Bewegungen der Seele und des Geistes

G

Gawyrd

Guest
Hier möchte ich etwas ergänzen.

Bert Hellinger hat mit der Zeit herausgefunden, dass die klassischen Familienaufstellungen mitunter einer Lösung sogar im Wege stehen können.

Weiterhin stellte sich bei genauer Beobachtung von Teilnehmern in Aufstellungen heraus, dass diese schon während der Phase der Einfühlung in die Rolle deutliche kleine ideomotorische Reaktionen zeigten - vor allem im unteren Körperbereich. Hier besonders die Hände, Becken, Beine und Füße.

Bert Hellinger fand heraus, dass es oft völlig ausreicht, nur eine oder zwei Personen zu einem Thema aufzustellen und deren Körperbewegungen zu folgen. Er sagt dazu, dass ein Stellverteter (oder auch eine Originalperson, die aufgestellt wird) sämtliche Bewegungen der Seele eines Systems in seinem eigenen Körper abbildet. Schon eine Person ist - wenn sie steht - eine Systemaufstellung in sich.

Der Stehende (Stellvertreter oder Aufstellender) wird aufgefordert, gesammelt zu sien und dann den subtilen Bewegungsimpulsen seines Körpers ohne Worte (jedoch mitunter eben nicht schweigend, weil sich daraus auch ein heftiger Schrei entwickeln kann) zu folgen. Daraus ergeben sich meist zeitlupenartige Bewegungen von eigenartiger Intensität. Mitunter wird dann noch die eine aoder andere Person dazugestellt oder der Protagonist aufgefordert eine Bewegung oder Haltungsänderung zuversuchen, wenn der Fluss unterbrochen ist.

Was sich ergibt sind wortlose, dramatische Bewegungsbilder des Systems. Oft wird an derStelle der größten Spannung inne gehalten odergarabgebrochen. Ziel dieses Abbruchs ist dann, dass die Seele von dort an ihrem eigenen Weg wieder überlassen wird. Hier weiter zu machen wäre dann ein unbotmäßiger Eingriff in das Handwerk der Seele.

Der Leiter einer solchen Arbeit hält sich weit gehend im Hintergrund, so lange die Stellvertreter gesammelt agieren. Fangen sie an zu "acten" wird er natürlich sofort unterbrechen.

Bewegungen der Seele sind rein phänomenologisch und NICHT zielgerichtet. Bei dieser Arbeit verbietet es sich auch (m.E. ebenso wie bei den Familienaufstellungen), den Aufstellenden vorhernach einem Wunsch oder Ziel zu fragen, was ja konstruktivistische Aufstellungen manchmal bieten. Auf dieser tiefen Ebene der Systemseele und des Geistes an sich wäre jedes formulierte Ziel lächerlich. Oft handelt es sich um Bewegungen mit ethnischem Hintergrund, also bei Nachfahren oder Betroffenen ethnischer Konflikte.

Bewegungen der Seele und des Geistes werden nachher auf keinen Fall rational "ausgewertet". Auch eine verbale "Nacharbeit" verbietet sich auf dieser Ebene.

Als Stellvertreterso einerArbeit erlebt man die Bewegungen, wie ein "erfasst-Sein". Man kann ihnen nicht entgehen. Jeder Versuch der Kontrolle geht daneben und man tut gut daran, sich den Bewegungen einfach anzuvertrauen.

Die Leitung einer solchen Aufstellung erfordert vom Leiter eine große innere Reife, Zurückhaltung und vor allem Absichts- und Ziellosigkeit. Erfolgt nur dem, was der Geist ihm zeigt. Dadurch, dass es gesehen wurde, verändertes sich und kommt in Fluss.Dies ist eine Arbeit auf einer derarttiefen spirituellen Ebene, wo sich nur mehr Wort-Losigkeit zeigen kann. Es erfordert ein im Einklang sein mit allem seitens des Leiters.

Bewegungen der Seele und des Geistes haben von ihrer Wirkung her und von ihrer Tiefe wie von ihrer Anforderung an den Leiter das klassische Familienstellen sozusagen überholt und werden oft von Familienstellern abgelehnt, die noch ein Bedürfnis nach eigener Bedeutung und Kontrolle haben. Dies hat u.a. dazu geführt, dass sich einige sehr vehement von Bert Hellinger abgesetzt haben.

A.
Lieber A.

Ganz lieben Dank für diese Beschreibung. Damit wir dem genauer nachgehen können, habe ich mir erlaubt, damit einen neuen Thread zu eröffnen.

Liebe Grüße, Reinhard

PS.: Falls das nicht in Deinem Sinn ist, kannst Du es gerne vom Moderator wieder löschen lassen.
 
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1. Bert Hellinger hat mit der Zeit herausgefunden, dass die klassischen Familienaufstellungen mitunter einer Lösung sogar im Wege stehen können.

2. Bewegungen der Seele und des Geistes haben von ihrer Wirkung her und von ihrer Tiefe wie von ihrer Anforderung an den Leiter das klassische Familienstellen sozusagen überholt und werden oft von Familienstellern abgelehnt, die noch ein Bedürfnis nach eigener Bedeutung und Kontrolle haben.

3. Bert Hellinger fand heraus, dass es oft völlig ausreicht, nur eine oder zwei Personen zu einem Thema aufzustellen und deren Körperbewegungen zu folgen. Er sagt dazu, dass ein Stellverteter (oder auch eine Originalperson, die aufgestellt wird) sämtliche Bewegungen der Seele eines Systems in seinem eigenen Körper abbildet. Schon eine Person ist - wenn sie steht - eine Systemaufstellung in sich.

4. Bewegungen der Seele sind rein phänomenologisch und NICHT zielgerichtet. Bei dieser Arbeit verbietet es sich auch (m.E. ebenso wie bei den Familienaufstellungen), den Aufstellenden vorherein nach einem Wunsch oder Ziel zu fragen

5. Die Leitung einer solchen Aufstellung erfordert vom Leiter eine große innere Reife, Zurückhaltung und vor allem Absichts- und Ziellosigkeit. Erfolgt nur dem, was der Geist ihm zeigt. Dadurch, dass es gesehen wurde, verändertes sich und kommt in Fluss. Dies ist eine Arbeit auf einer derarttiefen spirituellen Ebene, wo sich nur mehr Wort-Losigkeit zeigen kann. Es erfordert ein im Einklang sein mit allem seitens des Leiters.
Ich finde diese Form der Aufstellung SEHR interessant - sie erinnert mich an eine taoistische Grundhaltung.

ad 1 : Da Hellinger kaum bei anderen Familienaufstellern mit eigenständigen Vorgangsweisen hospitiert haben wird (nehme ich an), wird das wahrscheinlich heißen, dass er gesehen hat, dass Aufstellungen nach "den Ordnungen der Liebe" manchmal hinderlich und nicht-hilfreich waren ? (Um nicht wieder den Fehler zu begehen, verschiedenste Aufstellungsformen in einen Topf zu schmeißen.)

ad 2 : Ich finde es unnötig, wenn hier wieder bewertet wird. Die "Bewegungen der Seele" sind etwas Anderes, nicht etwas Besseres.
Es sind auch die Wünsche der Klienten ernstzunehmen. Viele wollen (verständlicherweise !) konkrete Situationen und Beziehungen in ihrem Leben verbessern. Wenn man dem als Aufsteller Rechnung trägt hat das noch nichts mit dem "Bedürfnis nach eigener Bedeutung und Kontrolle" zu tun.

Man kann eigene Wege gehen, ohne die Wege anderer abzuwerten.

ad 3 : Ja - je weniger Stellvertreter, umso dichter (in der Regel). Ich würde aber nicht allgemein sagen, dass "es" ausreicht. Was bei Hellinger ausreicht, muss bei anderen noch lange nicht reichen. Meiner Einschätzung nach wird bei der Aufstellungsarbeit die Bedeutung des Aufstellungsleiters oft unterschätzt. Es hängt viel von seiner seelischen Kraft und Feinfühligkeit ab, was sich zeigen kann und was geschehen kann.

ad 4 : Das ist wichtig, es von vornherein zu deklarieren. Dann kann ich als Klient entscheiden, ob das für mich zum jetzigen Zeitpunkt stimmig ist. Verallgemeinerbar ist diese streng-asketische Haltung aber nicht. (siehe 2.) Für mich persönlich ist das Gespräch (nicht das Zerreden !) und das Erspüren eigener Wünsche und das Erkennen von Wünschen anderer wichtig. (Worte können für mich ebenso Kunstwerke sein wie Musik, Bilder, Tanz, Speisen - ich möchte keinen Bereich der Kunst amputieren.)

ad 5 : Da würde mich interessieren, warum Hellinger diese Aufstellungen ÜBERHAUPT macht. Das ganze Leben ist eine große Bewegung der Seele(n).
Wenn ich absichstlos, zurückhaltend und ziellos bin (meinem Verständnis nach taoistische Einstellungen wie zB. das Wu-Wei - das Handeln durch Nicht-Handeln) : Warum mische ich mich dann überhaupt noch durch die Durchführung und Leitung einer Aufstellung ein ? Warum beschränke ich mich nicht auf ein tatenloses und weise-lächelndes Schauen, wie alles-ist-wie-es-ist und wird-wie-es-wird. Besteht hier nicht ein innerer Widerspruch ?

Liebe Grüße, Reinhard
 
Lieber Reinhard!
ad 2 : Ich finde es unnötig, wenn hier wieder bewertet wird. Die "Bewegungen der Seele" sind etwas Anderes, nicht etwas Besseres.
Da stimme ich aus vollem Herzen zu, das anzumerken lag mir auch schon auf der Zunge. Ich hab ja auch die Entwicklung in der Arbeit BHs verfolgt - und habe manches da durchaus anders wahrgenommen. Ich will hier keinen kleinkarierten Disput draus machen, zumal das ja eh alles dokumentiert und auch im Original zu haben ist. Und unterschiedliche Wahrnehmungen sind in meinen Augen ebenso berechtigt wie natürlich, sie werden nur mühsam, wenn sie absolut gesetzt werden.
Wenn man dem als Aufsteller Rechnung trägt hat das noch nichts mit dem "Bedürfnis nach eigener Bedeutung und Kontrolle" zu tun.
Speziell diese Formulierung habe ich auch als ziemlich entbehrlichen rhetorischen Untergriff empfunden, der das zuvor Gesagte eher entwertet als verstärkt.
Ja - je weniger Stellvertreter, umso dichter (in der Regel). Ich würde aber nicht allgemein sagen, dass "es" ausreicht. Was bei Hellinger ausreicht, muss bei anderen noch lange nicht reichen. Meiner Einschätzung nach wird bei der Aufstellungsarbeit die Bedeutung des Aufstellungsleiters oft unterschätzt. Es hängt viel von seiner seelischen Kraft und Feinfühligkeit ab, was sich zeigen kann und was geschehen kann.
Was das Setting einer Aufstellung anlangt, halte ich inzwischen sehr Vieles für möglich und sinnvoll, und wenn ich kein Ziel verfolge, was ja als Tugend genannt wurde, muss das, was jeweils dabei herauskommt, auch das Gemäße sein (im Sinne des Übergeordneten, das da wirkt). Und ich gestehe, ich habe an Aufstellungen teilgenommen, bei denen es mir persönlich die Zehennägel aufgerollt hat, und als ich dann die Aufstellenden anschließend (und teilweise auch viel später) gesehen und ihr Feedback eingeholt habe, war ich erstaunt, dass und was sich da bewegt hat... eine Wahrnehmung, die mich nicht wirklich freut, weil es meinen Hang zur "rechten Lehre" relativiert, die aber umgekehrt mein Vertrauen in das, was da wirkt in einer Aufstellung, stärkt. Die Bedeutung des (Beg)Leiters ... also da bin ich auf jeden Fall dankbar, wenn eine fundierte therapeutische Ausbildung dahintersteht, um im "Krisenfall" - ich lass das mal absichtlich so knieweich dastehen - angemessen zu intervenieren oder nicht.
Für mich persönlich ist das Gespräch (nicht das Zerreden !) und das Erspüren eigener Wünsche und das Erkennen von Wünschen anderer wichtig.
Ja, und da bin ich dankbar, dass ich zum Beispiel einen in meinen Augen genialen Gesprächspartner wie Steve De Shazer erleben durfte - der hat vorgeführt, wie auch ein klug geführtes, von professioneller Interviewtechnik getragenes Gespräch den Klienten auf seinen eigenen Lösungsweg führen kann. Vor allem: Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es keinem einzigen Aufstellenden - und das trau ich mich so apodiktisch zu sagen - gelungen ist, nicht über seine Aufstellung zu reden. Und wenn das schon so ist, dann halte ich es nicht für das Schlechteste, wenn er auch mit dem ein paar Takte redet, dem er sich für die Aufstellung anvertrauen möchte bzw. anvertraut hat. Das dient, wenn gut gemacht (und davon gehe ich mal aus, weil ich nicht grundsätzlich jedem Therapeuten Unfähigkeit unterstelle), eher der Qualitätssicherung der Aufstellung als ihrer verbalen Plättung. Wenn schlecht gemacht, kann wohl auch Letzteres eintreten. Und vor allem: das Risiko zum einen oder zum anderen sehe ich auch dann genauso hoch, wenn es vor und nach der Aufstellung keine begleitenden Kontakte gibt. Dann erledigen das Freunde, Bekannte und Verwandte... und why not? Wenn die Aufstellung nicht ins Leben und in seine realen Bezüge hinein weiterwirkte (was sie nach meinen Beobachtungen ja auch tut), was wäre sie dann gewesen? Wenn das Weiterwirken - was ja durchaus möglich ist - schmerzt: Unterstützt dann eine kluge Begleitung die Sicherung des lösenden Wirkens oder vermehrt eine Nichtbegleitung die Wahrscheinlichkeit, dass der Schmerz vermieden und die Aufstellung selbst dafür als Schmerzverursacher angeklagt wird? Ich lass das mal offen...
Wenn ich absichstlos, zurückhaltend und ziellos bin (meinem Verständnis nach taoistische Einstellungen wie zB. das Wu-Wei - das Handeln durch Nicht-Handeln) : Warum mische ich mich dann überhaupt noch durch die Durchführung und Leitung einer Aufstellung ein ? Warum beschränke ich mich nicht auf ein tatenloses und weise-lächelndes Schauen, wie alles-ist-wie-es-ist und wird-wie-es-wird. Besteht hier nicht ein innerer Widerspruch ?
Also da bin ich dankbar, dass es Menschen gibt, die ihre inneren Widersprüche leben...

Alles Liebe,
Jake
 
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