Cool find ich auch den Brauch bei den Aborigines, sich selber je nach Lebensphase einen Namen zu verleihen. Das ist dann so eine Art Selbsttaufe, ohne Wasser, ohne religiösen Hintergrund, man braucht nur den anderen zu sagen, ab heute will ich so und so genannt werden.
Und das wird dann gefeiert.
Das wird doch auch bei uns noch im privaten Bereich häufig praktiziert. Ich wurde zum Beispiel über eine sehr lange Zeit mit einem anderen Vornamen gerufen, als eigentlich im Personenstandsregister steht.
Mit zunehmendem Alter bekam ich dann damit ständige Probleme in meinem Alltag. Irgendwie hatte ich dann oft so das Gefühl eine gespaltene Persönlichkeit zu sein, weil sich das Persönliche oft vom Gesellschaftlichen nicht mehr trennen ließ.
Ich hatte häufig die misstrauischen Blicke gesehen, wenn ein Gegenüber plötzlich mit einem ganz anderen Vornamen konfrontiert wurde („... was mag der sonst noch alles verbergen?“). Als ich dann damit begann meine eigentlichen Namen vorsichtig durchzusetzen, stieß ich bei anderen wiederum auf Unverständnis.
Dieser Schatten mit dem anderen Namen taucht dann immer wieder auf, wenn ich mit der näheren Verwandtschaft zusammenkomme. So werde ich ihn nicht mehr los und sperre ihn, im Keller meines Seelenhauses ein. Meine Erfahrung daraus ist, dass der Name eines Menschen eben nicht aus Schall und Rauch besteht.
Wir sollten bei alledem nicht vergessen, dass der Vorname auch in anderen Kulturen unabhängig von der Taufe vergeben wird. Jesus erhielt ja seinen Namen auch nicht erst durch die Taufe. Mit dem Vornamen wurde früher dem Säugling zudem eine Botschaft mit auf den Weg gegeben, der uns heute meist nicht mehr geläufig ist.
Der verbindliche Vorname ist heute keine Sache der Kirche mehr, sondern der Standesämter. So wie ich sehen kann, haben inzwischen auch die Aborigines einen geläufigen Vor- und Familiennamen (z. B. der Schriftsteller David Unaiopon).
Merlin