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Guest
Ich wollte das Thema Hinayana- únd Mahayana-Buddhismus noch einmal aufgreifen. Energeia hatte die Unterschiede zwischen dem Hinayana- und dem Mahayana-Buddhismus ja schon sehr schön im Atheismus-Threat herausgearbeitet. Aus Neugier habe ich einmal im Buch "Buddha" des Philosophen Prof. Dr. habil. Kurt Leider nachgesehen. Ich wollte wissen, was er zu den unterschiedlichen buddhistischen Richtungen zu sagen hat:
So reichhaltig die Pali-Literatur (Hinayana) in Indien und Birma auch ist, so stellt sie doch nur einen Zweig der buddhistischen Literatur dar, der sich insbesondere auf eine Schule, die der Theravada-Buddhisten, erstreckt. Neben den südbuddhistischen Kanonschriften des Tipitake der Theravada-Buddhisten Ceylons (Sri Lanka) und den nichtkanonischen Palischriften (nichtkanonisch, weil sie nicht von einem buddhistischen Konzil den offiziellen Heiligen Schriften zugeornet wurden) gibt es nun aber eine Reihe von anderen Schulen und Richtungen, die sich von der alten Lehre der Theravadins unterscheiden, wobei vor allem die zu den Theravadins in Gegensatz stehenden Sarvastivadins (nicht nur die gegenwärtigen, sondern auch die vergangenen und zukünftigen Dharmas sind wirksam) oder die Lokottaravadins (über die Welt hinaus, überweltlich) zu nennen sind, welche bereits in Buddha ein höheres, über der gewöhnlichen Welt stehendes Wesen sehen. (Das muss man jetzt nicht alles verstehen, gleich wird es etwas deutlicher.)
Eine Weiterbildung dieser Hinayana-Lehre, noch auf indischem Boden, stellt der Mahayana-Buddhismus dar, der zwar die alte Lehre als eine von Buddha stammende anerkennt, sie aber als eine nicht genügende und nur für einen kleinen Kreis geschaffene ansieht und sie als "kleines" zur Erlösung führendes Fahrzeug (Hinayana) bezeichnet, demgegenüber die neue Lehre als das "große Fahrzeug" (Mahayana) gilt. Bei dieser Lehre kommt es nicht in erster Linie auf das Ideal des Arhat (Erleuchteten) an, der sich selber zu erlösen trachtet, sondern im Mittelpunkt steht der Bodhisattva, dem es daran liegt, so viele Wesen wie nur irgendmöglich auf den Weg zur Erleuchtung zu bringen, wobei der Bodhisattva sich selbst, einem altruistischem (zum Wohle anderer) Drange folgend, geradezu aufopfert.
Ich möchte noch einmal auf diesen grundsätzlichen Unterschied zwischen dem Hinayana- und dem Mahayana-Buddhismus eingehen. Dies wird wohl an der unterschiedlichen Begriffsbestimmung des Arhats (der Erleuchtete, der Selbstverwirklichte) deutlich. Im Hinayana-Buddhismua ist ein Arhat ein Vollendeter, der den Weg dorthin nicht selbst entdeckt hat, sondern durch die Anleitung der Lehre eines Buddha, wie Siddhartha Gautama einer war. Die Bezeichnung "Buddha" ist dagegen im Prinzip nur die Ehrenbezeichnung für einen Arhat, der ohne Anleitung die volle Erleuchtung erlangt hat. Bereits zu Lebzeiten des Buddha (Shakyamuni) sollen viele seiner Schüler Arhats geworden sein, also der Lehre Buddhas gefolgt sein.
Der wesentliche Unterschied zwischen einem Arahat im Hinayana und seiner Entsprechung im Mahayana, dem Bodhisattva, ist es, dass ein Bodhisattva den letzten Schritt in das Nirvana freiwillig aufschiebt, um den anderen Wesen auf dem Weg aus dem Leiden zu helfen. Die Übertragung von Verdiensten durch den Bodhisattva auf andere Wesen, wie sie im Mahayana-Buddhismus angenommen wird, wird aber von den Hinayana-Buddhisten abgelehnt. Der Grund dafür ist aber nicht etwa Egoismus, sondern die Überzeugung des Theravada (Hinayana), dass dies nicht möglich ist. Jedes Wesen ist entsprechend dem Gesetz des Karma für seine Handlungen selbst verantwortlich. Jeder Versuch, eine Erlösung außerhalb von sich selbst bei anderen Wesen zu suchen, führt aus der Sicht des Theravada zu einer weiteren Verstrickung in die samsarische (Lebensrad) Welt. Entsprechend kritisch werden aus dieser Perspektive die Lehren des Mahayana beurteilt, denn sie führen demzufolge nicht zur Befreiung.
Soweit die Beschäftigung mit den unterschiedlichen Vorstellungen des Arhats (Bodhisattvas) im Hinayana und Mahayana. Nun aber zurück zum Text von Prof. Dr. habil. Kurt Leider:
Eine Reihe solcher Bodhisattvas wird bis in die Gegenwart hinein in den mahayanistischen Ländern verehrt, wie z.B. Avalokitesvara, Manjusri oder Maitreya. Anstelle des einen schlichtmenschlichen Buddhas, er wird auch als Sakyamuni oder Sakyasimha bezeichnet, tritt im Mahayana eine ungeheure Zahl von Buddhas auf und der sich langsam und mühsam zur Erkenntnis und Erleuchtung durchringende Mensch Gotama (Buddha) wird durch den von Anfang an Erwachten und Erlösten, den wunderbaren Adibuddha (Urbuddha) ersetzt. Dieser göttlichen Erscheinung wird nun auch ein den Gepflogenheiten des Hinayana-Buddhismus weitüberschreitender Kultus mit Bilder-, Status- und Reliquien-Verehrung zuteil, wobei gewiss die Bhakti-Lehre (religiöse Hingabe zu Gott) der Bhagavat-Gita (indische Heilige Schrift) die Ausbildung des Mahayana-Buddhismus beeinflusst und gefördert haben dürfte. Nach der Mahayana-Auffassung sind die Buddhas von Anfang an nichts anderes als göttliche Wesen, wobei ihr Erdendasein und Eingehen ins Nirvana nichts anderes als ein Spiel oder Blendwerk ist.
Soweit der Text von Prof. Dr. habil. Kurt Leider. Zum Schluss noch eine persönliche Anmerkung. Einige dürften ja mitbekommen haben, dass ich eher mit dem Hinayana- als mit dem Mahayana-Buddhismus sympathisiere. Ebenso wie Theravada-Buddhisten (Hinayana) bin ich davon überzeugt, dass jeder seinen Weg ganz alleine gehen muss und nicht auf die Hilfe eines Bodhisattvas warten sollte. Aber der wesentliche Unterschied zwischen dem Hinayana und dem Mahayana scheint mir darin zu liegen, dass der Hinayana sich eigentlich eher an die Mönche wendet, denen Buddha einen Weg der sexuellen Enthaltsamkeit empfiehlt. Buddha hat zwar auch für die Nicht-Mönche, für die Laien, wie er sie bezeichnet, denen er sehr wohl auch Sexualität zubilligt, einen eigenen Weg empfohlen. Aber im Grunde genommen sagt Buddha auch, dass der derjenige, der nicht enthaltsam lebt, eigentlich keinen spirituellen Weg beschreitet.
Der Mahayana wurde meiner Ansicht nach eigentlich nur gegründet, weil sehr vielen Menschen der Weg des Hinayana mit seiner sexuellen Enthaltsamkeit zu beschwerlich erschien. Darum versuchte man die Sexualität mit in den Mahayana zu integrieren. Und der Mahayana mit seinen vielen Göttern und mit seiner gewaltigen und schon fast undurchschaubaren Mythologie verlieh der sexuellen Praxis, die ja auch als Tantra bekannt ist, einen sehr geheimnisvollen, ja man könnte sagen, einen schon fast okkulten Status, der einer Geheimlehre gleicht, und die nur vom Meister an den Schüler weitergegeben werden darf. Ich finde diese Geheimhaltung der tantrischen Rituale nicht nur bedenklich, sondern sehe auch eine relativ große Gefahr des sexuellen Missbrauchs darin. Darüber wurde ja bereits verschiedentlich hier im Forum diskutiert.
Ich habe das Gefühl, dass es viele Menschen wegen dieser sexuellen Orientierung zum Mahayana, also zum Tibetischen Buddhismus bzw. zum tantrischen Buddhismus zieht. Ich meine, der tantrische Buddhismus ist ein Weg der keineswegs einfacher zu beschreiten ist als der Weg der Enthaltsamkeit im Hinayana. Und ich habe das Gefühl, dass die allermeisten Menschen, die sich zum tantrischen Buddhismus hingezogen fühlen, sich eher in ihrer sexuellen Lust verlieren, als auch nur die geringsten spirituellen Fortschritte zu machen. So sagt auch der ausgezeichnete Tantrakenner Helmut Poller, das es selbst nach 30 Jahren Tibetischen Buddhismus im Westen, nur einigen ganz wenigen Menschen gelungen ist, Erleuchtung durch den tantrischen Weg zu erlangen. Im Klartext bedeutet das für mich, dass mindestens 99,99 Prozent aller Menschen die vorgeben, einen tantrischen Weg zu beschreiten, in Wirklichkeit nur ihre Zeit vergeuden.
So reichhaltig die Pali-Literatur (Hinayana) in Indien und Birma auch ist, so stellt sie doch nur einen Zweig der buddhistischen Literatur dar, der sich insbesondere auf eine Schule, die der Theravada-Buddhisten, erstreckt. Neben den südbuddhistischen Kanonschriften des Tipitake der Theravada-Buddhisten Ceylons (Sri Lanka) und den nichtkanonischen Palischriften (nichtkanonisch, weil sie nicht von einem buddhistischen Konzil den offiziellen Heiligen Schriften zugeornet wurden) gibt es nun aber eine Reihe von anderen Schulen und Richtungen, die sich von der alten Lehre der Theravadins unterscheiden, wobei vor allem die zu den Theravadins in Gegensatz stehenden Sarvastivadins (nicht nur die gegenwärtigen, sondern auch die vergangenen und zukünftigen Dharmas sind wirksam) oder die Lokottaravadins (über die Welt hinaus, überweltlich) zu nennen sind, welche bereits in Buddha ein höheres, über der gewöhnlichen Welt stehendes Wesen sehen. (Das muss man jetzt nicht alles verstehen, gleich wird es etwas deutlicher.)
Eine Weiterbildung dieser Hinayana-Lehre, noch auf indischem Boden, stellt der Mahayana-Buddhismus dar, der zwar die alte Lehre als eine von Buddha stammende anerkennt, sie aber als eine nicht genügende und nur für einen kleinen Kreis geschaffene ansieht und sie als "kleines" zur Erlösung führendes Fahrzeug (Hinayana) bezeichnet, demgegenüber die neue Lehre als das "große Fahrzeug" (Mahayana) gilt. Bei dieser Lehre kommt es nicht in erster Linie auf das Ideal des Arhat (Erleuchteten) an, der sich selber zu erlösen trachtet, sondern im Mittelpunkt steht der Bodhisattva, dem es daran liegt, so viele Wesen wie nur irgendmöglich auf den Weg zur Erleuchtung zu bringen, wobei der Bodhisattva sich selbst, einem altruistischem (zum Wohle anderer) Drange folgend, geradezu aufopfert.
Ich möchte noch einmal auf diesen grundsätzlichen Unterschied zwischen dem Hinayana- und dem Mahayana-Buddhismus eingehen. Dies wird wohl an der unterschiedlichen Begriffsbestimmung des Arhats (der Erleuchtete, der Selbstverwirklichte) deutlich. Im Hinayana-Buddhismua ist ein Arhat ein Vollendeter, der den Weg dorthin nicht selbst entdeckt hat, sondern durch die Anleitung der Lehre eines Buddha, wie Siddhartha Gautama einer war. Die Bezeichnung "Buddha" ist dagegen im Prinzip nur die Ehrenbezeichnung für einen Arhat, der ohne Anleitung die volle Erleuchtung erlangt hat. Bereits zu Lebzeiten des Buddha (Shakyamuni) sollen viele seiner Schüler Arhats geworden sein, also der Lehre Buddhas gefolgt sein.
Der wesentliche Unterschied zwischen einem Arahat im Hinayana und seiner Entsprechung im Mahayana, dem Bodhisattva, ist es, dass ein Bodhisattva den letzten Schritt in das Nirvana freiwillig aufschiebt, um den anderen Wesen auf dem Weg aus dem Leiden zu helfen. Die Übertragung von Verdiensten durch den Bodhisattva auf andere Wesen, wie sie im Mahayana-Buddhismus angenommen wird, wird aber von den Hinayana-Buddhisten abgelehnt. Der Grund dafür ist aber nicht etwa Egoismus, sondern die Überzeugung des Theravada (Hinayana), dass dies nicht möglich ist. Jedes Wesen ist entsprechend dem Gesetz des Karma für seine Handlungen selbst verantwortlich. Jeder Versuch, eine Erlösung außerhalb von sich selbst bei anderen Wesen zu suchen, führt aus der Sicht des Theravada zu einer weiteren Verstrickung in die samsarische (Lebensrad) Welt. Entsprechend kritisch werden aus dieser Perspektive die Lehren des Mahayana beurteilt, denn sie führen demzufolge nicht zur Befreiung.
Soweit die Beschäftigung mit den unterschiedlichen Vorstellungen des Arhats (Bodhisattvas) im Hinayana und Mahayana. Nun aber zurück zum Text von Prof. Dr. habil. Kurt Leider:
Eine Reihe solcher Bodhisattvas wird bis in die Gegenwart hinein in den mahayanistischen Ländern verehrt, wie z.B. Avalokitesvara, Manjusri oder Maitreya. Anstelle des einen schlichtmenschlichen Buddhas, er wird auch als Sakyamuni oder Sakyasimha bezeichnet, tritt im Mahayana eine ungeheure Zahl von Buddhas auf und der sich langsam und mühsam zur Erkenntnis und Erleuchtung durchringende Mensch Gotama (Buddha) wird durch den von Anfang an Erwachten und Erlösten, den wunderbaren Adibuddha (Urbuddha) ersetzt. Dieser göttlichen Erscheinung wird nun auch ein den Gepflogenheiten des Hinayana-Buddhismus weitüberschreitender Kultus mit Bilder-, Status- und Reliquien-Verehrung zuteil, wobei gewiss die Bhakti-Lehre (religiöse Hingabe zu Gott) der Bhagavat-Gita (indische Heilige Schrift) die Ausbildung des Mahayana-Buddhismus beeinflusst und gefördert haben dürfte. Nach der Mahayana-Auffassung sind die Buddhas von Anfang an nichts anderes als göttliche Wesen, wobei ihr Erdendasein und Eingehen ins Nirvana nichts anderes als ein Spiel oder Blendwerk ist.
Soweit der Text von Prof. Dr. habil. Kurt Leider. Zum Schluss noch eine persönliche Anmerkung. Einige dürften ja mitbekommen haben, dass ich eher mit dem Hinayana- als mit dem Mahayana-Buddhismus sympathisiere. Ebenso wie Theravada-Buddhisten (Hinayana) bin ich davon überzeugt, dass jeder seinen Weg ganz alleine gehen muss und nicht auf die Hilfe eines Bodhisattvas warten sollte. Aber der wesentliche Unterschied zwischen dem Hinayana und dem Mahayana scheint mir darin zu liegen, dass der Hinayana sich eigentlich eher an die Mönche wendet, denen Buddha einen Weg der sexuellen Enthaltsamkeit empfiehlt. Buddha hat zwar auch für die Nicht-Mönche, für die Laien, wie er sie bezeichnet, denen er sehr wohl auch Sexualität zubilligt, einen eigenen Weg empfohlen. Aber im Grunde genommen sagt Buddha auch, dass der derjenige, der nicht enthaltsam lebt, eigentlich keinen spirituellen Weg beschreitet.
Der Mahayana wurde meiner Ansicht nach eigentlich nur gegründet, weil sehr vielen Menschen der Weg des Hinayana mit seiner sexuellen Enthaltsamkeit zu beschwerlich erschien. Darum versuchte man die Sexualität mit in den Mahayana zu integrieren. Und der Mahayana mit seinen vielen Göttern und mit seiner gewaltigen und schon fast undurchschaubaren Mythologie verlieh der sexuellen Praxis, die ja auch als Tantra bekannt ist, einen sehr geheimnisvollen, ja man könnte sagen, einen schon fast okkulten Status, der einer Geheimlehre gleicht, und die nur vom Meister an den Schüler weitergegeben werden darf. Ich finde diese Geheimhaltung der tantrischen Rituale nicht nur bedenklich, sondern sehe auch eine relativ große Gefahr des sexuellen Missbrauchs darin. Darüber wurde ja bereits verschiedentlich hier im Forum diskutiert.
Ich habe das Gefühl, dass es viele Menschen wegen dieser sexuellen Orientierung zum Mahayana, also zum Tibetischen Buddhismus bzw. zum tantrischen Buddhismus zieht. Ich meine, der tantrische Buddhismus ist ein Weg der keineswegs einfacher zu beschreiten ist als der Weg der Enthaltsamkeit im Hinayana. Und ich habe das Gefühl, dass die allermeisten Menschen, die sich zum tantrischen Buddhismus hingezogen fühlen, sich eher in ihrer sexuellen Lust verlieren, als auch nur die geringsten spirituellen Fortschritte zu machen. So sagt auch der ausgezeichnete Tantrakenner Helmut Poller, das es selbst nach 30 Jahren Tibetischen Buddhismus im Westen, nur einigen ganz wenigen Menschen gelungen ist, Erleuchtung durch den tantrischen Weg zu erlangen. Im Klartext bedeutet das für mich, dass mindestens 99,99 Prozent aller Menschen die vorgeben, einen tantrischen Weg zu beschreiten, in Wirklichkeit nur ihre Zeit vergeuden.