Hallo Namid,
Deine Frage hat mich dazu bewogen mich hier doch anzumelden, denn es ist mir wichtig, daß Du eine gute Antwort bekommst.
Zuerst: Ja ich spiele die Fidel und ich liebe sie über alles auf der Welt. Zwar werde ich nie ein Profi werden, aber es macht unheimlich Spaß die Seele dieses wundervollen Instrumentes zum singen zu bringen.
Und was Du ja auch wissen möchtest: Ja, das Spielen von Musik auf einer Fidel, wenn Du es von Herzen machts, öffnet ein Tor zu Deiner Seele. Bei diesem Instrument vielleicht sogar ganz besonders, weil Du ganz bestimmt viel viel Zeit mit ihm verbringen wirst.
Ich weiß nicht, wie alt Du bist, und welche musikalische Vorbildung Du mitbringst. Oder was wichtiger ist, welches musikalische Talent in Dir steckt. Es gibt einige gute Musiker, die erst sehr spät angefangen haben Geige zu lernen. Im Regelfall fängt man damit nähmlich schon in der Kindheit an. Die Körperhaltung beim Spiel ist für den Menschen recht ungewöhnlich und die Bewegungenen teilweise recht schwierig. Beim Spielen der Geige kommt es auf das feinste Gespür an, und man kann es sofort an Deinem Spiel hören, wie Du Dich im Moment fühlst.
Wenn Du Geige lernen möchtest, dann solltest Du ein gutes Gehör haben, und ein gesundes Gefühl für feinmotorische Bewegungen mitbringen. Das Erlernen des Spielens auf einer Geige erfordert viel viel Übung, Mut und Durchhaltevermögen. Es wird mindestens zwei Jahre brauchen, bis Du überhaupt eine Ahnung davon bekommst, was in dem Instrument steckt, und wie Du mit Ihm eins werden kannst, damit es tatsächlich zum klingen anfängt. Das wundervolle ist auch, daß Du niemals aufhören wirst zu lernen wie's geht. Vielleicht hast Du auch viel mehr Talent als ich, und es fällt Dir einfacher als mir.
Wichtig ist, stecke Dir keine zu hohen Ziele und Erwartungen. Suche Dir eine gute Musikschule aus und leihe Dir für ca. ein halbes Jahr eine Geige aus, das kostet nicht die Welt. Dann wirst Du schon merken, ob Du die Fidel wirklich spielen möchtest, oder ob alles nur auf einer momentane Einbildung beruht. Auch gute gebrauchte Instrumente von einem guten Geigenbauer sind recht teuer und wenn das edle Stück dann später im Eck liegt, ist es einfach nur zu schade. Denn merke, die Fidel ist ein lebendes Wesen und möchte gespielt werden. Das regelmäßige Spiel läßt erst den Charakter der Fidel wachsen und sich entwickeln. Das ist kein esoterisches Gebrabbel, sondern Tatsache, die Dir ein guter Musiker oder Geigenbauer gerne bestätigen wird.
Ich selber bin nun fast 37 Jahre alt, und das Spielen habe ich vor ca. 3 Jahren angefangen. Unterricht habe ich ca. 1.5 Jahre genommen. Der Lehrer wollte mir seine klassische Schule auf das Ohr drücken. (na ja, für den Anfang bestimmt nicht schlecht) Nun Klassik ist nicht so mein Ding und da das rechtzeitige Erlernen der Stücke mich zu stark unter Streß gesetzt hat, denn ich bin ja berufstätig, und habe auch sonst noch Interessen, und auch relativ viel Geld kostet, habe ich entschlossen keinen Unterricht mehr zu nehmen, und selbst zu üben und vor allem zu spielen. Heute hilft mir dabei viel FiddleMusik, die ich bis zum umfallen höre um den Drive in das Ohr zu bekommen.
Den Stil den ich liebe, wird hier in Deutschland leider nur selten gelehrt: Irish-Fiddle und Bluegrass - vielleicht sagt Dir das etwas. Ein guter und netter Lehrer würde mir ganz bestimmt noch viel beibringen können, und ich würde das auch sehr gerne tun.
Außerdem gibt es noch viel wundervolle einheimische Volksmusik, die sehr schön klingt, und auch anspruchsvoll in der Musik ist. Aber nicht so schwer wie Klassik zu spielen ist.
Vergiß nicht, Klassik spielen die Profis und die Zuhörer wenn Du Ihnen etwas vorspielen möchtest erwarten eine entsprechende Interpretation. Gelingt Dir dies nicht durch mangelnde Ausbildung oder auch Talent, erntest Du im günstigsten Fall eher taube Ohren als Beifall.
Ich schreibe hier einen besonders langen Beitrag, weil ich doch einige Erfahrung gemacht habe. Aber ich möchte Dich auf keinen Fall entmutigen, sondern für den Fall, daß es Dir wirklich Ernst ist wirklich ermutigen.
Bevor ich mit dem Fiddlen angefangen habe, war ich irgendwie ein totes Stück Fleisch auf einer noch viel toteren Welt, daß sich irgendwie durch das Leben geschleppt hat. Mir fehlte etwas Sinnvolles in meinem Leben. Nur zur Arbeit zu gehen, und Abends zu Lesen, Fernzusehen oder Sport zu treiben - das hat mich nicht ausgefüllt. Ich konnte irgendwie nichts fühlen, keine richtigen Gefühle entwickeln. Die menschliche Gefühlswelt blieb mir verschlossen. Die Kreativität war am Boden oder nicht vorhanden. Obwohl ich als Informatiker doch auch kreativ sein muß - aber auf eine andere Art und Weise.
Nun hat sich das sehr viel verbessert. Ich habe gelernt auf die feinen Schwingungen zu beachten. Gefühle - wenn auch in Grenzen zuzulassen. Das muß noch besser werden, denn soll die Musik gut werden - ich arbeite mit viel Freude daran - mußt Du der Energie die in Ihr steckt freien Lauf lassen. Du mußt lernen ein Resonator für die Musik zu werden. Und ein Resonator für Deine eigenen Gefühle.
Für mich bedeutet das harte Arbeit an mir selbst, aber ich hoffe und ich glaube, daß diese harte Arbeit langsam kleine Früchte trägt.
Mittlerweile beschäftige ich mich wieder mit Mineralien und Edelsteinen. Ich lerne gerade meine künstlerischen Begabungen kennen und übe sie mit großer Leidenschaft aus.
Trotzdem bin ich manchmal traurig, oder ich freue mich auch wieder sehr über etwas. Das ist das Leben früher war mir das gar nicht bewußt, heute genieße ich es.
Liebe Grüße,
Werner
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