Die Anatta-Lehre Buddhas

opti schrieb:
Natürlich kann es sehr interessant sein, solche theoretischen Abhandlungen zu lesen, die einen Bezug der Leere zur Quantenphysik herstellen. Ich habe nur die Befürchtung, dass damit der Versuch unternommen werden soll, die Lehre der Leere, und in diesem Zusammenhang, den Mahayana-Buddhismus, speziell den tibetische Buddhismus und den Zen, als einzige und reine Wahrheit dargestellt werden soll.
Neinnein, in dem von mir angeführten Buch wird wirklich verglichen. Es geht rein um das Thema an sich... nicht darum, es als irgendwas darzustellen. Deshalb ist ja auch so interessant.

Die Realität zeigt sich nämlich in der Praxis. Und dabei ist es (fast) egal, welchen spirituellen Weg man beschreitet. Wenn man nämlich etwas genauer hinschaut, sind alle Wege, sowohl der christliche Weg der Kontemplation, der buddhistische Weg der Meditation oder der Zazen des japanischen Zen, identisch. Man muss es nur erkennen. Dabei spielt die jeweilige Philosophie nur eine untergeordnete Nebenrolle. Das Entscheidende sind die Veränderungen auf physiologischer Ebene, die durch die spirituelle Praxis angeregt werden.
Ja. Das fasziniert mich ja auch so an all diesen vielen Wegen (von denen ich mir einen speziellen ausgesucht habe - nicht weil ich glaube, er sei der einzig wahre, sondern weil er meinem Wesen am meisten entgegenkommt) - daß sie nicht nur dasselbe Ziel haben, sondern tatsächlich gleich sind im Sinne von gleich gültig, gleich wahr.
 
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opti schrieb:
Man sollte aber von vornherein erkennen, dass die Lehre der Leere nichts anderes als eine Hilfskonstruktion ist, um das Unerklärliche zu verstehen. Mit anderen Worten eine große Vereinfachung der Realität, um das Unbegreifliche für den Menschen einigermaßen verständlich zu machen. Die Realität wird sich unserer Vorstellung immer entziehen.
ALLES wird immer eine Hilfskonstruktion sein, sonst würde es doch nicht mit Unerklärlich (Leere) definiert werden.
Unbegreifliches wird niemals verständlich gemacht werden können, sondern nur von jedem einzelnen in sich selbst erkannt werden können.
Die *Realität* entzieht sich nicht unserer Vorstellung, sondern wir stellen diese selbst immer Da-Vor. Das sind letztendlich Wegweiser mehr nicht.
Deswegen kann sie doch *erschaut* werden - wenn man die Vor-stellung mal wegnimmt.
 
Die Realität wird sich unserer Vorstellung immer entziehen.

Deshalb soll man sie sich ja nicht vorstellen (bedeutet für mich immer "etwas zwischen mich und das betrachtete Objekt stellen") - sondern erkennen. Jenseits aller Vorstellungen. Und deshalb warnen ernstzunehmende Denker im Zusammenhang mit den Shunyata-Lehren ja explizit davor, ja nicht nun dieses Konzept zu etwas hochzustilisieren, was dann wieder den Blick auf die Wirklichkeit verstellt.
 
Kinnaree schrieb:
Deshalb soll man sie sich ja nicht vorstellen (bedeutet für mich immer "etwas zwischen mich und das betrachtete Objekt stellen") - sondern erkennen. Jenseits aller Vorstellungen. Und deshalb warnen ernstzunehmende Denker im Zusammenhang mit den Shunyata-Lehren ja explizit davor, ja nicht nun dieses Konzept zu etwas hochzustilisieren, was dann wieder den Blick auf die Wirklichkeit verstellt.

Ich habe aber das Gefühl, dass gerade im Mahayana-Buddhismus solchen Fragen sehr viel Zeit und Raum eingeräumt wird. Für mich ist es eigentlich verschwendete Zeit. Was nützt es, wenn man sich in der Philosophie der Leere verliert, aber dabei die wesentlichen Dinge nicht erkennt? Darum halte ich es für sinnvoller, sich die praktischen Wege der Erleuchteten anzusehen. Wo kann man dies besser machen, als bei den Yogis?
 
opti schrieb:
Ich habe aber das Gefühl, dass gerade im Mahayana-Buddhismus solchen Fragen sehr viel Zeit und Raum eingeräumt wird. Für mich ist es eigentlich verschwendete Zeit. Was nützt es, wenn man sich in der Philosophie der Leere verliert, aber dabei die wesentlichen Dinge nicht erkennt? Darum halte ich es für sinnvoller, sich die praktischen Wege der Erleuchteten anzusehen. Und wo kann man dies besser machen, als bei den Yogis und den christlichen Heiligen?
Was sinnvoll oder *besser* ist liegt doch im Ermessen jeden einzelnen selbst. Und wenn das für dich in DEINEM Gefühl so ist, ist das doch auch ok. Das muß aber nicht auch für alle anderen gelten.
Wer auf dem *Nordpol* seiner eigenen Mitte steht, kann nur mit dem ersten Schritt nach Süden gehen, egal in welche *Richtung* er auch geht.

Aber wenn du das schon so siehst, dann frage ich mich warum es so wenig christliche Heilige (von Lebenden ganz zu schweigen) gibt, im Gegensatz zu den östlichen Yogis und Lamas des Hinduismus und Buddhismus.
Seltsamerweise werden die im Christentum immer erst nach ihrem Tode von anderen heilig gesprochen.
 
opti schrieb:
Darum halte ich es für sinnvoller, sich die praktischen Wege der Erleuchteten anzusehen. Und wo kann man dies besser machen, als bei den Yogis?
:) Könnte es vielleicht sein,
dass damit der Versuch unternommen werden soll, ....daß jetzt eben den Weg der Yogis als einzige und reine Wahrheit dargestellt werden soll.
?

Wenn du meinst und wirklich im tiefsten Innersten davon überzeugt bist, alle Wege sind identisch, dann nimmst du persönlich den, der dir am Besten entspricht, und weißt fröhlich lächelnd, alle anderen gehen auch den Weg, der halt ihrem Wesen am Besten entspricht. Mann kann es nicht besser machen als die Yogis, man kann es nur auf anderem Wege ebensogut machen wie die Yogis. :)
 
satnaam schrieb:
Aber wenn du das schon so siehst, dann frage ich mich warum es so wenig christliche Heilige (von Lebenden ganz zu schweigen) gibt, im Gegensatz zu den östlichen Yogis und Lamas des Hinduismus und Buddhismus.
Seltsamerweise werden die im Christentum immer erst nach ihrem Tode von anderen heilig gesprochen.

Es gibt, prozentual gesehen, wahrscheinlich genau so viele christliche Heilige, wie es erleuchtete Yogis, verwirklichte Zen-Meister oder erleuchtete tibetische Lamas gibt.

Es ist natürlich die Frage, wie man heilig oder erleuchtet definiert. Aber ich habe es ja schon mehrfach gesagt, mir gefällt die Definition der Erleuchtung von Buddhas Jünger Sariputta am besten. Er sagte: "Das Verschwinden von Begierde, das Verschwinden von Haß, das Verschwinden von Verblendung, dies wird Nirvana genannt." Und selbstverständlich waren auch die christlichen Heiligen schon zu Lebzeiten erleuchtet. Dazu bedarf es keiner päpstlichen Heiligsprechung.
 
opti schrieb:
Und selbstverständlich waren auch die christlichen Heiligen schon zu Lebzeiten erleuchtet. Dazu bedarf es keiner päpstlichen Heiligsprechung.
Diese ist für mich ja auch eine der bizarrsten Ideen abendländischer Spiritualitäts-Kontrolle. Man stelle sich vor, was das wirklich heißt - es nimmt sich ein Priesterlein, das von anderen Priesterlein gewählt wurde, um das Oberpriesterlein zu sein, heraus, beurteilen zu können, wer nun in seinem innersten Wesen die Erleuchtung erfahren hat... so weit kommt es nur, wenn man alles und jedes im Griff haben will.
 
Kinnaree schrieb:
:) Könnte es vielleicht sein, ?

dass damit der Versuch unternommen werden soll, ....daß jetzt eben den Weg der Yogis als einzige und reine Wahrheit dargestellt werden soll.

Wenn du meinst und wirklich im tiefsten Innersten davon überzeugt bist, alle Wege sind identisch, dann nimmst du persönlich den, der dir am Besten entspricht, und weißt fröhlich lächelnd, alle anderen gehen auch den Weg, der halt ihrem Wesen am Besten entspricht. Mann kann es nicht besser machen als die Yogis, man kann es nur auf anderem Wege ebensogut machen wie die Yogis. :)

Nein, damit wollte ich nicht sagen, dass nur die Yogis Erleuchtung erlangen. Ich hatte ja auch zuerst die christlichen Heiligen mit aufgeführt, sie dann aber wieder herausgenommen, weil mir die Formulierung nicht gefiel. Und als ich endlich die richtige Formulierung hatte, war die Editierzeit wieder einmal um und ich konnte meinen Gedanken nicht mehr nachtragen. Das habe ich aber bei meinem letzten Beitrag für sarnaam gemacht:

Es gibt, prozentual gesehen, wahrscheinlich genau so viele christliche Heilige, wie es erleuchtete Yogis, verwirklichte Zen-Meister oder erleuchtete tibetische Lamas gibt.

Jeder geht natürlich den Weg, der genau seinem Wissen und seiner Mentalität entspricht. Aber ich denke, mach einer sollte einmal überlegen, warum eigentlich in allen Religionen der Weg der Laien vom Weg der Mönche unterschieden wird. Und ich gehe mit Buddha einer Meinung, dass der Weg der Laien allenfalls als Vorbereitung für den Mönchsweg betrachtet werden sollte.
 
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opti schrieb:
Jeder geht natürlich den Weg, der genau seinem Wissen und seiner Mentalität entspricht. Aber ich denke, mach einer sollte einmal überlegen, warum eigentlich in allen Religionen der Weg der Laien vom Weg der Mönche unterschirden wird. Und ich gehe mit Buddha einer Meinung, dass der Weg der Laien allenfalls als Vorbereitung für den Mönchsweg betrachtet werden sollte.

Weißt du, ich würde auch da nicht so streng sein. Ich glaube einfach, daß beide Wege gut und wichtig sind. Wir brauchen die Mönche, die sich versenken, damit sie uns den Weg zeigen können - und wir brauchen die, die ihnen was zu essen bringen... Wir brauchen die, die sich von der Welt zurückziehen, um sie zu betrachten, und die, die darin leben, damit die anderen was zu betrachten haben. Meinst du nicht? Und es ist nicht der einfachere Weg, in der Welt zu leben und trotzdem über sie nachzudenken und im Strudel der Ereignisse sich dran zu erinnern, wie man in der Mitte bleibt.
 
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