Wodurch aber wird ein System zu einem System - was ist das Wesen der Wechselwirkung und der gegenseitigen Beeinflussung - welche Kräfte wirken in einem System und "binden" es zusammen ?
Ich weiß schon, es ist oft schwer auszuhalten, auf Begründungen zu verzichten. Das Bedürfnis danach steckt uns tief in den Knochen. Es äußert sich schon in der Fragestellung "welche Kräfte wirken in einem System und binden es zusammen?" ... das setzt die Annahme voraus, dass ein System durch irgendwelche Kräfte konstituiert wird. Steckt dahinter nicht erst wieder die Vorstellung einer Art Psychomechanik, die Kausalketten knüpft? Wobei auch Variable wie x und y nichts anderes wären als der Versuch, "vorläufig noch Unbekannte" in ein Erklärungsmodell einzuführen, das von der prinzipiellen Erklärbarkeit ausgeht.
Ich bin da bei "meinem Freund LaoTse" (Bert Hellinger war mal so frech, das so zu bezeichnen
und meine: "Könnte ich nennen das Tao, es wäre nicht das Tao." Wirkungen wahrnehmen, ohne Ur-Sachen konstruieren zu müssen ... ich meine schon, dass das möglich ist. Wirkungen in ihren Wechselwirkungen als Ordnung (und damit hab ich schon ein System) wahrzunehmen, ohne Ur-Sachen konstruieren zu müssen ... auch damit hab ich (außer dem erwähnten primären Reflex, erst mal Begründungen zu suchen) kein gröberes Problem. Viele dieser Missverständnisse, wie sie z.B. in der Kritik an Hellinger immer wieder auftauchen, scheinen mir da ihre Wurzeln zu haben: Da wird "Ordnung" nicht als beobachtete Struktur eines Vorgefundenen gewürdigt (die sich in einem anderen Vorgefundenen oder einem anderen Kontext in durchaus anderer Weise zeigen kann), sondern zu einem moralischen Postulat abstrahiert ... was nicht Hellinger selber tut, sondern erst seine Kritiker, die von einem anderen Systembegriff ausgehen, speziell die ideologisch erblindeten linken Kritiker, für die "System" ja prinzipiell ein Feindbild ist.
Annehmen, was ist ... bedarf das der vorherigen Erklärung oder der Kompatibilität mit einem existierenden Erklärungsmodell? Oder geht das eher in Bereiche, wie sie z.B. auch die Meditation erschließt - in Bereiche des unvermittelteren Wahrnehmens?
Die religiösen oder magischen Stellvertretungsmodelle betrachte ich mit einiger Skepsis ... auch da nicht zuletzt bestärkt durch Hellingers "Gottesgedanken". Was bitte nicht als antispirituelle Haltung missverstanden werden möchte ... im gerade erwähnten Buch auf S. 222 schreibt H. über das Lassen:
"Etwas so zu lassen, dass wir es behalten, ist das eigentliche Lassen. Bei diesem Lassen ziehen wir uns von etwas zurück, ohne es aus dem Blick zu lassen. Wir geben es durch unser Lassen frei, erlauben ihm, in etwas Größerem zu sein, ja darin aufzugehen. Zugleich treten wir selbst durch dieses Lassen in etwas Größeres ein, versinken in ihm, erfahren uns bleibend und finden in diesem Lassen zutiefst zu uns selbst. Doch ohne dass wir etwas halten.
Dieses Selbst hat keine Mitte mehr. Es ist im Lassen aufgelöst, für nichts mehr greifbar, ausgegossen, ohne eigene Grenzen, allem gehörig und dadurch es auch selber seiend. Durch das Lassen gewinnen wir, was immer uns begegnet."
In dieser Haltung treten Begründungen in den Hintergrund. Und der letzte Absatz des zitierten Hellinger-Textes scheint mir einen guten akausalen Zugang zur Antwort zu eröffnen, wie ein Repräsentant in einer Aufstellung empfindet.
Alles Liebe,
Jake