Natürlich, aber das Initiationsmotiv nicht, ganz im Gegenteil. Gerade bei Frau Holle kannst Du ja die christlichen Motive geradezu abschälen wie eine Zwiebelhaut. Beim Froschkönig ist es noch deutlicher: Die Prinzessin überwirft sich mit allen Idealen, der Nächstenliebe, dem "Versprechen muss man halten" und der Demut und schmeißt den ekligen, doofen Frosch an die Wand und *Hokuspokus* hat sie ihn erlöst und dem Prinzen damit noch was gutes getan? Wenn sie christlich gehandelt hätte und den Frosch mit ins Bett genommen und geküsst hätte, wäre der am nächsten Tag wieder in seinen Brunnen zurückgehüpft und dort versauert.
Ja, freilich, das ist die "Moral", die man den Kindern damals einimpfen wollte. Anders sieht es aus, wenn Du daran zurück denkst, wer die gute Frau Holle den ursprünglich war. Die hat nämlich je nach Wetterlage nicht nur Kissen und Scheuerlappen ausgeschüttelt (weiß nicht, ob das wer kennt, als ich klein war, hieß es von meiner Oma immer, wenn es geregnet hat: "Frau Holle wringt ihre Scheuerlappen aus."

), sondern war allgemein eine Fruchtbarkeits- und auch Totengöttin der Germanen. Die Äpfelernste (im Sommer) ist ein sicherer Hinweis auf die goldenen Äpfel der Göttin Idunn (die oft auch mit Freya und Frowe Hulda als Fruchtbarkeitsgöttin gleichgesetzt wird), die den germanischen Göttern ihre ewige Jugend schenken, aber auch auf ähnliche Mythen in der keltischen Mythologie, die Brote als Endprodukt der jährlichen Getreideernte (im Herbst) und das Bettenschütteln als Einleiten des Winters, Vergehen des alten Jahres (Frau Holle als Totengöttin) und das Ende mit der "Wiedergeburt" der Goldmarie zusammen mit dem Beginn des Frühlings. Die gute Marie war nicht nur fleißig und folgsam, sondern hat auch nach ihrem Tod im Brunnen im Namen der Göttin den Fortlauf eines Jahres gesichert und dadurch ihre eigene Wiedergeburt als "höheres" (goldenes) Wesen gesichert, während die Pechmarie durch ihre eigene Erhöhung ("Ich brauche die Aufgaben nicht machen, ich bin etwas besseres") sich selbst erniedrigt hat.
Welche Frau-Holle-Verfilmung hast Du eigentlich gesehen? Es gibt eine sehr schöne BRD-A-CSSR-Koproduktion von 1985, die das eigentliche Märchen durch viele Elemente ergänzt, die aber in sich geschlossen die Initiationsmythologie ergänzen. In der Verfilmung ist die eigentliche Hauptfigur Jakob, der von Frau Holle vor seinem "Tod" durch eine Lawine rettet und ihm das Wettermachen beibringt, als er allerdings das Mädchen Elisabeth (die "Goldmarie") im Frau Holles allsehender Glaskugel entdeckt, schläfert er Frau Holle ein, klaut ihr diverse Dinge (einen Ballon, eine Flöte und noch was) und fliegt zurück auf die Erde. Dort wird er allerdings von Frau Hippe (dem Tod) gejagt, da er ihr am Anfang des Filmes durch die Finger geronnen ist, kann ihr aber immer wieder entkommen und "verzaubert" mit Hilfe seiner neugewonnenen Fähigkeiten (die Flöte usw.) einen Haufen Leute, bis er am Ende seine Elisabeth heiraten darf. Hier gibt es nicht nur die klassischen Elemente Motive auf die Initiation, sondern der komplette Charakter des Jakob, der am Anfang von Frau Holle gerettet wird (eigentlich stirbt), mit verzauberten Gegenständen (neuen Fähigkeiten) auf die Erde zurückkehrt (wiedergeboren wird), mit Witz, Überlegenheit, fast krankhafter guter Laune (Entrücktheit vom Weltlichen, der "Narr" und der "Magier" im Tarot) immer wieder Frau Hippe (dem Tod) von der Schippe springt und damit Grenzen überschreitet und die eigentlich zu Initiierende (Elisabeth) nur mehr mitzieht, vergleichbar mit einem schamanischen Wegbereiter oder Führer in der Anderwelt. Die Verfilmung kann ich wegen ihrer Ergänzungen zum klassischen Märchen jedem nur empfehlen, gibts üblicherweise für nen Appel und n Ei in jedem gutsortierten Medienfachgeschäft.