Einige Methoden des Brahmacharya
Da die Sinneslust verschiedene Quellen hat, aus denen sie gespeist wird, die Sinne, die Psyche und den Verstand, sollte die Praxis des Brahmacharya von verschiedenen Ebenen aus erfolgen. Sri Krishna rät Arjuna in der Bhagavad Gita zuallererst die Sinne zu kontrollieren: Darum solltest du zuerst deine Sinne kontrollieren und diesen Feind, den Zerstörer des Wissens und der Selbstverwirklichung, zu besiegen. Um nicht in Versuchung zu geraten, sollte man Leute, Plätze, Tätigkeiten und Situationen meiden, die lüsterne Gedanken anregen könnten. In der spirituellen Kriegsführung, ist der Flug über diesen tödlichen Feind, die Sinneslust, die beste Möglichkeit, ihn zu besiegen. Seien wir also nie zu selbstbewusst. Wir sollten die Sinneslust niemals unterschätzen.
Einige Beschränkungen in der Ernährung, können außerdem helfen, die Anziehungskraft der turbulenten Sinne, zu vermindern. Mahatma Gandhi praktizierte verschieden Diäten und war der Meinung, daß gelegentliches Fasten hilft, die Sinneslust zu überwinden. Die Kontrolle des Gaumens wird häufig unterschätzt und oft nicht so praktiziert, wie sie sein sollte. Dann gibt es einige Yogaübungen, die, obwohl sie sehr wirkungsvoll sind, den Nachteil haben, das sie das Körperbewusstsein, und damit die Sinneslust, fördern. Man sollte also prüfen, ob die eine oder andere Yogaübung der eigenen spirituellen Entwicklung im Wege steht.
Wie wir wissen, befürwortete Sri Ramakrishna keine Yogaübungen. Er riet sogar seinem Schüler
Yogen, der sich auch Yogindra und später Swami Yogananda nannte, davon ab, Yogaübungen zu praktizieren. (Swami Yogananda sollte nicht mit dem später berühmten Yogi Paramahansa Yogananda verwechselt werden, denn der wurde erst 1893, sieben Jahre nach Ramakrishna's Tod, geboren. Der Yogananda, von dem hier die Rede ist, ist ein Schüler Ramakrishnas, der bereits 1861 geboren wurde. Er war ein reicher Aristokrat, seiner Natur nach vornehm und zurückhaltend, und der erste Schüler, der von Ramakrishnas Frau Sarada Devi initiert wurde. Unter der Initiation versteht man die vollständige Aufnahme des Schülers durch den/die Meister/in) Stattdessen empfahl er Yogen die Mantrameditation, von der dieser schon sehr bald profitierte. Ramakrishna bat andere seiner Schüler, über die göttliche Mutter Kali zu meditieren, bevor sie einschliefen. Er riet seinen Schüler Latu, an ihn selber zu denken, falls unreine Gedanken in ihm aufstiegen. Alle diese Techniken haben im allgemeinen den Sinn, sich mit dem Göttlichen zu vereinen. (Anmerkung: Dem kann ich nicht zustimmen. Um Yoga zu praktizieren, bedarf es keiner religiösen Orientierung, auch wenn Ramakrishna dieses selbstverständlich anders sah.)
Es soll daran erinnert werden, dass die Sinneslust nicht außerhalb unseres Körpers stattfindet. Sie findet in unserer Psyche statt. Folglich ist es wichtig, unsere Einstellung dem anderen Geschlecht gegenüber zu überprüfen. Seinem Schüler Swami Vijnanananda gab Sri Ramakrishna die Empfehlung, den Kontakt mit Frauen gänzlich zu vermeiden. Anderen erklärte er, Frauen als die Verkörperung der göttlichen Mutter zu betrachten. Im indischen Epos Ramayana, sagt Narada in seiner Hymne an Sri Rama, dass alle Männer Gott Rama verkörpern und alle Frauen die Göttin Sita. Diese Haltung ist sehr hilfreich, wenn wir unser lüsternes Schauen auf das andere Geschlecht verändern wollen. Die Lösung des Problems liegt vielleicht darin, die anderen als sexlose, reine und selige Seelen, und nicht als männliche und weibliche Körper, zu betrachten. Leider ist es nicht so einfach und erfordert ein beharrliches und ausdauerndes Bemühen.
Diese sind einige der Methoden die in der Praxis des Brahmacharya angewendet werden. Anpassungen und Veränderungen sollten entsprechend dem Individuum und seinen speziellen Lebensumständen vorgenommen werden. So hat Ramakrishna verheirateten Leuten empfohlen, als Brüder und Schwestern zu leben, nachdem sie ein oder zwei Kinder gezeugt haben. Er wußte, daß nicht alle Menschen in der Lage sind, vollkommenes Brahmacharya zu praktizieren. Deshalb machte er für Verheiratete einige Zugeständnisse. Es gibt ähnliche Regeln, in allen Religionen, die das Sexualleben der verheirateten Verehrer regelt. Das Befolgen dieser Regeln ist weitaus wichtiger, als das Gelübte des absoluten Brahmacharya, das nur von den Mönchen eingehalten werden sollte. Es ermuntert, zu sehen, dass viele verheiratete Paare, angespornt durch das Vorbild Ramakrishnas und seiner Frau Sarada Devi versuchen, Brahmacharya bereits in der Ehe zu praktizieren und sich bemühen, das Sakrament der Ehe, in einen heiligen Stand zu erheben.
Bisherige Artikel zu dieser Serie: Brahmacharya, die Tugend der Enthaltsamkeit
Brahmacharya in den verschiedenen Religionen I
Brahmacharya in den verschiedenen Religionen II
Brahmacharya geht über Indiens Grenzen hinaus
Der Sufismus
Ramakrishna und seine Frau Sarada Devi
Sexualität und Advaita-Vedante
Die Sinneslust aus der Sicht verschiedener Philosophien
Ist die sexuelle Lust die höchste Lust?
Brahmacharya aus der Sicht des Ayurveda I
Brahmacharya aus der Sicht des Ayurveda II
Brahmacharya aus der Sicht des Ayurveda III
Bedeutet Brahmacharya Unterdrückung der Sexualität?
Die Serie
Ramakrishna und Brahmacharya - Teil I bis IV
Ausserdem möchte ich auf die beiden Artikel von Yogi32 über den Bestsellerautor Napoleon Hill (Denke nach und werde reich -
Think and grow rich) aufmerksam machen:
Transformation der Sexualkraft I
Transformation der Sexualkraft II
Quelle:
Brahmacharya
Fortsetzung folgt.