Ich war dort und es war wirklich toll! Genau das richtige für mich!
Es waren andere Angehörige bei der Gruppe, und sie alle haben genau die gleichen Probleme wie ich, genau die gleiche Verzweiflung und Angst und Kämpfe, genau die gleichen Versuche zu helfen und Hilflosigkeit. Das hat mir etwas klar gemacht: es liegt nicht an mir, ich bin nicht falsch oder dumm!
Jahrelang hab ich gedacht, ich mach einfach alles falsch, ich hab mir Vorwürfe gemacht, dazu beigetragen haben manche Kommentare von Leuten, die das nicht nachvollziehen können, Tipps wie "fallenlassen", "abgrenzen", und so weiter. Ich hab das nicht umsetzen können, weil es eben nicht umsetzbar ist! Es war nicht mein Fehler, es war nicht meine Schuld, es ist einfach diese beschissene psychische Krankheit, es ist einfach eine beschissene Situation, und tausende Menschen in Österreich machen das jeden Tag ganz genauso mit, haben ganz genauso die gleichen Gedanken und Gefühle, und wie ich bei der Gruppe gehört habe, bekommen sie alle genau die gleichen Tipps, die nicht helfen, weil eben nichts die Situation lösen kann, so daß dann alles gut ist! Nichts, was ich tue, wird etwas daran ändern!
Die Psychologin hat uns das klar gemacht, daß es nun mal so ist, die Krankheit ist da, und unsere kranken Angehörigen können sich nicht anders verhalten, wir können sie nicht dazu bringen, daß es ihnen besser geht, die Krankheit hat da einfach den Finger drauf und das gilt es, zu akzeptieren, anzunehmen. Es ist nun mal so. Dadurch ist es ein großes Stück leichter für mich, mit der Situation umzugehen, weil ich nicht mehr gegen die Krankheit meines Bruders kämpfen brauche, diesen Kampf kann ich nicht gewinnen, niemals. Ich liebe ihn und werde immer für ihn da sein, aber jetzt auf andere Weise, und vor allem auf eine viel lockerere. Ich akzeptiere die Situation und daß sie einfach, ganz rational und objektiv gesehen, sehr schlimm ist. Akzeptanz. Ich lasse den Kampf los, Schwester werde ich immer bleiben. Eine Schwester eines psychisch kranken Bruders.
Aber nicht mehr falsch und dumm, das war ich gar nicht, das ist mir heute klar geworden.