Liebe magdalena,
danke Dir zunächst für die offene Antwort.
magdalena: präexistent?
präexistenz bedeutet, daß es vor (lateinisch "prä-") der Existenz liegt. Also bereits vor der Schöpfung besteht, vor dem ins Sein Gekommenen.
magdalena: drückst du damit aus, dass gut und böse in der natur existieren - gut und böse erschaffen wurde - von wem?
es ist bereits vorher da, niemand kann es erschaffen. Man kann es aber erkennen. Ist so wie der ewige Sohn Gottes, der auch vor der Schöpfung ist. Er ist nicht erschaffbar, aber er erschafft.
magdalena: ich weiß nur eines - der irrtümliche
glaube an strafe und belohnung hat gut und böse geschaffen.
das finde ich klasse, mich mit jemandem zu unterhalten, der so etwas weiß. Darf ich fragen, woher du das weißt, dir also sicher bist, daß du das nicht nur glaubst?
Und muß ich nun glauben, daß du weißt, oder kannst du es mir be-weisen?
Und was wäre, wenn ich wissen würde, daß es sich anders verhält?
magdalena: und mensch ist das erste und einzige lebewesen, das wir kennen, dass glauben entwickelt hat.
da bin ich gespannt, welcher Definition von "glauben" du folgst. Ich könnte entgegnen, daß auch Tiere einen Glauben entwickeln, in dem Sinne, daß sie glauben, daß bestimmte Dinge eintreten. So der Pawlowsche Hund, der sabberte, wenn die Glocke erklang, weil er immer das Futter bekam, nachdem die Glocke erklang.
Das wäre Glaube als eine konkrete Erwartungshaltung aufgrund von Lernen.
magdalena: an sich ist der glaube für die entwicklung notwendig und wichtig.
er hat seinen ursprung darin, dass die natürliche neugierde, die alles erfahren will, für das was über das momentan vorhandene begriffsverhältnis hinausgeht, erklärungen finden will.
mh, also Glaube als Erklärungsmodell. Das Erklärungsmodell des Hundes ist also so, daß er den Glockengott anbetet, weil der ihm immer Futter gibt. So in der Art?
magdalena: wenn aber das, was es zu erklären gilt, über dieses begriffsverhältnis hinaus geht - dann beginnt mensch eben zu mutmaßen, wie es sein könnte.
das mit dem begriffsverhältnis habe ich noch nicht begriffen, verhältnismäßig dumm bin ich da wohl.
Kannst du mir das erklären?
Welche Begriffe verhalten sich wie?
Ich habe die begründete Vermutung, daß ohne Begriffe kein Erklären möglich ist.
Wie also sollte eine Mutmaßung aussehen, die Erklärungen finden möchte, ohne daß sie ein Verhältnis zu den Begriffen hat???
magdalena: alle glaubensinhalte sind mutmaßungen - ich nehme etwas an, obwohl ich es nicht konkret beweisen kann.
ok, das gilt aber auch immer noch für den Pawlowschen Hund. Er nimmt einfach aufgrund seiner bisherigen Lerngeschichte an, daß es Futter gibt, wenn die Glocke ertönt, auch wenn er es nicht beweisen kann. Er hat nur einfach viel Erfahrung und extrapoliert seiner Erfahrung gemäß in die Zukunft.
magdalena: selbst das ist gut so - denn es schafft den widerstand - in form der beharrung - der allem, das die muster durch neues erkennen auflösen will - alle verfügbaren kräfte abverlangt.
oh... da fehlt mir wohl ein Verständnisschritt. Wie kommst du nun von Glauben auf Widerstände, Beharrung, Erkennen, Musterauflösung etc.???
magdalena: das ist für
mich sehr eigenartig. wirkliche verantwortung kann nur übernehmen, wer sich eben
nicht schuldig fühlt.
erstaunlich. Also ein Mensch im Gefängnis übernimmt Verantwortung für seine Untat, weil er sich nicht schuldig fühlt???
Ist es nicht gerade das Gefühl der Schuld, die Erkenntnis, daß da etwas in seinem Verhalten nicht so war, wie es sein sollte, das ihn zur Einsicht und zu anderem Verhalten bringt???
Denn Schuld ist wie ein Minus auf dem Konto.
Konto hat Soll und Haben.
Soll ist Schuld.
Haben ist Plus.
Das, was soll, ist das, was Schuld ist. Ich hätte ... tun sollen.
Auch im Englischen ist es "shall" und "should". "I should have done..."
Ich hätte so und so tun sollen.
magdalena: das schulddenken (vor allem das unterbewusste) weist jegliche eigene schuld zurück und beschuldigt andere.
es kann nicht akzeptieren selbst fehler zu begehen - andere müssen daran schuldig sein, wenn ich bestraft werde.
das verhindert das lernen aus fehlern.
weshalb sollte ich, wenn mein Konto im Minus steht, ich also bei der Bank in der Schuld stehe, meine Schuld zurückweisen?
Soll ich etwa sagen, die Bank ist an meinem Kontostand schuld, weil sie mir vertraut hat und mir Geld geliehen hat auf Kredit ("Kredit kommt von "credere", "glauben")? Der Bankier hat mir geglaubt, daß ich meine Schulden begleiche, und ich sag: "Pech gehabt! Du hast Schuld, nicht ich!"???
Sollte ich mir selbst also meine Glaubwürdigkeit, meine Kreditwürdigkeit absprechen, indem ich meine Schulden auf andere abwälze??? Das sei doch ferne.
Und was auf Bewußtseinsebene 1 gilt, der konkreten "Hab- und Gut-"Ebene, das gilt doch für alle Ebenen. Ich erkenne, wo es in mir fehlt, wo also noch Schuld beglichen werden muß, und handle entsprechend. Wo ist das Problem?
magdalena: nein - ich
glaube das nicht.
der verstand ist eine evolutionäre entwicklung - längst nicht abgeschlossen.
auch in der tierwelt gibt es ansätze von verstand.
Das hört sich für mich so an, als wenn du an die Evolutionstheorie glaubst. Gleichzeitig bestreitest du, daß du daran glaubst?
magdalena: weißt du - ich kann mit sehr gutem gewissen die frage mit ja beantworten.
aus sehr aktuellem erleben heraus.
ich weiß - könnte es beweisen - könnte rechtlich anklagen -
aber mein vertstehen weist nicht schuld zu.
mein verstehen versucht nur aufzuklären -
versucht darzustellen, wieso menschen unbewusst - in diesem fall vielleicht sogar bewusst, unmenschlich gehandelt haben und handeln.
Hm. Mir ist die genaue Natur des Verbrechens nicht deutlich, das da in deinem Umfeld passiert ist. Magst du es konkretisieren oder wollen wir es so abstrakt lassen?
Jedenfalls verzichtest du darauf, dagegen Anzeige zu erstatten. Damit deckst du den Täter und machst dich mitschuldig an seinen weiteren Taten. Ist dir das klar?
Wenn es z.B. ein Kinderschänder oder ein Mörder ist, ist das völlig ok für dich, wenn durch dein Schweigen auch noch weitere Menschen zu Schaden kommen?
magdalena: ich habe nichts davon klage zu erheben.
das würde einen menschen auch nicht zurückbringen in sein leben -
und letztlich auch nichts ändern - denn schuldzuweisung ist eine form der gewalt- eine gewalt, die auf gewalt antwortet mit gewalt.
ja. Das ist richtig. Das Geschehene wird dadurch nicht ungeschehen. Trotzdem gibt es aus gutem Grund in unserer Gesellschaft eine Exekutive.
Nämlich weil die Menschen in unserer Gesellschaft in der Regel nicht vernünftig genug sind (sicher gibt es Ausnahmen), durch reines Erklären und gut-zureden sich von alleine durch Einsicht in ein harmonisches Zusammenleben einzugliedern.
Wenn sich die Menschen im Allgemeinen bessern würden, stünden die Gefängnisse leer und man würde sie ohne zu Zögern abschaffen, weil sie dann nur Geldverschwendung sind. Das ist aber nicht so, eher im Gegenteil, die Kriminalitätsrate nimmt zu.
Deine Gesinnung an sich ist ja edel. Nur scheitert der Edle, falls er unter die Räuber fällt. Oder bist du auf so einem Christustrip von "ich opfer mich"?
magdalena: ob ich schuldig bin - oder nicht schuldig?
maria - bin ich schuldig daran, dass ich das menschliche schulddenken auch erst mal aufzulösen habe.....
liebe ist kein kuschelkurs - auflösung des schulddenkens erst recht nicht....
mh, ob du nun schuldig bist oder unschuldig? ich urteile nicht...
aber ich sage mal, wie es für mich ist: ich fühle mich schuldig, das, was ich erkenne, auch zu leben...
schuldig also im Sinne von "so sollte ich handeln..."
mir stellt sich allerdings die Frage, woher du weißt (?) / weshalb du glaubst (?), daß du das menschliche Schulddenken aufzulösen hast?
magdalena: aber, liebe maria -du bist zumindest der erste mensch mit dem ich über schuld - und schulddenken - überhaupt diskutieren darf.
das freut mich, daß du es als Vorzug empfindest. Ich freue mich ebenso darüber, mich mit dir auszutauschen und betrachte unsere Begegnung mit einem sanften Strahlen im Herzen.