Mich interessiert eine uralte Tradition des Denkens, die man Philosophie nennt. Deshalb bin ich gestern auf etwas Interessantes gestossen, nämlich, dass es von Kant auch Vorlesungen zur Psychologie gab, welche jetzt als e-book erschienen sind. Der Herausgeber Manfred Reichelt sieht einen grossen Wert für unsere heutige Zeit darin, weil er - sinngemäss - es in Frage stellt, ob wir dem Leitspruch der Aufklärung, uns unseres eigenen Verstandes zu bedienen, überhaupt noch folgen. Aus der Sicht des philosophischen Denkens, wo eigentlich gar nichts als gesichert gilt, hätten wir die ehemals kirchlichen Dogmen nur ausgetauscht gegen naturwissenschaftliche und es sei das - heute gesellschaftlich gut verankerte - materialistische Weltbild, das dazu beiträgt, unsere eigene Weltsicht überhaupt noch zu hinterfragen. Insofern fristet die Philosophie heute natürlich ein Nischendasein -
Heiliger Klabautermann, was für ein Satz... - in drei kürzere verpackt, wer die Information deutlich einfacher zu verstehen. (ich kämpfe auch selbst immer noch gegen die Unart, Sätze bis ins Unendliche zu verlängern. Aber ich schaff dran und wenn ich mich dabei erwische, immer mehr und mehr in einen einzigen Schlauch zu verpacken, verkürze ich das Elend.)
Aus der Sicht des philosophischen Denkens, wo eigentlich gar nichts als gesichert gilt, hätten wir die ehemals kirchlichen Dogmen nur ausgetauscht gegen naturwissenschaftliche und es sei das - heute gesellschaftlich gut verankerte - materialistische Weltbild, das dazu beiträgt, unsere eigene Weltsicht überhaupt noch zu hinterfragen."
Aaah - jetzt isses gerutscht. Ai jooo, dann ist das halt ein Punkt aus der Sicht des philosophischen Denkens. Davon gibts ne Menge. Und ja, viele Wissenschaftler (vor allem junge) sind eher Schriftgelehrte und behandeln Erkenntnisse anderer wie Dogmen. Aber nicht alle gehen so vor und wenn sie reifer werden, erwacht vermehrt das Verständnis, was für mich jeden guten Wissenschaftler ausmacht: Dass keine einzige Erkenntnis mehr ist als ein aktueller Erkenntnisstand, der jederzeit überholt und/oder verändert werden kann. Und demzufolge eignen sich diese Erkenntnisstände nicht als Dogmen.
In der Wissenschaft scheint es sich im Laufe der Zeit herumzusprechen, aber die privaten Wissenschaftsanhänger sind aus GANZ anderem Holz geschnitzt. Für die sind wissenschaftliche Erkenntnis häufig Dogmen und für sie gilt auch nur als ernstzunehmende Wissenschaft, was in ihr persönliches kleines Weltbild passt. Dass Wissenschaft aber von den verschiedensten Thesen und Theorien und Ansätzen lebt, scheint ihnen völlig fremd zu sein.
Ähnlich ist das auch mit der Philosophie, auch da gibts ne Menge Sichtweisen und Ansätze. Und den von dir genannten nehme ich mal als einen davon. Ganz interessant, aber auch bizzli (hinter-)fragwürdig.
Für mich ist aber klar, dass die Psyche ein wichtiger Teil der menschlichen Natur ist.
Das sehe ich genau so. Gilt aber nicht nur für die menschliche Natur.
Und dass Psyche und Geist selbstverständlich nicht voneinander zu trennen sind.
Das sehe ich ein bisschen anders. Klar ist das Un(ter)bewusstsein an das Bewusstsein gekoppelt, aber das Unterbewusstsein ist (für mich) auch nicht auf der Ebene des Geistes. Und für selbstverständlich halte ich da gar nichts.
Sie ist sozusagen verbunden auf zwei Seiten, nämlich mit den ältesten und den neusten Strukturen des menschlichen Gehirns, grob gesagt mit den Überlebenstrieben und allem, was mit Moral, Gewissen und vorausschauendem Denken zu tun hat. Jeder Mensch hat die Möglichkeit, sich seines Verstandes und seines Geistes zu bedienen, den man im oben beschriebenen Sinn durchaus als eine erweiterte Instanz verstehen könnte.
Du meinst vielleicht das Stammhirn als die älteste Struktur des menschlichen Gehirns - welches ja auch schon bei Krokodilen vorkommt. Und ja, da gehts um Überlebensstrategien, wobei eine Krokodilmammi ein durchaus komplexes Brutverhalten einschließlich einer erstaunlichen Fürsorglichkeit aufweist.
Während sich andere Hirnareale später entwickelt haben und komplexeres Denken ermöglichen. Allerdings entspringt beides dem Gehirn, während der Geist auf einer ganz anderen Ebene "wohnt". Aber wenn ich deine These zugrunde lege, verstehe ich, wieso du beides für "nicht voneinander zu trennen" hältst.
Das Problem ist nur, wir lassen uns durch das moderne, veräusserlichte und technisierte Leben viel zu sehr ablenken und bestimmen, und damit meine ich nicht nur Otto Normalverbraucher, sondern auch die wichtigen Leute in Politik, Wirtschaft und Wissenschaft.
Korrekt!
Gerade die Leute in Politik und Wirtschaft sind - je höher sie aufsteigen - in immer gefestigteren Denkblasen. Da ist kaum noch rauszukommen und ob sich einer dieser Politiker oder Wirtschaftsmanager mal mit normalen Leuten sehen lässt, bedeutet das noch lange nicht, dass sie auch noch so denken können.
Bei Wissenschaftlern ist das ähnlich, aber da sind sich noch eine Menge Leute bewusst, dass sie ihre Thesen, Theorien und Denkansätze jederzeit überholt werden können. Das ist ein Potential, das ich bei Politikern und Wirtschaftsgrößen so nicht sehe.