Achtung des Schicksals und Wertung

Nein. Ich habe es nicht verwechselt.

Ich verwahre mich dagegen, größere und kleinere Misshandlungen von Kindern (und Lebewesen überhaupt) zu IRGENDEINEM Zeitpunkt als das "einzig richtige" zu bezeichnen.

Da wird etwas Fundamentales verwechselt : Seine Geschichte und seine Eltern zu sehen und anzunehmen, wie sie sind. Das ja ! Und zum Annehmen der Vergangenheit gehört NATÜRLICH auch das Annehmen der eigenen Wut, von Trauer und Schmerz über zugefügtes Leid - endlich erleben zu dürfen : meine Gefühle waren und sind nicht schlecht - sondern natürliche und gesunde Reaktionen.

Erlittenes Leid über die grundsätzliche Annahme ("So war es") hinaus noch als "das Einzig-Richtige" sehen zu sollen - das ist verrückt und macht verrückt.

Eva - wann würdest Du denn den Zeitpunkt ansetzen, wo erlittene Misshandlungen plötzlich nicht mehr als etwas Verhindernswertes gesehen werden - sondern zum "Einzig-Richtigen" mutieren ?

ZB. gerade bei Missbrauch ist es oft von entscheidender Bedeutung, dass die betroffenen Kinder - sobald es ihnen möglich ist (oft erst im Erwachsenenalter) - aufstehen und sagen : "Das war NICHT richtig !". Unter anderem deswegen, damit zB. der Vater, der seine Töchter missbraucht hat, sich nicht auch noch an den Enkelkindern vergreift !

Gawyrd

Unterschreib!!!!!!!!!!!!
 
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Weißt Du Alana, ich sehe das so: daß diese Aufstellungen hier aufgekommen sind, daran hat die moderne Medizin ein mitverschulden. Sie kann nicht - Extrembeispiel - tausenden von Kindern Ritalin verschreiben und nicht darauf öffentlich und massiv hinweisen, daß die Umstände, in denen wir hier leben, nicht mehr gesund sind.

Es reicht nicht, im Fernseher zu vermelden, daß Allergien nur verhindert werden können, wenn Kinder auf dem Bauernhof aufwachsen. Verstehst Du, das reicht nicht. Es muß dann auch mal wenigstens der Ansatz einer öffentlichen Diskussion über die Lebensverhältnisse entstehen.

Die Lebensverhältnisse sind ja heute unglaublich. Die Generationen haben "keinen Kontakt" mehr - das muß man deutlich lesen, um zu verstehen, was das heißt. Das ist eine gesellschaftliche Katastrohpe allererster Kategorie. Jeder Staatenlenker würde hier die Notbremse schon längst gezogen haben, seien wir ehrlich. Es ist völlig aus dem Ruder gelaufen...

Und dann kommt da ein Herr Hellinger daher, man weiß von ihm nicht viel, ein paar Bücher, wohnt in einem Haus, das irgendwie ein Nazihaus ist. Nachdem er inhaltlich aufgrund seiner Lehre und Äusserungen mit den Nazis in Zusammenhang gebracht wurde. Nun ja und man wohnt in so einem Haus ja nicht unbewußt, man wird sich ja irgendwie damit verbunden fühlen. Alles andere anzunehmen wäre ja hahnebüchen, blind.

Ja und was tut der? Der fuchtelt in unser aller Vergangenheit herum. Stellt uns auf wie püppchen und zeigt uns, wo der böse Onkel war, die liebe Tante mit der Süße und dem falschen Händchen. Und so weiter - ein zusammengestricktes Wissen aus Märchen und Mythen, der Psychologie uralter Schule und insgesamt im Tenor des Ewiggestrigen. Eso-Kauderwelsch.

Organisch ist das nicht ungefährlich, wirklich nicht. Jeder der irgendwie nicht wirklich absolut betriebsblind ist, muß das eigentlich erkennen. Alles was Menschen in eine Krisensituation bringt, ist nicht therapeutisch zu nennen. Das ist dann Selbsterfahrung oder sonstwas, aber Selbsterfahrung ist ja keine Therapie als Solche. Genauso wenig wie Selbsthilfe. Und diesen Charakter der Selbsterfahrung, den hat es ja wohl - alles was ich von dem H. zum Beispiel gelesen habe macht die Aussagen für einen Heilberuf eher ungeeignet. Für einen sozialtherapeutischen Beruf: jou. Aber da ist es inhaltlich dann viel zu schwammig.

Ich weiß schon, was du meinst. Aber ich denke, daß auch von Hellinger einige Sachen ganz richtig sind. Ob den Menschen auf Dauer geholfen wurde, weiß man ja nicht so genau. Und es gibt ja auch andere Familienaufstellungen, ganz abgelöst von Hellinger. Die einen aber genauso in Krisensituationen bringen können, das weiß ich aus eigener Erfahrung. Und mit der Krise mußte ich dann alleine fertig werden. Aber - es war eine Erfahrung, die mir letztendlich zu mir selbst verholfen hat.
Im Grunde soll die Seele versöhnt werden, Blockaden und Verstrickungen gelöst werden (das Wort Verstrickung hat es früher in diesem Ausmaß auch nicht gegeben, oder?). Und ja, ich bezweifle langsam, daß das möglich ist durch Aufstellungen. Aber sie können einen Kick oder auch Tritt in eine Richtung bringen, die uns letztendlich doch hilft
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Nein. Ich habe es nicht verwechselt.

Ich verwahre mich dagegen, größere und kleinere Misshandlungen von Kindern (und Lebewesen überhaupt) zu IRGENDEINEM Zeitpunkt als das "einzig richtige" zu bezeichnen.

Da wird etwas Fundamentales verwechselt : Seine Geschichte und seine Eltern zu sehen und anzunehmen, wie sie sind. Das ja ! Und zum Annehmen der Vergangenheit gehört NATÜRLICH auch das Annehmen der eigenen Wut, von Trauer und Schmerz über zugefügtes Leid - endlich erleben zu dürfen : meine Gefühle waren und sind nicht schlecht - sondern natürliche und gesunde Reaktionen.

Erlittenes Leid über die grundsätzliche Annahme ("So war es") hinaus noch als "das Einzig-Richtige" sehen zu sollen - das ist verrückt und macht verrückt.

Eva - wann würdest Du denn den Zeitpunkt ansetzen, wo erlittene Misshandlungen plötzlich nicht mehr als etwas Verhindernswertes gesehen werden - sondern zum "Einzig-Richtigen" mutieren ???

Wenn zB. Misshandlungen rückblickend als das "Einzig-Richtige" gesehen werden, dann dürfte man sie auch im Kindesalter nicht verhindern - man würde ja dem Kind die "einzig richtigen" Erfahrungen vorenthalten.

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ZB. gerade bei Missbrauch ist es oft von entscheidender Bedeutung, dass die betroffenen Kinder - sobald es ihnen möglich ist (oft erst im Erwachsenenalter) - aufstehen und sagen : "Das war NICHT richtig !". Unter anderem deswegen, damit zB. der Vater, der seine Töchter missbraucht hat, sich nicht auch noch an den Enkelkindern vergreift !

Gawyrd

Da hast du, meiner Ansicht sogar wissentlich, einiges verdreht. Klingt zwar gut, stimmt aber nicht. Weil es nicht darum ging, etwas zu verharmlosen, was einem geschehen ist, Mißbrauch z.B. als das "einzig richtige" anzuerkennen. Das ist schon fast demagogisch, was du da vom Stapel läßt.
Es ging darum, die Eltern als Eltern anzuerkennen, was sie ja auch sind. So schlecht oder so gut wie sie waren. Weil genau diese Anerkennung einen Abschluß bilden kann.
 
Es ging darum, die Eltern als Eltern anzuerkennen, was sie ja auch sind. So schlecht oder so gut wie sie waren. Weil genau diese Anerkennung einen Abschluß bilden kann.

Dies gelingt auch. Dafür muss aber zuerst das, was zwischen den Eltern und dem Kind steht, angeschaut werden und aufgelöst werden. Dann ist die erscheinende Liebe dauerhaft. Dann gibt es auch keine Wut oder sonstwelche Gefühle mehr. Die sind nämlich angeschaut, gewürdigt und aufgelöst.

Wird dies nicht getan, dann sehe ich es wie @ Trixi Maus, dass etwas aufgesetzt wird, vergleich wie die organe zu vertauschen. (oder sich gleich welche von Spendern einpflanzen zu lassen)

Pluto
 
Dies gelingt auch. Dafür muss aber zuerst das, was zwischen den Eltern und dem Kind steht, angeschaut werden und aufgelöst werden. Dann ist die erscheinende Liebe dauerhaft. Dann gibt es auch keine Wut oder sonstwelche Gefühle mehr. Die sind nämlich angeschaut, gewürdigt und aufgelöst.

Wird dies nicht getan, dann sehe ich es wie @ Trixi Maus, dass etwas aufgesetzt wird, vergleich wie die organe zu vertauschen. (oder sich gleich welche von Spendern einpflanzen zu lassen)

Pluto

Ja. Hat das jemand bestritten, daß das angeschaut werden muß, was geschehen ist? Dann hab ich was überlesen , könnte ja sein.
 
Ja. Hat das jemand bestritten, daß das angeschaut werden muß, was geschehen ist? Dann hab ich was überlesen , könnte ja sein.

Nee, hat natürlich niemand behauptet.
Irgendwie scheint aber das Ziel: "Das Nehmen der Eltern wie sie waren als die einzig Richtigen." mit dem Weg der Verarbeitung des Erlebten verwechselt worden zu sein.
Vielleicht gelingt es ja noch, das zu erkennen.
 
Sie waren aber doch die Eltern? Andere hat es nicht gegeben und insofern waren sie unglaublicherweise anscheinend die einzigen richtigen. Sie waren die einzigen Eltern, die wir hatten. Und ich glaube sogar, daß sie es so gemacht haben, wie es ihnen eben möglich war, sie hatten ihr eigenes Schicksal. Und das zu bewerten - steht uns das zu? Das Schicksal eines anderen zu bewerten?
Kann jemand sich freier fühlen, wenn er eingesteht, daß seine Eltern eben nicht die richtigen waren? Hört es dann auf, das Gegrabe in der Kindheit? Glaub ich nicht. Akzeptanz ist der einzige Weg.


Sie waren sicher die richtigen Eltern, im Sinne von die biologischen!
Trotzdem können sie eine Menge falsch gemacht haben! Es geht ja nicht darum, sie zu verurteilen, sondern einfach sagen zu dürfen, was wahr ist!
Das ist das Einzige, was auf Dauer heilt!
Akzeptieren muss man, dass es so war und man es nicht mehr ändern kann!
Aber das VERHALTEN zu akzeptieren und für richtig zu befinden, würde das nicht bedeuten, dass man nichts aus der bitteren Erfahrung gelernt hat?
Ich kenne aus Aufstellungen auch, dass das Kind zu den Eltern sagt: "Ich mache es anders als ihr!"
Die Eltern wissen im Übrigen selbst tief drin sehr genau, was sie verbockt haben und freuen sich dann, dass das Kind den Mist nicht weitermacht!
 
Aber die Idee, unsere Eltern schuldeten uns irgendwas, gar eine Haltung oder Verhaltensweise, finde ich putzig.
Das ist nicht "putzig" - sondern schlicht und ergreifend gängiges und alltägliches Ehe- und Familienrecht. Da stehen die wechselseitigen Rechte und Pflichten von Familienmitglieder niedergeschrieben. Und die sind auch einklagbar und durchsetzbar.

Darüberhinaus gibt es das Bürgerliche Strafgesetzbuch - wenn ein Familienmitglied einem anderen gegenüber strafbare Tatbestände setzt.

Hören wir doch auf damit, die Familie so zu mystifizieren, als ob das ein völlig rechtsfreier und eigengesetzlicher Raum wäre.

Unrecht und Gesetzverletzung ist Unrecht und Gesetzesverletzung : egal ob in der Familie oder ausserhalb. Und Unrecht wird auch nach 10 bis 20 Jahren nicht plötzlich das "Einzig-Richtige".

Das Bewusstsein muss sich auch langsam durchsetzen, dass man gegenüber Familienmitgliedern nicht herumfuhrwerken kann, wie man will, dass die Familie kein rechtsautonomer Bereich ist, in dem die Eltern völlig willkürlich tun und lassen dürfen, was und wie es ihnen gerade einfällt. Und auch die Kinder nicht.

Gawyrd

PS.: Ich habe gerade am Rande mitbekommen, wie eine Tochter von ihrem Vater den Unterhalt erfolgreich eingeklagt hat, den er ihr nach der Scheidung von ihrer Mutter verweigern wollte. Ihr geht es SEHR gut - auch weil sie dadurch ihre geliebte Ausbildung abschließen konnte und in dem so erlernten Beruf sehr tüchtig und erfolgreich ist.

Was soll also das Gerede, dass Eltern ihren Kindern nichts schulden würden ??? Wir sind Gottseidank noch nicht so weit, dass sich (pseudo-therapeutische) Ideologien über geltendes Recht hinwegsetzen und es aushebeln können.

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PPS.: Ich verwahre mich in aller Deutlichkeit gegen Versuche, Familienmitgliedern ein schlechtes Gewissen dafür einzureden (oder sie mit düsteren Prophezeiungen über nebulose schlimme Konsequenzen als Folge von Verstößen gegen irgendwelche angebliche "Ordnungen" Angst einzujagen und sie so davon abzuhalten), wenn sie erlittene oder drohende Rechtsverletzungen abwehren wollen oder auf bestehende Ansprüche nicht verzichten wollen. Das wäre nicht Therapie - das wäre reinster Aberglaube.
 
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Eine Bekannte von mir hat mir erzählt, sie hätte vor einiger Zeit eine Aufstellung gemacht, in der sie erkannt hätte, dass sie immer wieder in dieselbe Situation kommen würde, weil sie ein Unrecht, das ihr Vater ihrer Mutter angetan hatte, wieder ausgleichen wollte. Sie schilderte, dass sie den Eltern "ihres" zurückgegeben hatte und sich danach total erleichtert gefühlt hätte. Im Laufe des Gesprächs allerdings erwähnte sie eher beiläufig, dass das, was der Vater der Mutter angetan hätte, "moralisch gesehen trotzdem eine Sauerei" gewesen sei. ... Ich dachte immer, wenn ein Mensch jemanden sein Schicksal zurückgibt, das er für ihn tragen wollte, dann dürfte es doch auch keine persönliche Wertung darüber mehr geben? Weil ich ihn/sie achte und damit auch seinen/ihren Weg.
Hallo Suena,

Da besteht aus meiner Sicht ein Missverständnis. "Achten" heißt nicht beschönigen oder Augen verschließen - sondern etwas genauso sehen und benennen, wie es ist.

Das wird gerne vermischt : den Wert von etwas sehen und benennen - und etwas selbst bewerten.

Auch : "achten" heißt nicht zustimmen oder sich zur Meinungslosigkeit zwingen. Ich kann es achten, wenn jemand Alkoholiker ist - aber ich muss nicht den Mund halten und tatenlos bleiben, wenn er im Rausch jemanden verprügelt.

Wenn zB. ein Mann seine Frau belügt und betrügt, dann ist das eine "Sauerei". Und wenn die Tochter sagt, dass das eine Sauerei von ihm war, ist das keine "persönliche Bewertung" - sondern eine Tatsachenfeststellung. Und durchaus Ausdruck der Achtung dem Vater gegenüber. Weil sie sieht und benennt, wie es ist. Und nicht den Vater dadurch kleinmacht, indem sie glaubt ihn schonen zu müssen und ihm die Wahrheit nicht zumuten zu dürfen.

Aufstellungsarbeit ist durchaus mit einem gesunden menschlichen Empfinden vereinbar. Es wäre schlimm, wenn man die Sachen nicht mehr so aussprechen dürfte, wie sie sind.

Gawyrd
 
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