Soviel Hass und Bösartigkeit, aber auch Unverständnis und abstruse Beurteilung unserer gesellschaftlichen Situation habe ich kaum jemals so angehäuft gelesen. (die wenigen Ausnahmen mögen mir verzeihen)
Besonders interessant, wenn hier wegen der Babymorde teils bis zur Todesstrafe verlangt wird, die Millionen abgetriebenen Babies aber unerwähnt bleiben. Was aber hat diese Frau anderes getan, als ihre Kinder "ein paar Wochen später als erlaubt ermordet, entsorgt ".
Und wer von uns kann ihren psychischen Zustand beurteilen ? In einer Gesellschaft, in welcher Kinder ermorden gesellschaftsfähig geworden ist ?
Vielleicht ist Euch allerdings nicht bewusst, dass der Umgang mit Kindern durch uns Menschen immer schon sehr fragwürdig war. Da brauchen wir gar nicht so weit zurück gehen: "Bis ins Mittelalter hinein wurden Säuglinge in Flüsse, Gossen und Mitsthaufen geworfen.Bis ins 18. Jahrhundert war es üblich, Babys Ammen zu übergeben, obwohl das oft den Tod der Babys bedeutete. Im Jahr 1780 schätzte der Polizeichef von Paris, das von den 21.000 Neugeborenen 2-3 Tausend in Kinderheime verbracht wurden, 17000 in die Obhut von Säuglingsammen auf dem Land kamen, 700 zu Hause von Säuglingsammen versorgt wurden und nur 700 von ihren eigenen Müttern gestillt und grossgezogen wurden. Noch Ende des 19. Jahrhunderts waren tote Babys auf den Strassen Londons kein ungewöhnlicher Anblick.
In der Antike waren bestialische Strafen für Kinder aber auch Kindermord Alltag. Kinder wurden in Flüsse geworfen, in Misthaufen und Jauchegruben geschleudert, in Gefässen "eingemacht" um sie darin verhungern zu lassen, auf Bergen und an Wegrändern ausgesetzt, als Beute für Vögel und Futter für wilde Tiere die sie zerreissen würden.
Ein in der Gestalt oder Grösse von der Norm abweichendes Kind wurde getötet.
Selbst noch Martin Luther sprach davon, dass ihm ein toter Sohn lieber sei als ein ungehorsamer."
(Quelle: A. Gruen, ISBN 3-423-35140-3 DTV)
Die Frage nach dem Mitgefühl des Menschen ist die Frage nach seinem Menschsein. (A. Gruen)
Heutzutage erscheint mir gar nicht so viel verändert zu sein. Wir sind offensichtlich immer noch nicht mehr, als bemitleidenswerte, bösartige, rachsüchtige und beinahe verabscheuungswürdige Kreaturen, welche völlig ignorant und uneinsichtig glauben, über das Leben anderer entscheiden zu können. Dies macht nur noch Angst: Angst vor dieser Gesellschaft, die völlig degeneriert, desorientiert, jegliche moralisch, ethischen Werte negiert.
Kindermord, oder das Quälen von Kindern ist in Wirklichkeit, auch wenn manche von uns das nicht wahrhaben wollen, normal und üblich und wir haben uns in vielen Beziehungen gar nicht von der "Steinzeit" entfernt. Wir geben "dem Kind" vielleicht einen anderen Namen, morden aber Millionen heranwachsende Kinder in unserer zivilisierten Welt und in vielen Entwicklungsländern findet man heute noch ausgesetzte Babys im Strassengraben (selbst gesehen). Ich verweise in diesen Bezug auch auf Länder wie Indien (die indischen Philosophien werden hier im Forum ja gerne hervorgehoben): es ist ja bekannt, dass heute noch Mädchen bevorzugt abgetrieben werden oder nach der Geburt ermordet - ein grosses gesellschaftliches Problem in Indien.
Wir brauchen aber nicht soweit zu gehen. Eine pensionierte Hebamme in Österreich erzählte mir vor wenigen Jahren, dass überlebensfähig geborene behinderte Kinder in einem österreichischen Krankenhaus aus dem Fenster gehalten wurden um den "Gnadentod" etwa durch Lungenentzündung verordnet zu bekommen.
Den psychischen Zustand einer Mutter welche entgegen ihrem mütterlichen Instinkt ein Baby tötet oder sterben lässt, können wir alle kaum beurteilen.
Erst vor Wochen erzählte mir eine ihr Kind liebende Mutter, dass dieselbe nach der Geburt in einem derart psychischen Ausnahmezustand war, das ihr nicht einmal bewusst war, ein Kind entbunden zu haben. Sie war schier der Überzeugung, kein Kind bekommen zu haben und dass das Baby eben nicht ihr Sohn ist. Was hätte diese Frau, welche ja keinerlei Bezug zu diesem Neugeborenen hatte, wohl gemacht, wenn sie nicht unter kontrollierten Bedingungen entbunden hätte??? Nur eine vierwöchige intensive psychologische Betreuung liess diese Frau erkennen, einen Sohn geboren zu haben. (den sie heute abgöttisch liebt)
Auf die Ansichten über die Justiz in diesem Thread gehe ich lieber gar nicht ein. Diejenigen die mich hier im Forum noch kennen, erinnern sich vielleicht auch noch daran, was ich von dieser halte. Hier sei vielleicht eines gesagt. Es gibt wohl kein Gericht, bei dem das Ergebnis Gerechtigkeit ist, auch wenn möglicherweise Recht gesprochen wird. Kritische Justizexperten kreiden unserem System schon lange nicht nur Unzulänglichkeiten sondern absolute Unfähigkeit an. Ein ehemaliger deutscher OGH Richter bezeichnete seine ehemaligen Richterkollegen als "Verbrecher in schwarzen Roben" .....!!! Hier bliebe vielleicht noch zuzufügen, dass es mir bedeutend besser erscheint, wenn Schuldige freigesprochen werden, als dass auch nur ein Unschuldiger falsch verurteilt wird.
Leider ist das aber die Regel und Experten schätzen die Anzahl von Fehlurteilen auf mindestens 30 Prozent.
Und wenn hier so schön theoretisch davon gesprochen wird, dass die Staatsanwaltschaft die Tat zuerst einmal beweisen muss, so ist dies zwar schöne Theorie und mag auch so im Gesetzestext stehen, Realität ist dies aber generell nicht. In Wirklichkeit landet der Angeklagte in einer für ihn unmöglichen Situation, seine Unschuld beweisen zu müssen.
Wesentlich erscheint mir auch noch ein anderer Punkt. In der Tierwelt, insbesondere bei Säugetieren, ist es üblich, im Falle von lebenswidrigen Umständen, dass Tiermütter ihre Jungen auffressen oder andersweitig töten. Eine Instinkthandlung nach dem Motto des "kleineren Übels", machen dies Tiermütter in der Regel doch nur, wenn durch äussere Umstände ein Überleben ihrer Jungtiere nicht gesichert ist. Ein solches Instinktverhalten müsste eigentlich beim "Säugetier" Mensch zumindest rudimentär ebenfalls vorhanden sein und wäre möglicherweise als Ursache für manche "mütterliche Fehlverhalten" eine nicht grundsätzlich abzulehnende Variante.
Abschliessend möchte ich einfach nocheinmal mein Entsetzen über viele der hier im Thread vertretenen Einstellungen dokumentieren und die Schreiber ersuchen, zumindest versuchsweise unsere Gesellschaft und die Auswirkungen aus anderer, menschlicherer Perspektive zu betrachten.
Leider sind genau jene beinharten Aussagen und Verurteilungen starkes Indiz dafür, wie mieserabel und unmenschlich diese Schreiber selbst erzogen sind. Rache, Schläge, jede Gewalt welche wir in der Gesellschaft oder Kindererziehung glauben anwenden zu müssen, führen zu einer Entmenschlichung jener Gequälten, aus der sich diese selbst offensichtlich nicht mehr befreien können. Gewalt hat viele Gesichter und braucht nicht die erhobene Hand, um ein Autoritätsverhältnis zu missbrauchen. In der heutigen Gesellschaft geschieht das meist versteckter, jedoch nicht mit weniger Brachialwirkung auf das Opfer. Diese "verschleierte" Gewalt ist in unserer Gesellschaft immer noch Usus: Es ist ein Arbeiten mit der Angst, welche schlussendlich die Opfer ihre eigene Identität verleugnen lässt. Die Verleugnung des eigenen Ich´s wird zur Notwendigkeit um selbst Überleben zu können und das eigene Leid wird auf andere reflektiert - da man den eigenen Schmerz nicht mehr fühlen kann verursacht man den Schmerz in anderen.
Unser Gewissen ist ein unfehlbarer Richter, solange wir es nicht gemeuchelt haben.
Honoré de Balzac
Liebe Grüße
Ramar