Was ich echt erschreckend finde, allerdings schon seit langem und viele Themen betreffend, ist die Weltfremdheit von Politik und Medien. Es wird nur durch die Kölner Vorfälle noch mal so richtig offensichtlich.
Gutes Beispiel ist m.A.n. etwa dieser Artikel:
Neue Dimension der Empörung
In Berichten über die sexuellen Übergriffe während der Silvesternacht in Köln wird die Herkunft der Straftäter offensiv benannt. Was soll das?
http://www.taz.de/!5263129/
Und da kommt dann ne lange Argumentation, dass es doch mal sowas wie gute Sitte gewesen sei die Herkunftsländer der Täter nicht zu nennen da das irrelevant sei. Das Problem dabei ist: Es gibt sicherlich viele Fälle in denen das zutreffend ist. Es gibt allerdings sicherlich auch Fälle in denen das so nicht stimmt. Vollkommen unabhängig von der rein intellektuellen Argumentation darüber ist aber: Es ist einfach total weltfremd überhaupt so zu argumentieren. Denn stellen wir uns mal vor, die Medien würden sich komplett daran halten. In Köln ist geschehen was eben geschehen ist und die Medien würden auch darüber berichten, die Herkunft der Täter aber verschweigen und eben einfach Formulierungen benutzen wie "In der Silvesternacht haben hunderte junge Männer Frauen attackiert (...)".
Was wäre da die Folge? Die sozialen Netzwerke würden da ja nicht mitmachen sondern umso mehr dagegenhalten. Die Menschen kämen sich (m.A.n. zu Recht) total verarscht vor und die Wellen würden noch weit höher schlagen als sowieso schon.
Und wenn man dann Zeilen (aus dem oben verlinkten Artikel) liest:
Denn was wäre anders gewesen, wenn es sich bei den Tätern nicht um „nordafrikanische“, sondern um urdeutsche Männer gehandelt hätte? Für die betroffenen Frauen nicht viel.
Aber die öffentliche Reaktion wäre anders ausgefallen. Viele hätten den betroffenen Frauen nicht geglaubt, den Vorfall bagatellisiert oder ignoriert oder gar den Frauen selbst die Schuld gegeben. Diejenigen, die den Vorfall tiefer gehängt hätten, sind die gleichen, die jetzt besonders empört tun.
Ist aber nicht genau das in Köln und den Tagen danach geschehen? Es gibt Zeugenaussagen das Polizisten nicht wirklich reagierten wenn ihnen noch in der Nacht von Opfern von der Situation erzählt wurde - weil sie offenbar die Dimension nicht erkannten. Und während die sozialen Netzwerke anfingen zu kochen und lokale Zeitungen schon berichteten hielten sich die bundesweiten Medien tagelang zurück. Das ZDF-Beispiel ist besonders extrem die selbst am Montag-Abend kein Wort dazu brachten. Und was geschieht jetzt? Die Berichterstattung schlägt zumindest zu einem nicht besonders kleinen Teil schon wieder in die übliche "Idioten-Bildungs-Maschinerie" um... in die ganzen pseudo-intellektuellen Warnungen vor Rassismus. In der Sache ist das ja nicht falsch, aber selbst ich, und ich bin pro-asyl und in vielerlei Hinsicht deutlich links, bin schon seit langem von diesem herablassendem Tonfall genervt. Medien sollen ganz simpel berichten was geschieht. Die haben keinen Bildungsauftrag und erst Recht haben sie keinen "Verschweige-Auftrag".
Es gibt heute jede Menge Artikel die schon wieder super-intellektuell aufklären wollen wie das moralisch alles laufen sollte. Im Grunde sind das nichts anderes als Argumentations-Hilfen die da in die Welt geblasen werden damit auch jedem der politisch unkorrekt seine Wut formuliert mindestens 2 gegenüber stehen die ihm dann mit einer Menge blabla die Grenzen aufzeigen können. Und das ist von der Art her oft sehr manipulativ. Etwa wenn es um die berühmten Tabus geht. In vielen Artikeln wird etwa diese Argumentationslinie benutzt, und das nicht erst seit Köln:
Hinter dem vermeintlichen Tabu offenbart sich die eigentliche Frage: In welcher Gesellschaft leben wir eigentlich? Stimmt es, dass Männlichkeitsideale nicht kritisch diskutiert, dass Wahrheiten zensiert werden? Die Überhöhung legitimiert scheinbar die Unterstellung. Die Angst wird postuliert, um sie zu widerlegen. Das Tabu konstruiert, um es zu brechen. Die Unterstellung dient dann vor allem einem: der Abgrenzung. Aber sie verhindert die Auseinandersetzung mit den tatsächlichen Problemen und Ängsten.
http://www.spiegel.de/kultur/gesell...er-angriffe-fuehrt-in-die-irre-a-1070713.html
Das hört sich richtig klug an, stimmts? Was ist die Aussage? Nichts anderes, als das ein Tabu konstruiert wird, das eigentlich gar nicht existiert - um es dann zu brechen um sich selbst aufzuspielen. Diese Grundprämisse ist aber schon falsch. Denn das Tabu muss doch existieren wenn solche Artikel notwendig sind. Das Tabu muss doch existieren wenn die allermeisten Medien Tage brauchen um überhaupt mal Artikel abzuliefern, die Polizei lieber von "ausgelassener Stimmung" und "friedlichem Feiern" spricht anstatt klar zu sagen was passiert ist. Das Tabu muss doch existieren wenn so viele Menschen das Gefühl haben sich auf die Zunge beißen zu müssen um nicht nach rechts geschoben zu werden. Und genau das passiert ja auch nicht so selten.
Diese Argumentationslinie findet man immer wieder. Eine andere ist übrigens, dass viele die deutliche Medienkritik üben, den Begriff "Lügenpresse" aber schon deshalb nicht benutzen weil sie auf keinen Fall mit Pegida assoziiert werden möchten da sie dort auch nicht hingehören (wie etwa ich) dann trotzdem damit konfrontiert werden. Auf Medienkritik folgt dann zum Teil von einzelnen Personen, aber ich habe diese "Argumentation" auch schon in den Mainstream-Medien gelesen eine Art "Aha, da kommt also einer mit der Lügenpresse-Argumentation" um genau diese Verbindung eben doch herzustellen. Während einerseits oft weltfremde und pseudo-intellektuelle Artikel geschrieben werden um Differenzierungen anzumahnen werden dann wieder Differenzierungen aufzuheben um Menschen dann doch nach rechts verorten zu können. Und diese Argumentation wird von vielen übernommen. Man findet sie auch hier im Forum. Ich wurde selbst schon damit konfrontiert, was kein Problem ist weil ich weiß wo ich stehe und das auch deutlich sagen kann. Aber gesellschaftlich ist das eine Dynamik die wirklich verrückt ist. Warum? Weil diese Überintellektualisierung, die zum Teil schon richtig manipulativ und hintenrum ist, genau zum Gegenteil führt.
Man kann das ziemlich verdichten, es fast schon auf ne Art psychologische Formel bringen: Druck erzeugt Gegendruck. Konkreter meine ich damit: Wenn man jemandem mit mehr oder weniger subtiler Herablassung erklärt wie er zu denken hat, zu sprechen und zu argumentieren, damit er sich moralisch/politisch/gesellschaftlich nicht an den Rand gestellt sieht, wird die Reaktion in vielen Fällen eben Gegendruck sein. Und der baut sich über Zeit auf und entlädt sich irgendwann. Ich bin absolut davon überzeugt dass Pegida auch eine Reaktion DARAUF ist... Das ist zum großen Teil Wut auf die Politik und die Medien und auf sehr viele Themen bezogen (u.a. auch Finanzkrise etc.). Wer kriegt es dann aber ab? Genau jene die zu schützen vorgegeben wird. Flüchtlinge.
Und anstatt dass das mal gelernt wird... wird es einfach immer nur weiter falsch gemacht. Die Folge ist das Resultat, das wird m.A.n. schon seit einiger Zeit in vielerlei Hinsicht erkennen können: Politik und Medien leben in einer anderen Welt. Das ist zum großen Teil nur noch Gewäsch. Diese Zeilen machen es ganz gut deutlich:
Kölns Polizeipräsident Wolfgang Albers betont, es gebe in Köln keinen rechtsfreien Raum. Das klingt, als würde er jemandem widersprechen. Und es klingt nach Kraft und Stärke. Doch hat überhaupt jemand behauptet, in Köln gebe es rechtsfreie Räume?
Das sind zwei Zeilen und die machen im Grunde alles klar. Albers sagt, es gebe in Köln keinen rechtsfreien Raum. Ist das korrekt? Mindestens für die Silvesternacht ist das falsch. Werden die Täter davonkommen? Die allermeisten, wenn nicht sogar alle. Und der Spiegel wiederum kritisiert ihn nicht für diese falsche Aussage, die mit der Realität der betreffenden Nacht nun mal gar nichts zu tun hat. Der setzt noch oben drauf, dass doch überhaupt niemand behaupten würde es gäbe rechtsfreie Räume... Das ist ein einziger Eiertanz! Es ist als ob jemand behauptet 1 + 1 = 3 und ich sage dann: Nee nee... das geht noch falscher! 1 + 1 = 2384428
