Du hast den Plan mitbestimmt, nichts läuft ohne den freien Wille ab... den man einst hatte und noch hat ..
Hallo Leopold o7
Ich zitiere mal aus Jose Ortega y Gassets Büchlein "Gott in Sicht" zum Thema Willen.
"Wenn wir im Alltagsleben sagen, dass wir etwas wollen, dann meinen wir damit keineswegs, dass wir, sofern wir auf dieser Welt mit unserem erfüllten Wunsch allein blieben, uns mit diesem Etwas zufriedengeben würden. Nein, wenn wir dieses Etwas wollen, so deshalb, weil es uns zu etwas anderem notwendig erscheint, und dieses andere wollen wir dann abermals um eines anderen willen. Aus solchen Ketten von Willenshandlungen, deren eine der anderen dienstbar ist, setzt sich das Gewebe unseres Daseins zusammen. Mit einem Stück unseres Geistes dienen wir dem anderen und so fort. Und diese Art des Wollens, das zweckgebundene Wollen, macht unser Inneres gleichsam zu einer Handelsbörse.
Inwieweit aber kann man dieses Wollen, bei dem wir nach dem einen Ding um des anderen willen streben, mit jenem anderen Wollen vergleichen, das uns ohne allen Zweck nach einer Sache um ihrer selbst willen trachten lässt ? Unser feilschendes Wollen... hat alle Dinge zu unendlicher Kette aneinandergereiht, in der ein jedes Glied nur Mittel für das nächste ist und somit nur den relativen Wert hat, den sein Platz innerhalb der Gesamtkette ihm zuweist. Das Denken neuer und reiner Art aber löst das Ding aus dieser Kette heraus und gibt ihm, ohne es mit etwas anderem in Verbindung zu setzen, seine völlig zweckfreie Eigenbedeutung. Angesichts solcher Willenshaltung können alle übrigen Haltungen bloß einen rein wirtschaftlichen Sinn haben, der eben die Dinge nur als Mittel zum Zweck wünscht.
Das ethische Wollen hingegen macht aus den Dingen einen Selbst - und Endzweck, eine letzte Grenze des Lebens, ein Endgültiges. Das Hin und Her des Feilschens hört in uns auf, unser Geist ist nicht länger eine Vielheit von Einzelwesen, jedes mit seinem kleinen egoistischen Anspruch, den es zu befriedigen gilt. Das Tiefste in unserer Persönlichkeit wird wirksam, und indem wir alle unsere verstreuten Kräfte zusammenfassen, indem wir - was selten vorkommt -mit uns selber einig sind, indem wir - was nur in diesem Falle möglich ist - wahrhaft wir selber sind, verbinden wir uns mit dem Gegenstand unserer Liebe ohne Vorbehalt und Befürchtung."
Man kann davon ausgehen, dass Ortega unter Ethik noch etwas anderes verstanden hat, als das, was heute gang und gäbe ist, nämlich dass ethisch lediglich ein anderes Wort für sittlich geworden ist Ethos bei ihm noch die ursprüngliche Bedeutung besitzt, nämlich "Die Wohnung, den Aufenthalt (des Menschen inmitten des Seienden)" Ebenfalls bemerkenswert, dass hier jeglicher Zweck und jegliche Absicht fehlt. Dann wäre dieser "freie Wille" oder "ethische Wille" eigentlich gar kein Wille, sondern, ja was, ein innerer Drang, zu dem man gar keine Willensanstrengung und Überwindung benötigt ?