"Wie hat man richtig Fragen zu stellen ???"

G

Gawyrd

Guest
In Aufstellungskreisen (und das "schlägt" auch hier im Forum manchmal durch) wird manchmal ein etwas ruppiger Umgangston mit Fragestellern gepflogen. "Du bist noch nicht so weit - setzen" - so in der Art. Das ist mir unbehaglich und da liegt meiner Meinung nach eine Verwechslung vor.

Der Ursprung liegt hier nach meiner Erfahrung bei Hrn. Hellinger (und nicht in der Aufstellungsarbeit an sich). Nur - Hr. Hellinger war bereits in Zeiten vor der Aufstellungsarbeit berühmt-berüchtigt für seine kurz,-knapp-und-bündig Therapien, die oft hilfreich waren - aber auch Menschen unnötig vor den Kopf stießen und auch unnötig verletzten. (Das weiß ich aus meinem Bekanntenkreis.)

Auch in der systemischen Therapie erlebe ich das schnelle Wegschwenken vom Problem hin zur Lösung manchmal (! - nicht immer) als Flucht vor den Abgründen im Menschen - ein Pendel ins andere Extrem weg von den Ewig-und-drei-Tage-Therapien der Psychoanlalyse.

Ja - DIE Qualität der Aufstellungsarbeit ist die Lösungsorientiertheit, aber in jeder Stärke liegt auch eine Schwäche.

Hand auf's Herz - wir Aufsteller sind auch nicht gleich aus der Wiege gehüpft und haben ratzeputz bereits im Säuglingsalter unsere Verstrickungen gelöst. Jeder von uns hat seine mehr oder weniger umständlichen Anläufe zu Lösungsversuchen hinter sich - die Zeiten des Nachdenkens, Spekulierens und Herumsuchens. (Ich habe sogar gehört - man glaubt es kaum : es soll sogar einzelne AufstellerInnen mit noch ungelösten Problemen geben. In Sibirien oder so ... )

In einem Forum Fragen zu stellen, ist in den meisten Fällen schon ein wichiger Schritt (wenn's nicht zum semiprofessionellen Zeitvertreib gehört, andere Menschen mit Fragen zu löchern). Wenn jemand die Lösung schon hätte und wüßte wie er es anpacken muss, würde er nicht mehr fragen.

Einem Fragesteller gleich mal über den Mund zu fahren (mehr oder weniger freundlich) - ist eigentlich auch nicht gerade das Gelbe vom Ei der konstruktiv-lösungsorientierten Denkungsart. Und auch nicht im Sinne eines lebendigen Forums (da wahrscheinlich einige davon abgeschreckt werden - befürchte ich zumindest). Da meine ich mich durchaus selbst mit - bei anderen fällt es einem halt leichter auf.

Eine schöne Neujahrswoche ohne Schneeschaufeln wünsch ich (Juhuu !)

Reinhard
 
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Hallo Walter,:)

ich denke dieses Problem betrifft nicht nur dieses Unterforum, sondern alle Foren, wo sich die sogenannten "Eingeweihten" aufhalten. Z.B. eben auch im Astro-Forum.
Diese Tendenz, daß man Fragende, die manchmal ganz unschuldig, vielleicht auch etwas naiv oder eben nicht gut formulierend Ihre Fragen stellen, gern dafür benutzt, um sich zu profilieren oder wie ich es nenne: Abzubürsten.....
Was ficht einen an, unbedarfte Frager in dieser schulmeisterlichen Art über den Mund zu fahren? Welche Gesinnung steckt dahinter oder muß man eher fragen: Welche Defizite?
Ich fühle mich nicht nur unwohl, wenn ich das lese, sondern das macht mich betroffen. Warum kann man den anderen nicht einfach mal offenherzig tolerieren im Hinblick darauf, daß es vielfältige menschliche Naturen gibt? Das Aburteilen aus schierer Intoleranz oder Bigotterie stösst mir in der Tat auch gerade deswegen so auf, da sich die sogenannten "Eingeweihten" oft als Heilsbringer sehen. Dabei entlarven sie sich mit ihren Antworten nur selbst und stellen sich für alle sichtbar ins Abseits......



Lieben Gruß
Urajup
 
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Ja - DIE Qualität der Aufstellungsarbeit ist die Lösungsorientiertheit, aber in jeder Stärke liegt auch eine Schwäche.
Lösungsorientierung ist ja eh schon zu einem Schlagwort degeneriert, bei dem niemand noch wirklich weiß, was ein anderer damit meint - zum Schlag - Wort im engeren Sinn wird es dann, wenn es indirekt bedeutet "Lass mich mit deinen Problemen in Ruhe".

Ich erinnere mich an einen Satz von Steve de Shazer, dem Co-Erfinder der lösungsfokussierten Kurzzeit-Therapie: "Lösungsorientierung ist nicht gleichbedeutend mit Problemphobie". Und vor allem: Das Um und Auf seiner Arbeit besteht darin, in beeindruckend geduldigem Hören und gekonnter Interviewtechnik dem Klienten dessen eigene Lösungspotenziale greifbar zu machen - und nicht etwa "Lösungsanordnungen" zu verschreiben. Maximen wie "der Klient darf alles, auch über Probleme reden" und "der Klient hat alle Ressosurcen, die er benötigt, und nur er hat seine Lösungskompetenz - der Therapeut hat lediglich die Fragekompetenz" sollten eigentlich ausschließen, dass ein hierachisches Top-Down-Verhältnis zwischen scheinbar (besser) Wissendem und scheinbar Hilfsbedürftigem entsteht.

Das gilt vor allem für Therapiesettings. Ich denke, eine Online-Kommunikation, noch dazu in öffentlicher Diskussion in einem Forum, unterscheidet sich davon dann doch sehr wesentlich. Vielleicht würde es ja helfen, im Einzelfall zu klären, worum es geht - um Diskussion eines Themas oder um den Versuch, Lebenshilfe zu leisten. Wobei mir persönlich für Letzteres im Web so ziemlich alle Voraussetzungen fehlen ... kein persönlicher Rapport, die Reduktion auf geschriebene Sprache, das Phänomen der Kommunikations-Bissen über Tage verteilt, die oft verwirrende Vielfalt der gut gemeinten Tipps und die Meta-Diskussion über die vermutete Qualität dieser Tipps... ich würde mal ganz untergriffig unterstellend vermuten: Wer ein Anliegen erst mal parken und nicht wirklich bearbeiten möchte, diskutiert es online. Wogegen im Prinzip nichts zu sagen ist ... zum einen "weht der Heilige Geist, wo er will", und ich würde mir nicht anmaßen zu sagen, dass da nichts geschehen könne (ich meine, auch dafür hatten wir hier hin und wieder ein Beispiel); zum anderen halte ich es für ganz legitim, ein Anliegen erst mal abzuklopfen und auch abklopfen zu lassen, bevor ich mich entscheide, wie ich weiter damit verfahre. SdS gruppiert seine Klienten da auch schon mal in "Besucher" und "Kunden", ohne sie damit irgendwie zu bewerten.

Alles Liebe,
Jake
 
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