Etwas confused war ich von der Aussage, das Leben nach dem Tod hätte vermutlich keine Auswirkungen auf unser Leben im Hier und Jetzt. Der Meinung bin ich allerdings ganz und gar nicht.
Nach meinem Dafürhalten kommt zunächst der Charakter eines Menschen zum Tragen. Der Charakter entscheidet, ob ich mich so oder so verhalte. Dann erst, je nach dem, - wenn überhaupt - wird die eine oder die andere Weltanschauung darübergelegt.
Wenn ein Mensch sich ein Weltbild zurechtlegt, dann wird er das so tun, dass er sich damit nicht selbst im Weg steht. Er tut es also seinem Charakter und seinen Bedürfnissen entsprechend.
Deshalb sage ich, dass die Weltanschauung eine Begleiterscheinung des Charakteres ist. Sie wirkt insofern nicht zuerst, zuerst ist der Charakter da.
Wenn wir uns unsere (westliche, andere kenne ich nicht so gut) Gesellschaft mal ansehen, dann wird deutlich, dass sich das Verhalten immer weiter weg von Ehren- oder Moralkodexen (verflixt, wie ist nur der Plural von Kodex?!) bewegt, seien es jetzt christliche Werte, die den Bach 'runter gehen oder einfach menschliche...
Man muß hier unterscheiden. Die Kirchen haben die Menschen Jahrhunderte hindurch unterdrückt. Wenn Menschen künstlich und vermittels der Drohung mit Vergeltung im Jenseits zur Moral gezwungen werden, dann hat das folgen. die Folge ist, nach dem Wegfall dieses Zwanges, die Unmoral.
Die Unmoral birgt jedoch ein Selbstregulativ. Da der Mensch ein geistiges Wesen ist, wird er durch die Befriedigung seiner Sinne allein niemals glücklich sein können. Das kommt in der sich steigernden Gier zum Ausdruck.
Dadurch kommt es irgendwann zum "Super Gau". Dieser stellt den Menschen vor die Wahl entweder unglücklich zu bleibeiben oder umzukehren.
"Zwei seelen wohnen ach in meiner Brust, die eine will sich von der andern trennen, die eine hält in derber Liebeslust sich an die Welt mit klammernden Organen, die andere hebt gewaltsam sich von Dunst in die Gefilde hoher Ahnen"
Diese Umkehr besitzt aber nun den Reichtum der Erfahrung. Dieser Reichtum an Erfahrung ist durch nichts zu ersetzen und aus ihm alleine entsteht die wahre Menschlichkeit und sie ist Voraussetzung einer echten Geistigkeit.
Die schönsten Blumen haben ihre Wurzeln in der Erde. Ohne den Schmutz der Erde kann nichts wachsen. Der sich steigernde Egoismus ist ein sicheres Zeichen für das bald einsetzende geistige Wachstum.
Goethe sagt im Faust "Wenn das Bäumchen Grünt, so weis der Gärtner doch, dass Blüt und Frucht die künftgen Jahre zieren"
Solches Verhalten ist aber nur dadurch möglich, dass 98% der Menschen an kein Leben nach dem Tode glauben.
Wenn alleine die Furcht vor der Vergeltung nach dem Tod der Grund für Selbstlosigkeit sein soll, dann ist das nicht Selbstlosigkeit sondern Furcht.
Was aber, wenn es DOCH noch weitergeht? Was, wenn man sich mit seinen Handlungen hier und heute tatsächlich die Welt kreiert, in der man "danach" leben wird? Was, wenn alle die, die sich so üppig am Buffet des Lebens bedient haben, irgendwann auch die Rechnung dafür zahlen müssen? Was, wenn die Waagschale sich tatsächlich von allein wieder ins Gleichgewicht pendelt, wenn übermäßiges Nehmen auf Kosten anderer durch übermäßiges Geben in der anderen Welt ausgeglichen werden müsste?
Nein so sehe ich das nicht.
Im Jenseits gibt es keine Möglichkeit seine Sinne zu befriedigen. Alles was sich als Sucht in unsere Seele gegraben hat nehmen wir mit. Das ist dann wie ein Entzug und kann sehr schmerzhaft sein (Die Katholiken sagen dazu Fegefeuer)
Da der Mensch sich im Tod wieder als geistiges Wesen begreift, bereut er alles, wodurch er seine Geistigkeit verletzt hat, wenn er auf sein Leben zurückblickt. (Die Kirche nennt es das Jüngste Gericht, ohne zu wissen, was damit gemeint ist.) Die Äggypter glaubten, dass die Seele mit einer Ferder(Geist) aufgewogen werde.
Unser Leben selbst birgt schon die Strafe für unsere Taten, denn
Wie man in den Wald hineinruft, so hallt es zurück.
Jakob Böhme sagt dazu "Zorn Gottes" obwohl Gott nicht zornig ist, sondern wir sehen ihn nur von der falschen Seite und verletzen uns selbst an unumstößlichen Gesetzen.
Gruß Willibald