Was ist Ego daran, wenn ich leide? Das habe ich noch nie verstanden. Sobald Leid eintritt ist da irgendwas nicht richtig dran, das darf nicht sein, da muss das Ego im Spiel sein. Und den nächsten Schluss daraus habe ich auch noch nie kapiert: aha, ich leide, also ist was nicht richtig mit mir, ich muss also da irgendwie dran wachsen, immer dran bleiben, weiterarbeiten, Lehren aus dem Leid ziehen, höher steigen - ich leide ja nur, weil ich mein Ego noch nicht durchschaut habe, sonst würde ich ja nicht leiden - und der ganze Sermon, der in der spirituellen Denkweise so drin steckt. So im Sinne von: das wahre Sein ist ohne Leid, also, wenn Du leidest, dann hast Du es noch nicht richtig kapiert.
Da sah ich neulich auf der Straße ein überfahrenes Tier, es war fast total zerfetzt, ich konnte nicht richtig erkennen, was es ist. Was wirklihc grausig war an dem Anblick war, das es noch lebte, der Oberkörper zuckte und wand sich noch. Ich weiß, das ist ein krasser Vergleich. Aber ich finde er zeigt doch sehr gut, wie das Sein auch sein kann: Du wirst halb zerfetzt und windest Dich im Todeskampf. Was denkst Du, was in Deinem Geist dann ist?
Hast Du schon ein Mal Todesangst erlebt? Und wenn ja, weißt Du noch, wie es Dir dabei ging - ich meine jetzt, ohne das zu verklären, ohne es in einen Denkzusammenhang zu bringen mit Deinem momentanen Zustand, der ja sehr ausgeglichen zu sein scheint. Es ist ja immer leicht, wenn es einem gut geht, wenn der Körper funktioniert, wenn keine Schmerzen, kein Leiden da sind, von Lernaufgaben und vom Ego zu sprechen. Ich weiß es nicht. Alles was ich weiß ist, dass es keine Ego-Frage ist, ob ich leide oder nicht. Wenn ich leide, dann ist das so. Nachher, wenn er mir wieder besser geht, dann kann ich viel denken, was mir das Leid sagen wollte, wie unvollkommen ich noch bin, woran ich arbeiten muss usw. Das hat dann etwas mit dem Moment zu tun, den ich gerade erlebe. Je nachdem, oder?