Abneigungen

von Walter
Meiner Meinung nach geht es niemals darum, die Eltern lieben zu MÜSSEN oder zu SOLLEN. Wenn keine Liebe da ist, ist keine da - Punkt.

Lieber Reinhard,

was mich an dem Thema "Eltern lieben/annehmen" so irritiert, das ist diese absolute Bedingungslosigkeit. Hellinger sagt, es geht nicht, dass wir Teile der Eltern ablehnen. Das sei Anmaßung. Es scheint so, dass spezifisch die Liebe zu den Eltern keine selektive Kritik zulassen darf.

Jeder Mensch hat Wesenszüge, für die ihn andere achten und lieben. Genauso sind Eigenschaften bei jedem vorhanden, die ihn weniger liebenswert machen, die sogar Ablehnung hervorrufen. Bei den eigenen Eltern hier eine Ausnahme in der Wahrnehmung zu machen, das ist eine irgendwie realitätsfremde Aufforderung.

So richtig verstehen kann ich den Umgang mit der Eltern-Liebe immer noch nicht. Vielleicht deute ich die Botschaft hinter den Worten falsch?

Mir macht das schon sehr lange Kopfzerbrechen und endet regelmäßig in einem Gefühl des Versagens, weil ich der Anforderung der Bedingungslosigkeit nicht gerecht werde.

Auch das, was Arielle hier angesprochen hat "achtet denn mein Vater mich???" passt in meine Zweifels-Gedanken.

:confused:

Liebe Grüße
an einem besinnlichen Allerheiligen-Tag,
Daisy
 
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1. Mir macht das schon sehr lange Kopfzerbrechen und endet regelmäßig in einem Gefühl des Versagens, weil ich der Anforderung der Bedingungslosigkeit nicht gerecht werde.

2. was mich an dem Thema "Eltern lieben/annehmen" so irritiert, das ist diese absolute Bedingungslosigkeit. Hellinger sagt, es geht nicht, dass wir Teile der Eltern ablehnen. Das sei Anmaßung. Es scheint so, dass spezifisch die Liebe zu den Eltern keine selektive Kritik zulassen darf.

3. Jeder Mensch hat Wesenszüge, für die ihn andere achten und lieben. Genauso sind Eigenschaften bei jedem vorhanden, die ihn weniger liebenswert machen, die sogar Ablehnung hervorrufen. Bei den eigenen Eltern hier eine Ausnahme in der Wahrnehmung zu machen, das ist eine irgendwie realitätsfremde Aufforderung.
Liebe Daisy,

(ich habe Deinen Beitrag für meine Antwort ein bisserl umgestellt.)

1. Auf das Schlagwort der "bedingungslosen Liebe" werde ich zunehmend allergisch. Wer von uns kann das schon ? Das setzt eine SEHR hohe menschliche Reife voraus. Es ist auch kaum mit der menschlichen Bedürftigkeit und Verletzlichkeit vereinbar. Ich persönlich erahne "bedingungslose Liebe" bei "Göttlichen Wesen" (Engeln oder wie immer man sie nennt) - kaum aber bei Menschen. Bedingungslose Liebe zu fordern ist ein Widerspruch in sich. Sie erleben zu dürfen, ist ein Geschenk - nichts, was man erleisten könnte. "Bedingungslose Liebe" ist für mich eine andere Beschreibung dafür, was auch "Erleuchtung" genannt wird. Und wer von uns hier ist schon "erleuchtet" ?

2. Ich kann (und will) nicht für Hrn. Hellinger sprechen - ich kann sagen, wie ich es erlebe :

Es sind für mich 2 völlig unterschiedliche Dinge, jemanden so zu sehen, wie er ist (mit all seinen Stärken und Schwächen - zB. auch mit seinen verletzenden Seiten) - und über ihn zu urteilen und sich durch die Beurteilung zu verstricken. Natürlich ist es wichtig, die Eltern so zu sehen, wie sie sind - bei ihnen auch nichts zu beschönigen und zu verniedlichen. Wie ich mit meinen Eltern umgehe, gehe ich in der Regel auch mit mir selbst und mit anderen Menschen um. Wenn ich sie bewerte, quäle ich in der Regel auch mich selbst mit Bewertungen - und auch meine menschliche Umgebung und meinen Partner.

Das Eltern-sein wird meiner Meinung nach enorm romantisiert. Deswegen, weil man mit einem anderen Menschen schläft und ein Kind entsteht (oft auch ungewollt) - deswegen wird man doch meist kein liebenswerterer und liebesfähigerer Mensch, oder ? Mir gefällt der Satz : "Von den Eltern bekommt man das Leben - alles darüber hinaus ist Luxus." Wenn ich die Eltern so zur Kenntnis nehme, wie sie sind, bin ich frei dafür, mein eigenes Leben zu gestalten. Die Zeit, die ich mit ihnen hadere und ihnen Vorwürfe mache, habe ich nicht für die Gestaltung meines Lebens zur Verfügung.

Meiner Meinung nach geht es nicht darum, die Eltern nicht zu kritisieren, sondern nicht in der Kritik hängen zu bleiben.

Wer mit seinen Eltern im Reinen ist, ist frei für das eigene Leben.

3. Erlebst Du das wirklich so ? Für mich entsteht Liebe durch die Begegnung mit dem Wesen eines Menschen, mit seinem Innersten - nicht daraus, ob ich Seiten von ihm angenehm finde. Ist es nicht oft so, dass jemand viele angenehme Eigenschaften hat - aber es entsteht keine Liebe. Und jemand anderer ist eigentlich gar nicht so angenehm - und plötzlich bricht Liebe auf (manchmal sogar regelrecht unerwünscht). Abgesehen davon, dass man besprechen müßte, was man unter "Liebe" versteht - aber sie richtet sich häufig gerade nicht nach Wesenszügen. (Deswegen ist es in der Regel auch völlig erfolglos, sich zu bemühen, "liebenswert" zu sein - um geliebt zu werden.)

Kannst Du damit etwas anfangen ?

Liebe Grüße, Reinhard
 
Liebe Daisy und die anderen die mich nicht verstehen möchten/können/wollen!!

Es geht nicht darum, Jemanden anzuschwärzen oder meine Eltern nieder zu machen, das ist nicht mein Ding.
Ich versuche es immer mit Liebe und ich kann viel Liebe geben.
Nur bei meinem Vater/meinen Eltern nicht 100%, dazu ist zuviel vorgefallen.
Und wie Walter schon anmerkte, mann kann auch Liebe über andere Personen erfahren. Und dies tu ich auch, sehr gute Freunde könne mehr sein als eine Familie und das ist dann eher meine Familie.

Und diese Aussage oder Frage von mir: Hat mein Vater mich geachtet, das ist die Quintesenz meiner Erfahrungen mit ihm und es ist bis heute nicht anders.
Er flippt auch heute ohne Grund komplett aus und ist cholerisch/agressiv und ich muss zeitweise aufpassen, das er mir heute nicht noch eine schlägt, wenn ich dort bin.
Und das alles nichts mit mir zu tun.
Das macht er im übrigen auch mit meinem jüngeren Bruder.

Es ist auch nicht so, das ich meinen Vater/meine Eltern komplett ablehne, sie haben auch ihre netten und guten Seiten an sich, nur dies alles ist in einem schweren Ungleichgewicht bei Ihnen.

Mir geht es lediglich darum, warum sie so sind, wie ich mich davon mehr abgrenze!
Gut ich weiß das es immer Gewalt in der Fam.gegeben hat mein Opa war sehr gewalttätig.
Und ich möchte dieses in der Familie durchbrechen, es geht alles viel besser mit liebe, und dies versuche ich und es klappt.

Selbst meine Therapeutin und eine Therapeutin einer Trauma-Ambulanz sagten mir, nur weil es ihre Eltern sind, müssen sie nicht bedingslos lieben, im Gegenteil, Gewalt rechtfertigt Nichts, rein garnichts!!!!!!und mir steht es zu, das ich mich ein bissel abwende.



Liebe Grüße Arielle37
 
Lieber Reinhard,

ich danke dir sehr für deine Zeilen. Besonders über Punkt 3 werde ich nachdenken. Es stimmt, dadurch erklärt sich so manche "unmögliche" Beziehung.

Ich habe mir deinen Beitrag soeben ausgedruckt, ich möchte den Inhalt gedanklich "bearbeiten". Du hast da so einen guten und sanften Zugang auf der Gefühlsebene.

Eines meiner Hauptprobleme ist meine Kopf-Lastigkeit. Die möchte ich gerne ablegen zugunsten tiefer empfundenen Erfahrungen. Ich weiß nicht, ob das machbar ist, aber ich strebe es an und versuche, mich mit meiner Blockade (das ist es ja) auseinander zu setzen.

von Walter
...sich durch die Beurteilung zu verstricken.

Das verstehe ich nicht ganz. Das impliziert ja, dass Verstrickungen eine willkürliche Angelegenheit sind. Ich dachte, dass Verstrickungen auf der Seelenebene passieren.

Ich werde aber dazu ein eigenes Thema schreiben, weil sich da viele Fragen auftun.


von Arielle
Mir geht es lediglich darum, warum sie so sind, wie ich mich davon mehr abgrenze!
Gut ich weiß das es immer Gewalt in der Fam.gegeben hat mein Opa war sehr gewalttätig.

Liebe Arielle,

ich glaube nicht, dass ich dich so falsch verstehe. Aber gibst du dir nicht schon die Antwort auf deine Frage selbst? (du willst wissen, warum es so ist, und weißt gleichzeitig von der Gewalt-Spur in deiner Herkunfsfamilie ...).

von Arielle
es geht alles viel besser mit liebe, und dies versuche ich und es klappt

Das denke ich auch. Du bemühst dich, deine Eltern verstehen zu wollen, das als solches ist schon ein Liebesbeweis.
Hast du eigentlich schon mit deinen Eltern gesprochen - und wissen sie, wie sehr dich ihr Verhalten verletzt?

LG
Daisy
 
Das (Verstrickung durch Beurteilung - Anm.) verstehe ich nicht ganz. Das impliziert ja, dass Verstrickungen eine willkürliche Angelegenheit sind. Ich dachte, dass Verstrickungen auf der Seelenebene passieren.
Ich erlebe es nicht so, dass Verstrickungen "passieren". Neben "willkürlich" und "schicksalshaft" gibt es auch noch andere Sichtweisen - man könnte es zB. "Entscheidungen der Seele" nennen.

LG, Reinhard
 
Liebe Daisy,
sie wissen es, habe sie damit konfrontiert, wieso, weshalb, warum??

ich bekam zur Antwort: Sie wären überfordert gewesen mit uns Kindern:
Dann fragte ich, wieso sie denn dann vier Kinder in die Welt setzen, wenn sie schon beim 2. Kind, das ich war/bin überfordert waren??

Meine Mutter sagte mir, dein Vater wollte es so. ich sagte, aber da gehören doch zwei zu und darüber muss man doch sprechen und das vorher!
Aber meine Eltern konnten und können sie bis heute nicht.

Und ich bekam zur Antwort, und jeder macht doch Fehler!
Wenn ich das nicht alles bald unterm Teppich kehren würde, dann möchten sie keinen Kontakt mehr, dann wollen sie mit mir nichts mehr zu tun haben wollen!
Ich hätte zwie Möglichkeiten, entweder zu sehen, das sie meine Eltern sind , oder das ich für sie gestorben bin, ich sei und undankbarer Mensch!
Das sind ihre Worte!
Mir war aber die Verbndung wegen meinem Sohn wichtig, das er auch Großeltern hat. ich pass auf auf ihn auf und schütze ihn gut.

In den letzen Tagen hab ich für mich festgestellt, das ich eh nichts ändern kann, nur eine Innere Distanz zu ihnen schaffen, das sie mich nicht noch mehr verletzen.

Nur mit Liebe kann ich selber etwas verändern, für mich und mich weit abgrenzen!!!!!


Liebe grüße Arielle37
 
Hallo Reinhard,

ich habe klare und vielleicht "harte" Worte geschrieben. Ja. und sie sind aus pragmatischen Gründen gerechtfertigt - auch wenn sie manchen hier nicht passen und als "Beleidigung" aufgefasst werden.

Hallo A.,

Hast Du die Andeutungen von Arielle im anderen Thread gelesen - was in der Familie vorgegangen ist ? Für mich wird dadurch Arielle's Haltung absolut nachvollziehbar.

Nein. Und ich denke, das ist gut so, dass ich die "Andeutungen" nicht gelesen habe. Gut für Sie und gut für mich. So bin ich von Ihren Interpretationen und Abwertungen dem Vater gegenüber noch nicht so beeinflusst.

Du weißt vermutlich genau, wie das ist, wenn da jemand zum Aufstellen oder in Therapie kommt und dir erst mal furchtbare Horrorgeschichten über die Eltern erzählt, um dich gegen sie einzunehmen und empört zu machen (und damit letztlich unbewusst für die Aufrechterhaltung des Problems zu mobilisieren).

Wer darauf eingeht und mitmacht, erweist dem, der da kommt m.E. einen schlechten Dienst. Meistens legen es solche "Helfer" dann auf eine sog. "therapeutische Beziehung" an, bei der sie dann die Eltern ersetzen und sich als "besser" für den Hilfesuchenden darstellen wollen. Ziel: eine schöne lange Abhängigkeit des Hilfesuchenden, an der der Helfende wunderbar Geld verdienen bzw. sich "gebraucht und wichtig fühlen" kann. Nebenbei scheint mir das ein Bedürfnis v.a. vieler "Laienhelfer" zu sein, oder?

Aber Vorsicht: irgendwann werden die so Geholfenen den Helfer ebenso behandeln wie die eigenen Eltern. Das ist dann ihre (möglicherweise legitime) Rache am "Helfer".

Grundsätzlich (nicht zu A.) : das mit dem die-Eltern-lieben kann leicht auf die falsche Schiene kommen. Meiner Meinung nach geht es niemals darum, die Eltern lieben zu MÜSSEN oder zu SOLLEN. Wenn keine Liebe da ist, ist keine da - Punkt. Die läßt sich nicht erzwingen.

Da stimme ich dir zu. Es geht nicht um ein quasi moralisches Postulat, das zu erfüllen wäre und an dem sich die "Guten" und die "Bösen" festmachen ließen.
Und es geht auch nicht um eine grundsätzliche Wertung (im moralischen Sinn) dessen, der da gefragt hat.

Allerdings ist es eine beobachtbare Naturgesetzmäßigkeit (und wer die Funktionen des individuellen und des systemischen Gewissens kennt, wird mir zustimmen), dass sich Menschen, die ihre Eltern nicht achten und schlecht machen und die nur auf das "Schlimme" schauen, wo sie meinen, ein Recht für einen Vorwurf gegenüber den Eltern zu haben, dies später auszugleichen suchen, indem sie es sich schlecht gehen lassen.

Ich habe beobachtet: wer den Eltern etwas vorwirft und etwas fordert über das Leben hinaus, der hat das Glück verspielt. Nicht aus moralischen Gründen sondern, der lässt das Glück hernach nicht mehr an sich heran. Das Gewissen gestattet das nicht mehr. Dummerweise funktioniert der Ausgleich durch Sühne nicht und so versuchen solche Menschen oft die Sühne durch den (mehr oder weniger bewussten) Selbstmord. Es gibt m.E. eine Ebene des Gewissens auf der eine solche Haltung gegenüber den Eltern, bei der sich das Kind größer macht und urteilt und Ansprüche stellt, mehr oder weniger mit der Todesstrafe geahndet wird.

Dabei geht es mir hier nicht darum, dass ich diesen Mechanismus gutheiße oder "dafür bin, dass das so sein soll". Er existiert einfach und man tut gut daran, ihn zu berücksichtigen, wenn man einen Anstoß geben will, der weiter bringt.

Zudem stimmt das meist doch nicht mit der angeblich nicht vorhandenen Liebe gegenüber den Eltern. Hinter den Vorwürfen - das dürfte dir auch schon begegnet sein, wenn du aufstellst - steckt meist eine riesengroße und bedingungslose Kinderliebe. Gerade deshalb dieses starke Bedürfnis, die Nichtachtung wieder auszugleichen.

Wer eine so fordernde und ansprüchliche Haltung gegenüber den Eltern hat, der hat sie nicht gegenüber sich selbst, sondern v.a. gegenüber anderen - Partnern und Helfern vor allem und natürlich dem Leben selbst. Und wenn man das zum Thema macht, dann wird man behandelt wie die Eltern (bzw. der verratene Elternteil).

Wenn ich also hier schroff und klar reagiere, dann verbünde ich mich mit dem, der am meisten schlecht gemacht wird (und zu dem im Untergrund am meisten Liebe besteht und spürbar wird). Ich tue so jemandem wie Arielle keinen Gefallen, wenn ich versuche, ihr besser zu begegnen, als ihr Vater ihr begegnet ist. Vordergründig wäre das für sie sicher angenehmer (und für mich zunächst auch, weil ich dann schön in die von mir oben beschriebene Schleife einsteigen könnte). Aber die Folgen derlei Handlungen habe ich oben beschrieben.

Jetzt ist sie böse auf mich und ich und sie sind frei. Jetzt ist sie auf die Eltern zurück geworfen und kann mich nciht als Ersatz her nehmen (und sich damit keinen Gefallen tun.

Dann geht es um eine Klarstellung, wie das mit den Eltern eben ist - dass man frei wird von der Vergangenheit und offen für neue Beziehungen.

Ja - das Anerkennen was ist, das ist der erste Schritt. Aber es fragt sich, was ist die heilsamere Perspektive? Was gilt es tatsächlich anzuerkennen? Wo liegt ein Anstoß? Wenn ich zulasse, dass sie immer mehr Ausgleich schuldet gegenüber den Eltern, weil ich sie gewinnen will, dann passiert das oben Genannte. Das macht für sie aber alles schlimmer, hilft also langfristig nicht.

Ich denke, es geht darum anzuerkennen, was sie (aus Sicht des systemischen Gewissens) den Eltern angetan hat mit den Ansprüchen und Vorwürfen. Und dann gilt es für ihren Teil - ohne den Vorwurf zu erheben - zu sagen: "Es tut mir leid". Oft werden dann die Väter weich wie Butter. Und dann kommt die Liebe zum Durchbruch (die auch dieser Vater - da bin ich sicher - für seine Tochter hat. Vaterliebe halt).

Dann muss man halt schauen, wo man sonst seine Liebesfähigkeit her bekommt.

Sie kommt nur und einzig und allein von den Eltern. Und dahinter steht die Liebesfähigkeit der Großeltern und anderen Vorfahren. Ich habe miterlebt, wie viel Liebe prügelnde Väter für ihre Töchter hatten. Und ich meine (so fremd es vielen klingen mag): das ist in so einem Fall oft mehr Liebe da als in anderen Fällen.

Du weißt, wie das ist mit den Fremdgefühlen? Und du kennst dich aus mit Verschiebung (einfacher und doppelter, im Objekt und im Subjekt)? Wie oft gelten Schläge, die die Tochter treffen, eigentliche der Mutter - und sind als Ausgleich berechtigt und verstehbar und wie oft geht es in solchen Fällen um Ausgleich für Schlimmes zwischen den Eltern...? Wer hier die Väter schnell verurteilt, hilft nicht mehr. Kennst du die Dynamiken: "Mama, für dich mache ich es gerne" oder: "Mama, ich trag' es für dich, aus Liebe und damit du mit dem Papa zusammen bleiben kannst"? Was wenn so etwas dahinter steht und wir haben uns empört und den Vater mit verteufelt? Dann leidet die Betroffene unnütz weiter und wir kommen nicht an den Kern und das was löst.

Worum es bezüglich der Liebe zwischen Kind und Eltern in FA's geht : wenn sie da ist und blockiert ist, dass sie wieder fließen kann.

Reinhard, sie ist da - immer. Vielleicht wird sie ausgeblendet. Ok - dann geht es darum sie in den Blick zu nehmen. Aber mit Mitmachen bei Vorwürfen und Ansprüchen wird man niemanden dazu bekommen, sie wahrzunehmen und wahrzuhaben. Oder?

A.
 
Die drei Zauberworte

Stell Dir die eigenen Eltern vor. So, wie sie miteinander im Moment vielleicht kurz vor oder nach Deiner Zeugung waren... :liebe1:

Alles was danach geschehen sein mag, spielt keine Rolle.

Und dann schau sie an, wie sie in diesem Moment sind, wo sie dein Leben gespendet haben. Sie dir bewusst, wie groß sie sind und wie klein du noch bist und sage das erste Wort:

"BITTE"

Dann kommt der nächste Schritt: Vergegenwärtige Dir, was du alles von deinen Eltern geschenkt bekommen hast - wirklich ALLES. Mach eine schriftliche Liste davon! Schreib alles auf und beginne damit, dass sie dir das Leben geschenkt haben, das ganze Leben! Schreib wirklich ALLES auf! Lass dir dafür vielleicht sogar ein paar Tage Zeit und vervollständige die Liste immer weiter.

Und dann nimm die Liste und lies sie durch und stell dir dabei die Eltern wieder vor, wie oben und dann sag Ihnen:

"DANKE!"

(Manchen hilft hier, den Eltern tatsächlich einen Dankesbrief zu schreiben und ihn abzuschicken - ganz ohne Ansprüche.)

Und dann kommt der schwerste Schritt der Übung: schau sie nach einer Weile an wie sie sind und schau zurück auf dein Leben mit ihnen. Und was immer passiert ist, sag zu ihnen aus tiefstem Herzen:

"JA!" :banane: :kuss1:
 
Hallo A.,

du engagierst dich außerordentlich für den Stellenwert, den die Liebe der Kinder zu den Eltern hat bzw. haben soll. Das ehrt dich.

Aus dieser absoluten Sichtweise heraus stellt es sich für mich so dar, dass die Elternschaft quasi ein Freibrief ist, sämtliche Fehler auf Kosten der Kinder machen zu dürfen. Ich sage das jetzt nicht nur als Tochter meiner Eltern, sondern gleichzeitig als Mutter meiner Kinder. Ich habe einen schweren Fehler gemacht, und ich quäle, ja quäle mich seit Jahren mit Selbstvorwürfen, weil ich eben weiß, dass es ein vermeidbarer Fehler war. Natürlich ist damit niemandem geholfen, dessen bin ich mir schon bewusst. Aber ich kann mir das nicht so einfach verzeihen. Aus deinem Aspekt heraus betrachtet, könnte ich mich aber im übertragenen Sinne bequem zurücklehnen , da mir meine Kinder ja keinen Vorwurf machen dürfen und mich bedingungslos lieben sollen. Das Eingeständnis von Schuld ist also gar nicht angebracht - oder???

Noch ein Beispiel aus der Praxis, es würde mich interessieren, wie du das siehst:
Als meine jüngste Tochter 6 Jahre alt war, ist es ihr passiert, dass sie im Spieleifer vergessen hat, auf die Toilette zu gehen. Bevor ich eingreifen konnte, hatte mein Mann sie so verdroschen, dass sie noch tagelang rote Striemen hatte. Er sagte zu mir, dass das (also das Einnässen) ein Ergebnis meiner laschen Erziehung sei.
Ein plakatives Beispiel für die von dir angesprochene Verschiebung --> die Schläge hatten eindeutig mir gegolten.
Meine Tochter ist jetzt 12 Jahre, aber dieser Vorfall hat sich bei ihr eingebrannt, es hat sie gedemütigt und verletzt. Wie alt muss sie werden, um sagen zu können "liebe Mama, ich habe es für dich getan"??

Die Vorgehensweise, die du vorschlägst, beinhaltet für mich: "es kann nicht sein was nicht sein darf". Ein Appell an das Verdrängen von zT wirklich krassen Mißständen, die ein Kind nicht verdient hat. Den ganzen Ebenen der Emotionen wie Wut und Trauer wird kein Raum gegeben. In der Regel sucht man erst als Erwachsener, oft auch schon im fortgeschrittenen Alter, eine Lösung für angestaute Probleme, zB bei einer FA.
Ich will damit sagen, dass sehr viel Leid nicht sein müsste, wenn Eltern sich nicht auf die Unfehlbarkeit und oft auch Selbstherrlichkeit ihrer Elternschaft berufen würden und - ganz pragmatisch - auch der ehrlichen Selbstkritik einen Platz geben würden. Ich glaube, dann könnte die Liebe, die eigentlich jeder sucht, auch leichter fließen.:)

LG
Daisy
 
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