Wie Neo-Schamanen zu Guru's werden

Mein "Ideal" ist es ja, dass jeder Mensch sein eigener "Guru" sein kann.

Natürlich kann man Wissen von anderen Menschen vermittelt bekommen, doch seine Erfahrungen muss jeder Mensch selbst machen. Mit den Folgen der eigenen Entscheidungen muss auch jeder selbst zurechtkommen.
Was nützt es, wenn der Gurucci sagt, was gut für einen ist, aber dieses angeblich "Gute" passt überhaupt nicht zu einem?

Ich hab mir mal den "Spaß" gemacht, mir einen indischen Guru anzuschauen und hatte auch das Glück als Außenstehende in eine Gruppe Frauen zu geraten (die sich schon länger kannten), die extra zu diesem Guru hingepilgert sind.
Fast alle von ihnen haben sich von diesem Guru "heilen" lassen. Zum Beobachten war das sehr interessant. Die Frauen, die seine "Dienste" in Anspruch Namen, ähnelten sich in ihren Aussagen sehr: "Gurucci hat dieses gesagt", "Gurucci hat jenes gesagt".
Am faszinierendsten fand ich es, dass er allen Frauen, die zu ihm kamen, - ohne Ausnahme - dieselben Ratschläge erteilt hat: Iss kein Fleisch, verzichte auf Weizenmehl, usw. usf.. Und das hat mich doch sehr stutzig gemacht, weil doch jeder Mensch unterschiedlich ist - und auch jeder menschliche Körper unterschiedliche Bedürfnisse hat.
Diese Frauen fanden es verwunderlich, dass ich mich nicht von ihm "heilen" lassen wollte. Erst als ich sagte, dass ich kürzlich erst bei einem Schamanen gewesen sei, hat sie davon abgebracht, weiter auf mich einzureden (ich soll doch unbedingt da hin usw.).

Einen kurzen Moment hatte ich die Gelegenheit gehabt, ihm in die Augen zu schauen - und da ist mir ein Gedanke durch das Hirn geschossen: "Was bist denn Du für ein eingebildeter Fatzke!" - gegen diesen Gedanken konnte ich gar nichts tun, der kam einfach.
In dem Moment, als wir uns in die Augen schauten und der Gedanke schoss, zuckte dieser Guru zusammen, so als ob er meinen Gedanken körperlich (schmerzhaft) spürte.

Dieses Erlebnis sagt mir, dass Menschen, die eine größere Wahrnehmung haben, nicht unbedingt weiser oder reifer sein müssen als andere Menschen, die diese Wahrnehmung nicht haben.
Es gibt allerdings genügend Menschen, die sich blenden lassen, und sich in Abhängigkeit von solchen Blendern begeben.

Und nun ist meine Frage: wie kommt es, dass man sich selbst zugunsten eines anderen Menschen aufgibt? Und das sogar über eine längere Zeit nicht bemerkt, was da passiert?
Welche Muster, Glaubenssätze, Strukturen in einem selbst führen dazu, dass man sich darauf einlässt?
Was lässt einen aufwachen und sein Leben wieder selbst in die Hand nehmen?
 
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Ich denke, niemand wird von selbst zum Guru.
Es sind die Bewunderer und Anhänger die einen bestimmten Menschen zum Guru machen.
Und meist ist es so, dass nach der anfänglichen Faszination und dem Fortschritt der "Bewunderer" sich langsam Kritiken breit machen. Bei der Eltern / Kind - Erziehung ist es so ähnlich. Auf einmal stellt der Sohn die Meinung des Vaters in Frage! Dabei hat er im Alter von 4-12 Jahren immer nur die Meinung seines Vaters vertreten. (im Normalfall)
Und mit Sicherheit gibt es keinen Guru der nicht auch kritisiert wird!
Ob es nun ein Sai Baba, ein Osho, Jesus oder sonst einer ist! Trotzdem sollte man seinem "Guru" dafür dankbar sein, wie der Sohn seinem Vater, auch wenn man erkannt hat, dass sie nicht unfehlbar sind!
 
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