Schau bitte einmal ins Alte Testament, welch große Rolle die Väter in der jüdischen Tradition spielen. Auch dort ist die Rede von Gottvater:
5. Moses 32[1 ] Merkt auf ihr Himmel, ich (Moses) will reden, und die Erde höre meines Mundes ... [3] Ich will den Namen des Herrn preisen. Gebt unserem Gott allein die Ehre ... [6] Dankest Du also dem Herrn, deinem Gott, du töricht Volk? Ist er nicht dein Vater und dein Herr? Ist’s nicht er allein, der dich gemacht und bereitet [7] Gedenke den vorherigen Zeiten bis daher und betrachte, was er getan hat an den alten Vätern ...
Ich sehe da in der jüdischen Tradition über die Zeit keinen Wandel Jahwes. Der einzige Unterschied liegt darin, dass man ihm der exessiven Überhöhung Willen, seinen Namen geopfert hatte. Auch Jesus hat sich immer wieder auf die Propheten bezogen. Die ganzen Elemente aus der Geburts- und Passionsgeschichte Jesus findest Du deshalb im Alten Testament wieder.
Die jungfräuliche Empfängnis, die Geburt in Betlehem und auch die Flucht nach Ägypten sind Vorzeichen des kommenden Messias, die geschehen und erfüllt werden mussten. So ist das auch mit der Passionsgeschichte, die bis ins Detail aus dem Alten Testament übernommen wurden. Ohne diese Attribute wäre er für einen Juden als Messias unglaubwürdig geworden.
Auch die Botschaft von der Nächstenliebe war nicht neu, neu war nur, dass sie Jesus der Schma Jisrael geleichgestellt hatte:
5. Moses 6[4] Höre, Israel, der Herr, unser Gott, ist der einzige Herr [5] Und du sollst den Herrn, deinen Gott, liebhaben von ganzem Herzen und all deiner Kraft.
Markus 12[29] Jesus aber antwortete ihm (Schriftgelehrter): Das vornehmste Gebot vor allen Geboten ist das: „Höre Israel, der Herr, unser Gott, ist der einzige Gott; [30] und du sollst Gott, deinen Herrn, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von ganzem Gemüte und von allen deinen Kräften.“ Das ist das vornehmste Gebot.
[31] Und das andere ist ihm gleich: „Du sollst deinen Nächsten lieben, wie dich selbst.“ Es ist kein anderes größer denn dieses.
Damit hat sich jedoch der Gott aus dem Alten Testament nicht geändert. Er bekam lediglich durch Jesus eine Gestalt und wurde den Menschen wieder etwas näher gerückt. Dass er sich Gott im Prinzip nicht verändert hat, siehst Du besonders in der Sprache der Offenbarung und der Passionsgeschichte. Welcher gütige und barmherzige Vater würde von seinem Sohn eine solches Opfer einfordern? Das erinnert mich an die Geschichte von Abrahm und seinem Sohn Isaak.
Wenn es Jesus tatsächlich um einen neuen gnostischen Gott gegangen wäre, wozu also der Ballast des Alten Testaments? Ja und ich dachte, es gäbe nur einen Gott in einem monotheistischen Weltbild? Warum sich Constantin der allgemeinen Mehrheit im Christentum angeschlossen hatte, lag in seinem Ziel begründet, das Römische Imperium unter sich zu vereinen. Das Schisma der katholischen Kirchen fand übrigens erst nach seinem Tod statt.
Ich denke nicht, dass uns die Gnosis Gott näher bringen kann – eher entzieht er sich damit noch weiter. Ich denke nicht, dass man das Wesen der sieben Elohim in der Weite und Kälte des Universums oder zwischen den Seiten eines Buches suchen sollte, sondern in den Herzen der Menschen. Du wirst zumindest die Nächstenliebe dort draußen in jedenfalls nicht finden können.
Merlin