezweifle, das es einem Staat gelingt, JEDEM individuell zu helfen - alleine schon aus Kostengründen.
Bis dato ist für mich Fakt:
HILFE bekommt der Täter, nicht das Opfer und auch die Angehörigen werden alleine gelassen.
Die Therapie von Gewalt- & Mißbrauchsopfern ist schwer isoliert zu betrachten.
Zum Einen weil Mißbrauch nicht so selten (von Opfer und Umwelt) derart verdrängt wird, daß es keine Erinnerung und dadurch auch keine Anzeige geben kann. Hat jemand der/die an irgendwelchen körperlichen, seelischen oder sozialen Beschwerden leidet weniger Anspruch auf Unterstützung, wenn es zum Erhalt der innerpsychischen oder sozialen Systems notwenig ist, die Ursachen zu verdrängen?
Zum anderen wird emotionaler Mißbrauch weit unterschätzt. Ich glaube, es ist müßig abzuwägen, was schlimmer ist. Jeder Mißbrauch ist schlimm und verhinderns & behandelnswert. Und beim Vermeiden von emotionalem Mißbrauch sind wir da angelangt, was jeder einzelne tun kann. Denn was nützt es, darüber zu schimpfen, daß zu wenig getan wird? (Abgesehen davon, wären viel mehr Therapien bezahlbar. Man muß sich nur ansehen, wie wenig der Staat für Therapien im Vergleich zu Medikamenten, Finanzsystem, Verkehr, Militär usw. ausgibt. Und Täterbehandlung gegen Opferhilfe zu stellen, bringt auch nichts: Es wäre genug für Behandlung UND Prävention da. Dies ist eine politische Entscheidung.)
Aber zurück zum Thema: Was für Opfer von Gewalt und Sexualdelikten wirklich zu tun ist?
Was kann jede(r) einzelne tun?
1. Wenn ich Zeuge von emotionalen, körperlichen, sexuellen oder sonstigen Übergriffen werde: Stellung beziehen! Nicht wegschauen! Ansprechen! Darüber reden! Falls es ein Mißverständnis war, falls ich etwas wo reininterpretiert habe, was gar nicht stattfand, schadet Hinschauen, Nachfragen und Reden nicht. Zumindest enttabuisiert es auf konstruktive Weise es zeigt: Nichts muß verheimlicht werden! Und Mißbrauch funktioniert eigentlich nur heimlich.
2. Wenn ich einem leidenden Menschen, (egal ob deklariertes, amtlich beglaubigtes Opfer mit Stempelmarke oder nicht) irgendwie helfen kann, dann mache ich das nach meinen Möglichkeiten. Das kann zuhören oder Informationsweitergabe sein, oder einfach nur dafür sorgen, daß sich der/die andere wohl fühlt.
3. Wenn ich erkenne, daß ein Mitmensch die eigenen oder Grenzen der anderen nicht sieht, nicht spürt, nicht wahrhaben oder akzeptieren will, dann beachte ich diese Grenzen für mich um so mehr. Vielleicht muß dieser Mensch erst eine Idee davon bekommen, wo ein Mensch aufhört & der andere beginnt, um begangene oder erlittene Überschreitungen dieser Grenzen zu sehen. (Dies ist einer der Kernpunkte jahrzehntelanger Erfahrung in der Therapie von Opfern & Tätern, selbst wenn diese nicht delikteinsichtig sind.)
4. Wenn es ganz klar ist, daß ein Mensch die Grenzen eines anderen überschreitet, versuche ich mitzuhelfen, die Situation so zu verändern, daß dies nicht mehr passiert, indem ich das Opfer je nach Alter, Situation, Zustand usw. stärke oder beschütze, eine Trennung vom Täter unterstütze ... Jeder von und kommt immer wieder in solche Situationen, wenn ein Mädel beim Fortgehen zu betrunken ist, um sich gegen aufdringliche Anzüglichkeiten zu wehren, wenn ArbeitskollInnen gemobbt werden, Kinder für Kleinigkeiten unnötig getadelt. Wer da lernt, nicht wegzuschauen, kann auch in schwierigeren Situationen verantwortungsvoll reagieren.
5. Falls es zu einer Anzeige kommt:
Wahrheitsfindung ist eine schwierige Sache, und ich persönlich finde den Gedanken, daß Unschuldige eingesperrt werden, genauso unangenehm wie den, daß Schuldige freigesprochen werden. Beides muß nach Möglichkeit vermieden werden. Beides wird wohl immer wieder passieren.
Aber: Ja, eine Verurteilung der Täter ist auch für die Opfer wichtig. Das heißt: "Ich bin im Recht! Mein Leid liegt nicht daran, weil ich böse, ungenügend, unfähig, krank, bestrafenswürdig usw. bin. Meine Wahrnehmung ist richtig, auch wenn mir vielleicht jahrelang etwas anderes eingeredet wurde."
Und falls es zu keiner Anzeige kommt, gilt trotzdem: Mein Leid liegt nicht daran, weil ich böse oder bestrafungswürdig bin. Ich bin gut und richtig, so wie ich bin! Und ich darf mir mein Leben so gestalten, daß ich glücklich bin.
Ist das alles nachvollziehbar, oder habe ich meine Gedanken wiedermal zu sehr zusammengefaßt?
PS: Wer will kann jedes "Mensch" in diesem Text auch gerne durch "Wesen" oder so ersetzen. Dann ist Gewalt an Tieren usw. eingeschlossen.