Mich hat die Geschichte sonderbarerweise immer kalt gelassen, bzw hat mich die Auslegung der RKK, dass Jesus auch für mich gestorben sei, ziemlich wütend gemacht.
Ja, wegen deines kämpferischen und unabhängigen Geistes, kann ich das sehr gut nachvollziehen und ist mir recht, denn bei mir ist das nicht anders und ich bin ebenfalls deshalb und aus noch vielen weiteren Gründen aus der RKK schon vor langer Zeit ausgetreten. – Religion gerne, aber eine, die das Selbstbewusstsein respektiert und fördert und nicht zum Kleinkind machen will!
Rudolf Steiner unterscheidet die Zeit vor und ab Christus qualitativ so: Vor der Zeitenwende sei noch das alte hellseherische Bewusstsein ohne das Ich Bin gewesen, d. h. ohne das Selbstbewusstsein, sich als ein eigenes Ich zu erkennen; nach der Wende heißt es im Johannes-Evangelium dafür: Ich bin der Weg und die Wahrheit! – Mit normaler Betonung, klingt das ganz fürchterlich für den freien Menschen, hypnotisches Teufelswerk ist das, dem nicht nur die RKK unterliegt. Anthroposophie lehrt, die Betonung aber auf das Ich Bin zu legen, denn dann verlegt sich die Bedeutung weg von einem großen, imperial wirkenden Gott, der nichts anderes will, als angebetet zu werden, auf die Individualität des jeweils Lesenden oder Zuhörenden und fühlt sich angesprochen. Man muss es dann anders schreiben: Das Ich Bin ist der Weg und die Wahrheit! -
Steiner fasst es in kurze, paradigmatische Sätze zusammen: „Die Erde ist dazu da, dem Menschen das volle Selbstbewusstsein, das ‚Ich bin’ zu geben. Vorher war alles nur Vorbereitung zu diesem Selbstbewusstsein, zum ‚Ich bin’; und der Christus war derjenige, der den Impuls gibt, dass die Menschen alle – jeder als einzelnes Wesen – empfinden können das ‚Ich bin’“.
Rudolf Steiner, Das Johannesevangelium, Kapitel 4, Gruppenseele - Einzel-Ich