Die Anatta-Lehre Buddhas

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Ich habe gerade in Bezug zu Anatta eine interessante Stelle bei Ken Wilber gefunden:

"Buddhists sometimes object, that I am overloocking the Buddhist notion of anatta or "no-self", but I am actually using the Mahayana Buddhist doctrine of the relative reality of both: the self and the dharmas; and I am here discussing the functions of the realitively real self-system. Along with Nagarjuna, I reject, as incomplete and incoherent, the Theravadin view of the self.

(Integral Psychology, Fußnote 10, S. 226 Chapter 3 "The Self" , Part One "Ground: The Foundation")

Immerhin noch jemand, der hier einen Unterschied in den beiden Richtungen sieht ;)

:liebe1:
 
Verschiedentlich hört man die Auffassung, besonders von einigen Diamantweg-Buddhisten, Buddha hätte nach einer längeren Zeit der Askese eingesehen, dass dieser Weg nicht der richtige Weg zur Erleuchtung sei. Schliesslich hatte Buddha sich fast zu Tode gehungert und seinen Körper auf vielfältige Weise gequält. Deshalb hätte Buddha, so hört man, vom Brahmacharya abgesehen und den Weg der Mitte gewählt. Buddha hat keineswegs vom Brahmacharya abgesehen, aber er hat von der strengen Askese abgesehen. Wie Buddhas Askese zuvor im einzelnen aussah, kann man bei religionen.at nachlesen. Was aber unter dem Weg der Mitte zu verstehen ist, soll nun erläutert werden.

Das Ziel Nagarjunas war es, die buddhistische Lehre wieder als einen konsequenten Weg der Mitte begreifbar zu machen, der alle dem Erkenntnisprozess entgegenwirkende unheilsamen Ansichten - insbesondere den "Ewigkeitsglauben" der Sarvāstivādin (philosophische Schule des Hinayana) und die "Vernichtungslehre" der Sautrantikas (philosophische Schule des Hinayana) - grundsätzlich ausschließt, und diese Auffassung gegen die zu seiner Zeit verbreiteten Schulmeinungen zu verteidigen.

Die 5 Daseinsfaktoren, auch Skandhas genannt:

1. Körperlichkeitsgruppe
2. Gefühlsgruppe
3. Wahrnehmungsgruppe
4. Geistformationsgruppe
5. Bewusstseinsgruppe

Ewigkeitsglaube der Sarvāstivādin: Die Sarvāstivādin vertraten das Modell einer Koexistenz aller zukünftiger, gegenwärtiger und vergangener Daseinsfaktoren in einem ewigen Latenzzustand (etwas Verborgenes, unter der Oberfläche), den sie jeweils aufgrund ihrer karmisch bedingten Aktivierung verlassen, um in wechselnden Kombinationen Welt und Dinge zu konstituieren. Nachdem die jeweilige Bindung, die die Daseinsfaktoren eingegangen sind, wieder auseinanderfällt, verlöschen sie nicht vollständig, sondern bleiben stets solange in ihrer Potentialität erhalten bis sie erneut aktiviert werden (daher auch der Name "Sarvāstivāda", von skrt. "sarvam asti" = alles existiert). Die Sarvastivadin sprachen den Elementen der Wirklichkeit eine "Eigenexistenz" (svabhāva) zu und werteten ihren Status dadurch zu einer "höchsten Wirklichkeit" (paramārtha) auf.

Vernichtungsglaube der Sautrantikas: Die Auffassung der Sarvāstivādin kam für die Sautrāntikas einem Verstoß gegen die zentrale buddhistische Lehre vom "Nicht-Selbst" gleich, da die Erhöhung der Daseinsfaktoren auf eine den Dingen und Subjekten (Personen) übergeordnete Realitätsstufe die Daseinsfaktoren ihrerseits wieder in die Position eines "unwandelbaren Selbst" brachte - vergleichbar mit dem Ātman der Upanishaden (philosophische Schrift des Hinduismus). Sie verfochten im Gegensatz dazu eine Lehre der Augenblicklichkeit, derzufolge die Daseinsfaktoren nur momenthaft aufblitzen, um im selben Moment wieder vollständig zu vergehen. Die Faktoren besitzen daher keinerlei zeiträumliche Ausdehnung und keinen linearen Ursache-Wirkungs-Zusammenhang zueinander. Vor ihrem Entstehen waren die Daseinsfaktoren gänzlich nichtexistent und in diese Nichtexistenz werden sie auch wieder nach ihrem Vergehen überführt.

Die Haltung der Sarvāstivādins ging Nāgārjuna zufolge einher mit der extremen Ansicht des "Ewigkeitsglaubens", da sie die Daseinsfaktoren zu etwas ewig und dauerhaft Existierendem emporhoben. Die Sautrāntikas verfielen in den Augen Nāgārjunas hingegen dem anderen Extrem der "Vernichtungslehre", indem sie die Daseinsfaktoren vor ihrem Entstehen und nach ihrem Vergehen für gänzlich nicht-existent erklärten. Beide Ansichten waren für Nāgārjuna mit dem "Mittleren Weg" (madhyamā pratipad) nicht vereinbar, den er unter Berufung auf Buddha mit der völligen Gleichwertigkeit von "Bedingtem Entstehen" und "Leerheit" definierte. Die Daseinsfaktoren sind nicht ewig, da sie ihrerseits in Abhängigkeit von bedingenden Faktoren bestehen, sie werden jedoch auch nicht vernichtet, da sie aufgrund ihrer Abhängigkeit gänzlich leer von Eigenexistenz sind.

Nāgārjunas Anliegen war eine Rückbesinnung auf das "Mittlere" der Lehre Buddhas, das angesichts der Auseinandersetzung zwischen Sarvāstivādin und Sautrāntikas drohte, der bloßen Spekulation über metaphysische Gegebenheiten zum Opfer zu fallen. Er war somit weder Begründer einer neuen Schule, noch war er Gründer des Mahayana selbst. Nāgārjuna analysierte die wichtigsten buddhistischen Kernthemen unter dem Gesichtspunkt der Gleichwertigkeit von Bedingtem Entstehen und Leerheit, die er zu Beginn seiner "Lehrstrophen über die grundlegenden Lehren des Mittleren Weges" unterstreicht.

Seines Erachtens hatten die Sarvāstivādin und die Sautrāntikas, dieses "Mittlere" nicht genügend verinnerlicht, was dazu führte, das sie in Extreme verfielen: die Sarvāstivādin in die "Es ist immer"-Position der ewigen Dauer und die Sautrāntikas in die "Es ist und wird nicht mehr sein"-Position der Vernichtung. Beide Schulen waren in dieser Hinsicht vom buddhistischen Pfad abgewichen, dessen Quintessenz Buddha in einer seiner Lehrreden mit folgendem kurzen Satz erläutert: "Nur eines lehre ich: Das Leiden und die Aufhebung des Leidens" (Majjhima-Nikaya, MN 22).

Nagarjuna
 
Dazupassend
weiterführende Links und Literatur
empfehle ich euch nochmal

Christian Thomas Kohl, Buddhismus und Quantenphysik
Windpferd 2005

Da der Autor mit dem Buddhismus vertraut ist UND mit der Quantenmechanik, kann er sehr kompetent die Wirklichkeitsbegriffe Nagarjunas und der Quantenphysik vergleichen und tut das mit ausführlichen Quellenzitaten vor allem aus den Mulamadhyamaka-Karikas.
 
Kinnaree schrieb:
Dazupassend empfehle ich euch nochmal

Christian Thomas Kohl, Buddhismus und Quantenphysik
Windpferd 2005

Da der Autor mit dem Buddhismus vertraut ist UND mit der Quantenmechanik, kann er sehr kompetent die Wirklichkeitsbegriffe Nagarjunas und der Quantenphysik vergleichen und tut das mit ausführlichen Quellenzitaten vor allem aus den Mulamadhyamaka-Karikas.

Bist du dir sicher, dass das stimmt, was der Autor schreibt? Mit anderen Worten hast du selber genügend Kenntnisse von der Quantenphysik, um zu überprüfen, dass das, was der Autor schreibt, richtig ist? Oder will der Autor sich vielleicht nur interessant machen? Meinst du, dass solche Einsichten auf dem spirituellen Weg wirklich von Bedeutung sind? Ich habe da ganz große Zweifel.

Und selbst wenn der Autor eine Menge theoretischen Wissens angesammelt hat, sollte man sich fragen, ob er auch über entsprechende Erfahrungen in der Meditation verfügt. Muss etwas wichtig sein, nur weil es sich mit der Quantenphysik beschäftigt? Aber manche brauchen Tonnen von Theorie, um ein Gramm Praxis zu üben. Die Tonnen von Theorie sind eigentlich kaum von Bedeutung. Sie schmeicheln vielleicht der Eitelkeit, haben aber noch niemand glücklich gemacht. Das Entscheidende ist die Praxis.
 
opti schrieb:
Aber manche brauchen Tonnen von Theorie, um ein Gramm Praxis zu üben. Die Tonnen von Theorie sind eigentlich kaum von Bedeutung. Sie schmeicheln vielleicht der Eitelkeit, haben aber noch niemand glücklich gemacht. Das Entscheidende ist die Praxis.
Dann frag ich mich, warum du dich hier so ausführlich über die Theorie ausläßt ??
Praktiker reden nicht, oder zumindest nicht viel, die praktizieren eben.
 
opti schrieb:
Bist du dir sicher, dass das stimmt, was der Autor schreibt? Mit anderen Worten hast du selber genügend Kenntnisse von der Quantenphysik, um zu überprüfen, dass das, was der Autor schreibt, richtig ist? Oder will der Autor sich vielleicht nur interessant machen? Meinst du, dass solche Einsichten auf dem spirituellen Weg wirklich von Bedeutung sind? Ich habe da ganz große Zweifel.

Und selbst wenn der Autor eine Menge theoretischen Wissens angesammelt hat, sollte man sich fragen, ob er auch über entsprechende Erfahrungen in der Meditation verfügt. Muss etwas wichtig sein, nur weil es sich mit der Quantenphysik beschäftigt? Aber manche brauchen Tonnen von Theorie, um ein Gramm Praxis zu üben. Die Tonnen von Theorie sind eigentlich kaum von Bedeutung. Sie schmeicheln vielleicht der Eitelkeit, haben aber noch niemand glücklich gemacht. Das Entscheidende ist die Praxis.

...Dann frag ich mich allerdings, warum du selbst hier eine solche Menge theoretischen Wissens ansammelst - nur um dann zu sagen, aber ich habe an der Kompetenz derer, die das sagen, große Zweifel und eigentlich gibt mir das alles nichts... Und es ist vielleicht nicht wichtig, Opti, aber ich finde es persönlich einfach interessant, daß etwas, was ein alter Denker vor vielen hundert Jahren ganz ohne Elektronenmikroskop herausgefunden hat, sich mit dem zu decken scheint, was moderne Wissenschaftler MIT all ihren Instrumenten über die Wirklichkeit herausfinden. Nämlich zum Beispiel, daß sie sich verändert, weil du sie beobachtest!

Und ich finde das deshalb interessant, weil es zeigt, daß es direkte Erkenntnismethoden gibt, die offenbar der technischen Hilfsmittel nicht bedürfen.
 
Kinnaree schrieb:
Und ich finde das deshalb interessant, weil es zeigt, daß es direkte Erkenntnismethoden gibt, die offenbar der technischen Hilfsmittel nicht bedürfen.
a170.gif

pyramidon.gif
 
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Kinnaree schrieb:
...Dann frag ich mich allerdings, warum du selbst hier eine solche Menge theoretischen Wissens ansammelst - nur um dann zu sagen, aber ich habe an der Kompetenz derer, die das sagen, große Zweifel und eigentlich gibt mir das alles nichts... Und es ist vielleicht nicht wichtig, Opti, aber ich finde es persönlich einfach interessant, daß etwas, was ein alter Denker vor vielen hundert Jahren ganz ohne Elektronenmikroskop herausgefunden hat, sich mit dem zu decken scheint, was moderne Wissenschaftler MIT all ihren Instrumenten über die Wirklichkeit herausfinden. Nämlich zum Beispiel, daß sie sich verändert, weil du sie beobachtest!

Und ich finde das deshalb interessant, weil es zeigt, daß es direkte Erkenntnismethoden gibt, die offenbar der technischen Hilfsmittel nicht bedürfen.

Natürlich kann es sehr interessant sein, solche theoretischen Abhandlungen zu lesen, die einen Bezug der Leere zur Quantenphysik herstellen. Ich habe nur die Befürchtung, dass damit der Versuch unternommen werden soll, die Lehre der Leere, und in diesem Zusammenhang, den Mahayana-Buddhismus, speziell den tibetische Buddhismus und den Zen, als einzige und reine Wahrheit dargestellt werden soll.

Man sollte aber von vornherein erkennen, dass die Lehre der Leere nichts anderes als eine Hilfskonstruktion ist, um das Unerklärliche zu verstehen. Mit anderen Worten eine große Vereinfachung der Realität, um das Unbegreifliche für den Menschen einigermaßen verständlich zu machen. Die Realität wird sich unserer Vorstellung immer entziehen. Ich habe ein bischen das Gefühl, dass durch solche Literatur, eher ein Glaubenskrieg der verschiedenen philosophischen Richtungen entbrennt, nach dem Motte, die Leere ist die einzig gültige Wahrheit, sie harmoniert ja sogar mit der Relativitätstheorie (wenn man nur ein wenig nachhilft).

Die Realität aber ist eine ganz andere. Die Realität zeigt sich nämlich in der Praxis. Und dabei ist es (fast) egal, welchen spirituellen Weg man beschreitet. Wenn man nämlich etwas genauer hinschaut, sind alle Wege, sowohl der christliche Weg der Kontemplation, der buddhistische Weg der Meditation oder der Zazen des japanischen Zen, identisch. Man muss es nur erkennen. Dabei spielt die jeweilige Philosophie nur eine untergeordnete Nebenrolle. Das Entscheidende sind die Veränderungen auf physiologischer Ebene, die durch die spirituelle Praxis angeregt werden.
 
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