Das arme Heidenkind

wolkenflug

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9. Oktober 2007
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Das arme Heidenkind…

Vor vielen Jahren schon hatte ich meinen eigenen – schamanischen- Weg gefunden und beschloss, aus der Kirche auszutreten. Mein Mann folgte mir und trat ebenfalls aus der Kirche aus.
Dann bekamen wir einen Sohn. Wir beschlossen, eine Naturtaufe an der Ybbs zu machen, stellten ihn den Flussgeistern und Berggeistern vor, warfen Rosenblüten ins Wasser der Ybbs, räucherten und lasen Gedichte für den kleinen Jungen vor.

Als einige Zeit vergangen war, fragten unsere Eltern und Großeltern, wann denn das arme Kind nun kirchlich getauft werden würde?
Als wir bekannt gaben, dass es keine kirchliche Taufe geben würde, brach Unfrieden aus in der Familie, es wurde darauf hingewiesen, dass in einem so kleinen Dorf das Kind zum Außenseiter werden würde, und die Oma drohte damit, den Pfarrer ins Haus zu schicken, wenn wir das arme Kind nicht in die Kirche bringen.
Auf meine Frage, warum ein Kind kirchlich getauft sein MUSS, antwortete man mir: „Das gehört sich so, was sagen denn da die Leute!“
Auch in der Schule würde das arme Heidenkind Probleme bekommen, es dürfte dann ja als einziges Kind nicht an der Erstkommunion teilnehmen, und im Unterrichtsfach „Religion“ (das eigentlich „Katholisch-Unterricht“ heißen sollte, weil andere Religionen völlig unbeachtet bleiben) müsste es mangels Ethik-Unterricht mit den „Ausländerkindern“ in eine andere Klasse gehen.
Außerdem war aus dem Kirchenrat durchgesickert, dass der arme Junge der EINZIGE im Ort wäre, der sein gesticktes Taufband noch nicht abgeholt hätte.
Also ließen wir uns nach langer Debatte breitschlagen, und wir fragten einen Pfarrer der mit uns verwandt ist, und der uns recht symphatisch erschien, ob er unser Kind taufen würde, auch wenn wir aus der Kirche ausgetreten sind- und wir erläuterten ihm die Umstände.
Dieser Pfarrer (aus Oberösterreich kommend) war sehr nett, er spielte einen Nachmittag lang mit unserem Sohn, fütterte ihn und trug ihn herum, unterhielt sich mit dem Jungen und versicherte uns dann, dass er ihn sehr gerne taufen würde. Die Taufpatin sei ja zudem Mitglied in der Kirche, es sei also kein Problem.
Er würde uns die Papiere schicken, und dann könnten wir das Datum schon festlegen für die Taufe.

Wir schrieben also Fürbitten auf, suchten Musikstücke aus, die wir bei der Taufe spielen wollten, verschickten Einladungen an die Verwandten, die nun froh waren, dass alles ein gutes Ende nehmen sollte. Die Taufpatin hatte schon eine Taufkerze besorgt mit dem Namen des Kindes darauf, und ein Restaurant für die Feier danach war ausgesucht.
Blieb nur noch, dem Pfarrer im Ort Bescheid zu sagen, damit wir die Tauf-Erlaubnis für den anderen Pfarrer bekamen, dieser schickte uns die Unterlagen, die unser Pfarrer nur noch stempeln brauchte.

Und daran sollte es dann scheitern.
Denn der ortsansässige Pfarrer verweigerte die Tauf-Erlaubnis. Zitat: "Nur wenn mindestens ein Elternteil wieder in die Kirche eintreten würde, könne er unser Kind taufen lassen. Schließlich sei das wichtig, damit wir uns in die Kirchengemeinschaft integrieren"…

So kam es, dass das kleine Kind ein Heidenkind blieb, und die Kirche um ein Schäfchen ärmer war.
 
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hi

das kenne ich nur allzugut! mein sohn ist 8 monate und ich wohne auch in einem sehr kleinen dorf. er ist nicht getauft und wird es auch nicht werden. sicher sprechen mich viele leute darauf an, wie arm den ein heidenkind ist, aber ich finde es nicht besonders gut einem kleinen baby eine religion oder besser gesagt konfession aufzuzwingen die es viell. ja gar nicht mag. bin selber schon lange aus der kirche ausgetreten. und meinem kleinen heidenkind geht es trotzdem auch ohne taufe gut.

lg nika
 
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Ein getaufter Vergewaltiger hat Anrecht aufs Paradies, denn der Gekreuzigte hat ja die Sünden auf sich genommen, ein Ungetauftes Kind freilich nicht, da nur die Mutter Kirche die Fahrscheine ausgiebt.
Aber in der Heide gibt es einen Heidekrug, dort fühlt man sich als Heide fast wie im Paradies.
 
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