Schattenarbeit

Weil das für mich eine wesentliche Grundlage der "Schattenarbeit" bedeutet, kopiere ich es aus "unter uns" auch hier herüber.

"Hinterher" taten alle (bis heute) so, als wären sie ja dagegen und gezwungen gewesen. Aber stimmt das? Wer hat den denn dann gewählt? Wer hat seine Maschinerie gefüttert und für sich genutzt? War das nur "die böse Industrie"? Wer hat weggeschaut wenn Nachbarn abtransportert wurden? Und er hat dann die Wohnungen bezogen ? ...
Lieber A.

Das ist ein eigenes Thema (wieviele haben profitiert und zugestimmt) - was ich in Auseinandersetzung mit Literatur von Hrn. Hellinger ansatzweise begriffen habe, geht für mich tiefer und spielt sich auf einer anderen, existentiellen Ebene ab :

Im Beispiel : ALLE, die wir hier schreiben, würden nicht leben, wenn irgendwas in der Vergangenheit anders gewesen wäre - in der "kleinen" Geschichte der Familie - in der "großen" Geschichte der Völker. Alles Schlimme und alles Liebevolle, das passiert ist, hat genau zu dem Augenblick geführt, in dem wir entstanden sind.

Wenn es die NS-Zeit und den zweiten Weltkrieg nicht gegeben hätte, hätten sich andere Paare gefunden, hätten die Menschen zu anderen Zeiten miteinander geschlafen - wären andere Kinder gezeugt worden : nicht wir ! Für jeden von uns führt die Weltgeschichte (genau so, wie sie war) zu dem Zeitpunkt, wo sich genau diese Eizelle mit genau dieser Samenzelle verbunden hat, in der ich entstanden bin, in der Du entstanden bist, in der Sage, Baron und Pelisa enstanden sind, in der Walter und Kinnare entstanden sind etc. Nur weil alles GENAU SO war, wie es war, leben wir. Wenn mein Vater nicht in Kriegsgefangenschaft gewesen wäre (die für ihn die Hölle war), wenn er sich am Abend meiner Zeugung auch nur 5 Minuten länger die Zähne geputzt hätte (oder sie gar nicht geputzt hätte) - es hätte ein anderes Spermerl das Rennen gemacht oder auch eine andere Eizelle befruchtet worden, und kein Walter R. wäre da. (Und das gilt für jeden hier.)

Wir alle verdanken der Geschichte - genauso wie sie war - unser Leben. Wir sind paradoxerweise ALLE in diesem Sinn auch Profiteure der NS-Zeit (auch wenn wir sie uns zutiefst zu wider ist).

Das hat mit Verharmlosung nichts zu tun - was fürchterlich war, bleibt fürchterlich. Was schön war, bleibt schön. Alle fürchterlichen und alle schönen Geschehnisse, alle langweiligen und alle aufregenden Ereignisse verweben sich zu einem Augenblick : zu meiner Entstehung, zu Deiner Entstehung.

Und das ist aufs erste unfassbar und unerträglich : ich bin Kind und Geschöpf von Gutem und Schlimmen, von Liebe und Hass, von Hilfreichem und Mord, von Rettung und Untergang - von ALLEM.

Jede Entscheidung in jedem Augenblick verändert mehr oder weniger die Weltgeschichte (mit im Moment nicht absehbaren Folgen) - ob wir zB. hier herumdiskutieren oder nicht : die Weltgeschichte nimmt einen anderen Lauf.

Reinhard
 
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Weil das für mich eine wesentliche Grundlage der "Schattenarbeit" bedeutet, kopiere ich es aus "unter uns" auch hier herüber.


Lieber A.

Das ist ein eigenes Thema (wieviele haben profitiert und zugestimmt) - was ich in Auseinandersetzung mit Literatur von Hrn. Hellinger ansatzweise begriffen habe, geht für mich tiefer und spielt sich auf einer anderen, existentiellen Ebene ab :

Im Beispiel : ALLE, die wir hier schreiben, würden nicht leben, wenn irgendwas in der Vergangenheit anders gewesen wäre - in der "kleinen" Geschichte der Familie - in der "großen" Geschichte der Völker. Alles Schlimme und alles Liebevolle, das passiert ist, hat genau zu dem Augenblick geführt, in dem wir entstanden sind.

Wenn es die NS-Zeit und den zweiten Weltkrieg nicht gegeben hätte, hätten sich andere Paare gefunden, hätten die Menschen zu anderen Zeiten miteinander geschlafen - wären andere Kinder gezeugt worden : nicht wir ! Für jeden von uns führt die Weltgeschichte (genau so, wie sie war) zu dem Zeitpunkt, wo sich genau diese Eizelle mit genau dieser Samenzelle verbunden hat, in der ich entstanden bin, in der Du entstanden bist, in der Sage, Baron und Pelisa enstanden sind, in der Walter und Kinnare entstanden sind etc. Nur weil alles GENAU SO war, wie es war, leben wir. Wenn mein Vater nicht in Kriegsgefangenschaft gewesen wäre (die für ihn die Hölle war), wenn er sich am Abend meiner Zeugung auch nur 5 Minuten länger die Zähne geputzt hätte (oder sie gar nicht geputzt hätte) - es hätte ein anderes Spermerl das Rennen gemacht oder auch eine andere Eizelle befruchtet worden, und kein Walter R. wäre da. (Und das gilt für jeden hier.)

Wir alle verdanken der Geschichte - genauso wie sie war - unser Leben. Wir sind paradoxerweise ALLE in diesem Sinn auch Profiteure der NS-Zeit (auch wenn wir sie uns zutiefst zu wider ist).

Das hat mit Verharmlosung nichts zu tun - was fürchterlich war, bleibt fürchterlich. Was schön war, bleibt schön. Alle fürchterlichen und alle schönen Geschehnisse, alle langweiligen und alle aufregenden Ereignisse verweben sich zu einem Augenblick : zu meiner Entstehung, zu Deiner Entstehung.

Und das ist aufs erste unfassbar und unerträglich : ich bin Kind und Geschöpf von Gutem und Schlimmen, von Liebe und Hass, von Hilfreichem und Mord, von Rettung und Untergang - von ALLEM.

Jede Entscheidung in jedem Augenblick verändert mehr oder weniger die Weltgeschichte (mit im Moment nicht absehbaren Folgen) - ob wir zB. hier herumdiskutieren oder nicht : die Weltgeschichte nimmt einen anderen Lauf.

Reinhard

Hallo Reinhard,

ich stimme dir zu. Nur wird uns mit so einer relativ allgemeinen (wenn auch richtigen) Betrachtung in der ganzen Konsequenz klar, was es unter diesen Voraussetzungen bedeutet, das Leben ganz und um diesen Preis zu nehmen?

Immerhin bedarf das Nehmen des Lebens in seiner Gänze des Zustimmens wie es nun mal ist, u.a. bis zum Tod Jesu, bis hinein in die früheste Geschichte und ALLEM. Kann ich dazu JA sagen, dass dieser Preis für mein Leben gezahlt wurde?

Was bedeutet das, wenn ich es schaffe? Welch ein Reichtum tut sich da auf!

Was bedeutet es, wenn ich die Vergangenheit, wie sie nun einmal war "ablehne"? Was ist ein Leben dann noch wert?

Bert Hellinger sieht m.W. den Genozid an den Juden als Folge des noch viel älteren Konfliktes zwischen Christen und Juden. Der Nationalsozialismus in seiner judenvernichtenden Seite war ein Teil des ganz alten Konfliktes der aus dem christlichen Vorwurf entspringt, die Juden hätten Christus ermordet. Aber wie bei allen KOnflikten ist das natürlich wieder eine Frage der Interpunktion. Was war dann davor? Und davor? Ich finde (Buchempfehlung: Der große Konflikt), dass Hellinger uns sehr anschaulich zeigt, wie wenig Sinn der "Ausgleich im Bösen" (der ja, mit Liebe durchgeführt, Einzelne wieder versöhnen kann) auf der ethischen Ebene gelingen kann und wie er sagt der einzige Weg zum Ende wolcher Konfliktschleifen der ist, sich gemeinsam der Geschichte zu stellen wie sie nun mal war und ohne Urteil und dann gemeinsam die Toten zu beweinen.

Man stelle sich vor:

Wir stehen an den Schlachtfeldern des 2. WK und sehen alle Toten auf einmal und zusammen liegen. Alles ist verwüstet und wir können nichts mehr tun.... und es ist still.... absolut stilll.... und dann lassen wir gemeinsam unseren Blick schweifen auf die Toten. Man kann nach so vielen Jahren wohl nicht mehr unterscheiden, wer zu wem gehörte. Sie sind einfach alle tot und im Tode sind sie einander gleich geworden... zu Sand und Staub.... und wir müssen uns dem Schmerz stellen, der dann kommt. Dem Schmerz, dass sie den Preis für unser Leben gezahlt haben - so wie du es beschreibst.

Und vielleicht gelingt es uns, den Nachfahren der Täter und er Opfer dann den Blick weiter werden zu lassen und über das Schlachtfeld hinaus zu schauen auf den Horizont, an dem das Glühen der Sonne einer Zukunft aufzugehen beginnt. Das Glühen einer gemeinsamen Zukunft in Frieden.

A.
 
ich stimme dir zu. Nur wird uns mit so einer relativ allgemeinen (wenn auch richtigen) Betrachtung in der ganzen Konsequenz klar, was es unter diesen Voraussetzungen bedeutet, das Leben ganz und um diesen Preis zu nehmen ? Immerhin bedarf das Nehmen des Lebens in seiner Gänze des Zustimmens wie es nun mal ist, u.a. bis zum Tod Jesu, bis hinein in die früheste Geschichte und ALLEM. Kann ich dazu JA sagen, dass dieser Preis für mein Leben gezahlt wurde ?
Als Nebeneffekt habe ich möglicherweise ein bisserl was vom Sinn des Koans begriffen. Ein Koan ist ein Rätsel, das mit dualem Denken (und Erleben) nicht zu lösen ist. In der Lösung des Koans überwinde ich in Erleben und Denken die Dualität - hin zum Erleben der Erleuchtung : dem unmittelbaren Erleben der Einheit von Allem.

Das ist aus meiner jetzigen Sicht das Problem bei Hellinger - und der bedenkenswerten (von Dir zitierten) Kritik von Dasberg . Ein Meister stellt den Koan nur Menschen, die zu ihm kommen; die eine Lösung suchen.

Hellinger knallt "seinen Koan" ungefragt in Buchform allen auf den Tisch, sowohl denen die es wissen wollen - als auch denen, die gar nicht danach gefragt haben.

Hellingers Aussagen - so verstehe ich es - bemühen sich, dualistisches Denken und Erleben zu überschreiten, die Dualität zu überwinden. Alle Vorwürfe entstehen dann, wenn man seine nicht-dualen Überlegungen mit dem herkömmlichen dualistischem Denken auffasst (was zu völligem Missverständnis führen MUSS !).

Schreibt ein Mensch, der die Dualität wirklich überwunden hat, noch ein Buch ? Wozu ?

Vielleicht liegt hier ein Widerspruch bei Hellinger - wenn ohnehin alles "ist, wie es ist" : wozu dann durch Bücher eingreifen ? Andererseits - warum auch nicht ? Ich persönlich bin froh darum.

Reinhard
 
Schreibt ein Mensch, der die Dualität wirklich überwunden hat, noch ein Buch ? Wozu ?

Vielleicht liegt hier ein Widerspruch bei Hellinger - wenn ohnehin alles "ist, wie es ist" : wozu dann durch Bücher eingreifen ? Andererseits - warum auch nicht ? Ich persönlich bin froh darum.
Was schreibt Hellinger für Bücher?

Die, von denen alle reden sind einfache Mitschriften realer Aufstellungen, welche auf Video aufgenommen und danach auch dokumentiert wurden. Aber sind das Bücher, die er geschrieben hat?

Ich persönlich empfinde seine *echten* Bücher, die, die ihm ein Bedürfnis waren und die er wirklich selbst verfaßt hat, weit mehr als *Vermächtnis zum Nachdenken* als die, die überall als seine Lehre gehandelt werden.

Ausserdem wieder mal meine Anregung zu unterscheiden, was Hellinger vor 10 Jahren gemacht und dokumentiert hat und was Hellinger jetzt tut. Aber anscheinend ist es ja hier unvorstellbar, dass Mensch sich weiter entwickelt im Laufe der Jahre (damit mein ich jetzt nicht dich persönlich)
 
@ChrisTina: ich lese gerade "Der Abschied", was ja tatsächlich schon älter ist. Aber ich möchte die Zitate schon im Zusammenhang kennen lernen. Ersparst du mir die Suche und nennst mir ein, zwei aktuelle Titel? Du hast übrigens Recht, nur die Aufstellungen zu lesen ist mühsam und bringt kaum weiter (es gibt aber "allgemeine" Exkurse).
 
Da das Thema Hellinger und Nationalsozialismus bzw. Hitler immer wieder mal aufs Tapet kommt und wir es hier in den letzten Tagen in 4 Threads diskutiert haben (woran ich nicht ganz unschuldig bin), gebe ich einfach die Links der 3 anderen an - dann kann man in Zukunft leichter auf diese Threads verweisen.

Thread : Polarisierung und Aufstellungsarbeit

https://www.esoterikforum.at/threads/46355

Thread : Hitlerfreund - Moderation Familienaufstellung

https://www.esoterikforum.at/threads/46235

Thread : Wie ernst werden Forenregeln genommen ?

https://www.esoterikforum.at/threads/46285

LG, Reinhard
 
Was mir noch zum Thema : "Hellinger und Schattenarbeit" eingefallen ist :

Seine (wenn ich ihn richtig verstanden habe) Sichtweise, die Greuel der Vergangenheit (das Leid der Opfer - die Verfehlungen der Täter) zu sehen, ohne sich in die anmaßende Rolle eines Richters zu begeben - diese Sichtweise macht auf dem Hintergrund der Wiedergeburt zusätzlichen Sinn. (Womit ich nicht meine, dass Hr. Hellinger die Wiedergeburt thematisiert - da habe ich keine Ahnung, wie er dazu steht).

Aus der Sicht der Wiedergeburt ist es durchaus möglich, dass man selbst an Geschehen als Täter beteiligt war, die man aus dem Blickwinkel des jetzigen Lebens verurteilt. Man würde also - ohne es zu wissen und zu merken - sich selbst verurteilen. Wenn man für diese Sichtweise offen ist, ist es durchaus nachvollziehbar, dass man auf das emotional besonders heftig und abwehrend reagiert, wo die eigene Seele noch ungelöste Schuld mit sich trägt.

(Als Denkanstoß gedacht - nicht als Behauptung, dass es so sei.)

In diesem Zusammenhang könnte das Buch von "Dr. Eli LASCH : Sie sind wieder da" für manche von Interesse sein. (Darin geht es um Reinkarnation von Menschen aus der Nazizeit).

Liebe Grüße, Reinhard
 
Was mir noch zum Thema : "Hellinger und Schattenarbeit" eingefallen ist :

Seine (wenn ich ihn richtig verstanden habe) Sichtweise, die Greuel der Vergangenheit (das Leid der Opfer - die Verfehlungen der Täter) zu sehen, ohne sich in die anmaßende Rolle eines Richters zu begeben - diese Sichtweise macht auf dem Hintergrund der Wiedergeburt zusätzlichen Sinn. (Womit ich nicht meine, dass Hr. Hellinger die Wiedergeburt thematisiert - da habe ich keine Ahnung, wie er dazu steht).

Aus der Sicht der Wiedergeburt ist es durchaus möglich, dass man selbst an Geschehen als Täter beteiligt war, die man aus dem Blickwinkel des jetzigen Lebens verurteilt. Man würde also - ohne es zu wissen und zu merken - sich selbst verurteilen. Wenn man für diese Sichtweise offen ist, ist es durchaus nachvollziehbar, dass man auf das emotional besonders heftig und abwehrend reagiert, wo die eigene Seele noch ungelöste Schuld mit sich trägt.

(Als Denkanstoß gedacht - nicht als Behauptung, dass es so sei.)

Hallo Reinhard :)

Interessanter Gedanke.

Ich möchte an der Stelle gleich mal betonen, dass ICH auf jeden Fall "im Widerstand" war, falls sich das als wahr herausstellen sollte.

Die ANDEREN aber sollten da mal darüber nachdenken.

Liebe Grüße

Bonobo
 
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Ich möchte an der Stelle gleich mal betonen, dass ICH auf jeden Fall "im Widerstand" war, falls sich das als wahr herausstellen sollte.

Die ANDEREN aber sollten da mal darüber nachdenken.
Ich schätze die Ironie in dieser Formulierung, Bonobo ... und ich vermute, aus den Erfahrungen mit so vielen hier: Ohne markantes "Holzhammer-Verkehrsschild Ironie" wird das kaum wer als ironisch wahrnehmen...

Alles Liebe,
Jake
 
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