Ich ging was den Punkt betrifft davon aus, dass die beiden Männer, die sich so geäußert haben miteinander bekannt/befreundet waren. Inklusive, dass der Hotelangestellte von seinem Kumpel quasi angestachelt wurde, und für eine Sekunde vergaß, dass er einen Job hat.
Das wäre auch denkbar, wenn einer nur ein Gast war. Ins Fitnessstudio kamen auch Freunde von Mitarbeitern und hielten ein Schwätzchen usw.
Generell werden natürlich 99 von 100 Hotelangestellten, die Vorurteile gegenüber Gruppen haben, diese nicht offen im Job zum Ausdruck bringen, aber es ist logisch, dass man dann von den anderen Fällen auch hört. Insofern ist das ein logischer Fehlschluss. 99,9...% aller Väter würden ihre Kinder nicht ermorden, aber natürlich müssen Ermittler schauen, ob die Angehörigen verdächtig sind. Wenn ein Mord geschieht war es eben auch in einigen Fällen ein Familienmitglied.
Allerdings gilt das genauso auch für Anschuldigungen. Sicherlich werden die meisten sowas nicht "aufhübschen" oder gar erfinden, aber es kommt vor. Und so wie sich die Sache nun darstellt, wurde es nahezu sicher zumindest dramatisiert. Wenn das aber passiert ist seine ganze Aussage wertlos.
Ja, natürlich wäre es theoretisch möglich, dass sich da zwei kennen und voneinander wissen, dass der jeweils andere Antisemit ist usw.
Aber: Die Lobby war voll. Und da soll dann einer "aus einer Ecke" (bzw. "hinter ihm") rufen, Gil Ofarim solle seinen Stern wegpacken. Das wird so laut gesagt oder gerufen, dass der Hotelmitarbeiter das wiederholt und zur Bedingung macht für einen Check-In. Und welcher Antisemit würde so etwas rufen und welcher andere Antisemit würde es gleich noch zur Bedingung für einen Check-In machen wenn da noch zig andere Menschen in der Lobby stehen die das hören könnten, und die sicherlich nicht alle antisemitisch sind usw. Jenes Hotel ist ja auch keine kleine Bruchbude, sondern ein großes Hotel das internationale Gäste empfängt. Und gerade da sollen dann Menschen arbeiten die ihren Antisemitismus durch die Lobby rufen? Schneller könnte man seinen Hotel-Job doch gar nicht los werden.
Und vergessen wir nicht: Die Diskriminierung begann laut Ofarim schon vorher: Nämlich das andere vorgelassen wurden. In seiner Geschichte gehört das als Zurücksetzung schon dazu. Andere werden vorgelassen
weil er jüdisch ist bzw. einen Davidstern trägt. Das andere vorgelassen wurden ist aber leicht erklärbar: Er sagte selbst, dass die technische Probleme an der Rezeption hatten. Möglicherweise haben die versucht das System in den Griff zu kriegen und keinen neuen Gast eingecheckt bis das wieder lief. Aber: Stammgäste, also jene in der Schlange die sie kannten und deren Daten durch vorherige Besuche im System waren, konnten sie mit einer simplen Notiz, ohne das die irgendwelche Daten hinterlegen mussten, einchecken -- und damit die "Schlange entzerren". Offenbar hat Gil Ofarim das als Zurücksetzung empfunden und wurde deshalb ärgerlich.
Aber sowieso: Entscheidend ist der Stern. Laut ihm selbst war der Davidstern, bzw. das er ihn wegtun sollte, Dreh und Angelpunkt der antisemitischen Diskriminierung. Es gab von ihm selbst keinen anderen Vorwurf, während er diesen Vorwurf immer wieder, in mehreren Interviews kurz danach, wiederholte. Einzig der Stern war entscheidend. Jetzt weiß er nicht mehr ob er ihn offen trug und sagt auf einmal es gehe nicht um den Stern (sondern um etwas viel Größeres).
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Ich glaube, dass er selbst vollkommen unterschätzt hat welche Wellen sein Video verursachen würde. Interessant am Ablauf ist ja, dass dieser betreffende "Herr W." nicht zögerte und Ofarim sofort, nur einen Tag nach Veröffentlichung des Videos, wegen Verleumdung anzeigte. Gil Ofarim selbst war offensichtlich gar nicht besonders motiviert ebenfalls Anzeige zu erstatten und auch da stellt sich ja die Frage "warum?". Auf einmal wird die Geschichte richtig ernst. Es kommt zu echten Untersuchungen und Zeugenbefragungen -- und blöderweise hingen da überall Kameras. Auf einmal hat er das Problem, dass er nicht weiß was darauf zu sehen sein könnte, was Polizei und Staatsanwaltschaft wissen als sie ihn befragen. Und das Problem hat er nach wie vor. Das Hotel wird alles tun um ihn der Lüge zu überführen. Die wollen ihren Ruf wiederherstellen, und, weil die Rufschädigung viel und sogar international Aufmerksamkeit bekam und zu Boykottaufrufen und Beurlaubungen führte, wollen die jetzt auch mediale Aufmerksamkeit. Deren eigene Rehabilitation funktioniert nur über die Entlarvung von Ofarim als Lügner, und es dürfte kein Zufall sein, dass u.a. die Bild die Videos bekam. Gerade weil das kein kleines Motel ist und sie bestimmt gut beraten sind, werden sie in jeder Hinsicht strategisch vorgehen und würden sich freuen wenn Gil Ofarim weitere Fehler macht. Falls Gil Ofarim Medien-Anwälte/Berater hat werden die ihm wahrscheinlich erklären, dass das Hotel im schlimmsten Fall noch mehr haben könnte und sie medial nur mehrstufig vorgehen, um vorzubereiten was sie dann vor Gericht, und ebenfalls öffentlichkeitswirksam, zu Ende bringen wollen.
Aus seiner Perspektive ist das der totale Worst Case, denn er kann wahrscheinlich gar nichts mehr tun. Er hat etwas Wind gemacht und jetzt tobt ein Orkan. Jede Stellungnahme könnte dem widersprechen was er bereits gesagt hat, dem widersprechen was er bei Vernehmungen gesagt hat, dem widersprechen was bisher weder er noch die Öffentlichkeit weiß, das Hotel und die Staatsanwaltschaft aber bereits wissen. Schon jetzt widerspricht er sich ja, schon jetzt widersprechen Aussagen aus der Vernehmung seiner Geschichte. Ich sehe da nicht mal theoretisch irgendeinen Ausweg. Für ihn ist m.A.n. der Bestfall das es nicht noch viel schlimmer wird.