Tibetischer Buddhismus

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Lotusz

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Hallo

Durch das Forum wurde ich angeregt, mich einmal mit dem Tibetischen Buddhismus zu befassen. Für alle, die mit dem Tibetischen Buddhismus nicht so vertraut sind, sei gesagt, dass der Tibetischen Buddhismus allgemein mit dem Tantra gleichgesetzt wird. Das spirituelle Oberhaupt des Tibetischen Buddhismus ist der Dalai Lama.

Der Dalai Lama ist der „weltliche“ und „geistige Führer“ eines unterdrückten Volkes. Er ist der bekannteste Buddhist der Welt. Er ist der Träger des Friedensnobelpreises. Und er lächelt unaufhörlich. Was kann an diesem Mann und seinem Verhalten auszusetzen sein? Eine ganze Menge. Da ist zum Beispiel die seltsame Tatsache, daß die Legitimation des Dalai Lama, im Namen aller Tibeter aufzutreten, so gut wie nie hinterfragt wird. Nicht nur wird nicht wahrgenommen, daß er selbst seine Position einem vollkommen absurden und obskuren Auswahlritual verdankt, das aus einem kleinen Jungen die Wiedergeburt eines menschgewordenen Buddhawesens oder „Bodhisatthvas“ machte. Der Dalai Lama ist angeblich die Wiedergeburt des Bodhisattvas Avalokiteshvara, tibet. Chenrezig.

Es wird auch aus Unwissenheit oder mit Absicht übersehen, daß die Geschichte des lamaistischen Buddhismus in Tibet keineswegs so friedfertig und einheitsselig verlief, wie die westlichen Tibetfreunde sich das zusammenphantasieren. Ganz im Gegenteil trieft sie von Blut. Sie ist eine endlose Abfolge von Grabenkämpfen zwischen Sekten, die einander buchstäblich bis aufs Messer verfeindet waren (und sind!), von Palastrevolten und Thronintrigen, und sie ist vor allem die Geschichte eines namenlos ausgebeuteten und unterdrückten Volkes.

Mit dem Niedergang der mongolischen Herrschaft brachen (ab etwa 1335) erbitterte Machtkämpfe zwischen den einzelnen Schulen und Klöstern Tibets aus, die sich über mehrere Generationen hinzogen. Aus den teilweise mit brutalster Gewalt ausgefochtenen Rivalitäten, in die sich auch die vom Sakyapa-Klerus entmachteten Fürsten einmischten, ging letztlich eine neuformierte Sekte hervor, die der Gelugpa (Gelbmützen), der auch der Dalai Lama angehört. Im Gegensatz zu den Gilbmützen gibt es noch die „Rotmützen“ der Sakyapa oder Kagyüpa.

Mit Hilfe des Mongolenführers Gushri Khan entledigte sich die Gelugpa zwischen 1639 und 1642 sämtlicher innenpolitischer Widersacher, selbst der in Lhasa sitzende, völlig bedeutungslose Vertreter der chinesischen Ming-Herrscher wurde umgebracht. Insbesondere aber die wiedererstarkten Rotmützen wurden mit unerbittlicher Gewalt verfolgt und letztlich nahezu ausgerottet: die Mönche der Sakyapa wurden zu Tausenden erschlagen, eingekerkert oder vertrieben, man eignete sich ihre Klöster und ihren Besitz an, verbot ihre Lehre, verbrannte ihre Schriften; auch die anderen buddhistischen Schule wurden zu völliger Bedeutungslosigkeit reduziert. Gushri Chan ernannte Lobsang Gyatso (1617 – 1682), der bereits als Fünfter Dalai Lama inthronisiert war, zur höchsten geistlichen und weltlichen Autorität des Landes.

Mit anderen Worten: Die Autorität, die der Dalai Lama heute für sich beansprucht, ist ein Relikt, das aus den Zeiten der unmittelbaren Erben von Dschingis Khan auf die Tibeter gekommen ist. Der jetzige Dalai Lama ist insofern nur der aktuelle oberste Vertreter einer extrem militanten und radikalen Mönchssekte, die es über Jahrhundert hinweg bis heute geschafft hatte, sich durch brutale Gewalt die Oberherrschaft über ganz Tibet zu sichern.

Friedliebender Dalai Lama?

Kann der Dalai Lama wirklich als Leuchtturm der Friedfertigkeit und der Gerechtigkeit angesehen werden, für den ihn seine Anhänger halten? Keineswegs. Schon die simple Tatsache eines blutigen Guerillakriegs, der von einer Untergrundarmee von 1958 bis 1973 von einem der älteren Brüder des Dalai Lama geleitet und von der CIA gesponsort wurde, wirft ein zwiespältiges Licht auf den ewig friedfertig lächelnden Dalai Lama, der fast fünfzehn Jahre lang höchst wohlwollend zugesehen hatte, in offenem Widerspruch zu seinem ständig vorgetragenen Bekenntnis zur Gewaltlosigkeit. Passagen aus seiner Autobiographie von 1962, in denen er den tibetischen Guerillakampf ausdrücklich gutgeheißen hatte, wurden in der Neufassung von 1990, inzwischen war er Friedensnobelpreisträger, ersatzlos gestrichen.

Theorie und Praxis des tibetischen Buddhismus: Das Karma

Die Behauptung, daß das gegenwärtige Geschick eines Menschen unmittelbar mit dem Verhalten in einem früheren Leben zusammenhängt, halte ich für sehr fragwürdig. Ausserdem benutzt der tibetische Buddhismus die Karma-Lehre sehr gezielt als individuelle und soziale Zuchtrute. Mit surreal gesteigerten Bestrafungsphantasien werden die Gläubigen vor dem Abweichen vom Pfad der Tugend gewarnt. Das Tibetanischen Totenbuch zum Beispiel spricht von 16 Höllen in denen man ohne Pause dort den schrecklichsten Qualen ausgesetzt ist.

So geht es Kapitel um Kapitel in der entsprechenden Literatur weiter. Der tibetische Buddhismus hat für den Gläubigen, der gesündigt hat, ein nicht endenwollendes Arsenal von Folterungen in petto: Köpfe werden abgerissen, Zungen werden aus dem Mund gezogen und mit Dolchen durchstoßen, die armen Seelen versinken in Seen aus Exkrementen und werden von Insekten, die in diesen Seen leben zerfressen und zerpickt. Die schlimmste aller Verfehlungen für einen tibetischen Buddhisten ist bezeichnenderweise das Aufbegehren gegen ein Mitglied des lamaistischen (tibetanischen) Klerus (Kirche, Religion), und das beste, was er tun kann, ist, allen Mitgliedern dieses Klerus blind zu gehorchen. Im „alten Tibet“ hatte er ohnehin keine Wahl, denn die gesamte religiöse und weltliche Macht, die justizielle und polizeiliche eingeschlossen, lag bei eben den Leuten, die ihm für den Fall der Unbotmäßigkeit ewige Höllenqualen androhten.

Aus theologischer Sicht ist interessant, daß diese Höllenphantasien, zusammen mit dem notwendigen Gegenkonstrukt des Paradieses (Sukawati) eine Eigenentwicklung des Mahayana-Buddhismus sind, zu dem auch der tibetische Buddhismus zählt, und daß sie in den ursprünglichen Lehrreden Buddhas nicht auftauchen. Man fühlt sich an die ausgefeilten Höllen-Szenarien des christlichen Mittelalters erinnert, mit dessen rigidem Bestrafungsterror der tibetische Buddhismus jederzeit mithalten kann. Was derlei Karma- und Wiedergeburtsdenken in den Köpfen einfach strukturierter, ungebildeter Menschen anrichtet, läßt sich nur ansatzweise und mit Schaudern erahnen.

Die Frauenfeindlichkeit im tibetischen Buddhismus

Die Frauenfeindlichkeit, die sich im Buddhismus von Anbeginn an findet, ist vom tibetischen Buddhismus ins Monströse gesteigert worden. Dies dokumentiert sich nicht nur in der Theorie, daß Frauen grundsätzlich nicht erleuchtungsfähig sind. Frauen haben im tibetischen Buddhismus nichts zu melden, sie sind Dienerinnen und sie haben zu gehorchen. Es ist kein Zufall, daß es in der Macht-Hierarchie des tibetischen Buddhismus nicht eine einzige Frau gibt. Für einen tibetischen Buddhisten wäre beispielsweise die Vorstellung eines weiblichen Dalai Lamas grotesk, und nicht nur deswegen, weil Chenrezig sich niemals in einer Frau reinkarnieren würde, die per se als niedere Daseinsform des Menschen angesehen wird.

Ich kopiere den folgenden Text erst einmal unkommentiert hier rein und gehe anschliessend darauf ein:

Die negative Haltung des tibetischen Buddhismus zu Frauen erweist sich besonders in den inneren „Mysterien“ des tantrischen/tibetischen Buddhismus, die allein auf die spirituelle Vervollkommnung des Mannes abzielen, und Frauen dafür nur als Mittel zum Zweck begreifen. Es wird nicht gerne darüber gesprochen, und der Dalai Lama empfiehlt, die Abgründe seiner Religion den Unbefangenen und Uneingeweihten nicht allzu deutlich vor Augen zu führen, aber das spirituelle Endziel des tibetischen Buddhismus bedarf unabdingbar des realen sexuellen Mißbrauchs von Mädchen und jungen Frauen.

Dem letzten Satz kann ich so natürlich nicht stehen lassen. Wer sagt, dass der tibetische Buddhismus unabdingbar des realen sexuellen Missbrauchs von Mädchen und jungen Frauen bedarf, sagt damit aus, dass solch ein Verhalten im tibetischen Buddhismus stillschweigend geduldet und praktiziert wird. Ich kann mir aber sehr gut vorstellen, dass solch ein Verhalten in der Praxis sehr oft anzutreffen ist bzw. war.

Dieses hängt natürlich auch mit dem buddhistischen Kastensystem zusammen, in dem Frauen nicht einmal Platz finden. Auf der obersten Stufe der Hierarchie sind die Priester angesiedelt, die alle Macht und alles Wissen auf sich vereinigen und die Frauen als Untergebene ohne eigene Rechte betrachten. Sicherlich kann man dieses Verhalten nicht generell auf alle tibetischen Buddhisten übertragen. Es gibt natürlich eine ganze Menge Buddhisten, die die Frau als gleichberechtigte Partnerin betrachteten und sie mit dem nötigen Respekt behandeln. Andererseits sehe ich immer die Gefahr, wenn die Sexualität mit im Spiel ist, dass der Mann versucht, sein patriarchalisches Denken mehr oder minder mit sanfter Gewalt durchzusetzen. Das war immer so und wird leider auch immer so bleiben, wenn sich in diesem Punkt das Bewusstsein nicht verändert.

Aus der Rezension von Marcus Hammerschmitt über das Buch Dalai Lama - Der Fall eines Gottkönigs von Colin Goldner

Alles Liebe. Gerrit
 
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Hmmmm....
ich habe mich jahrelang mit dem Buddhismus und insbesondere dem Vajrajana beschäftigt, doch dies ist mir grössenteils neu.
Ich habe das Buch zwar nicht gelesen, doch was Hammerschmidt und Goldner da ablassen, scheint mir der grösste Schwachsinn zu sein (nach dem zu urteilen, was in deinem Thread steht).
Ich bilde mir ein, etwas gesunden Menschenverstand zu haben, also wäre mir etwas in der Richtung garantiert aufgefallen, als ich so viel mit Schriften und Praktizierenden zu tun hatte.
Von Frauenfeindlichkeit bestimmt keine Spur.
Was das Tibetische Totenbuch betrifft, darf man natürlich nicht den gleichen Fehler wie mit der Bibel machen: Es wörtlich nehmen. Einen sehr guten Kommentar hat Chögyam Trungpa an seine Übersetzung angefügt.

Was allerdings stimmt, ist, dass die Geschichte der Dalai Lamas keineswegs besonders friedfertig war. Da sind so einige Schweinereien passiert. Dazu ist das kritische Buch "Die vierzehn Wiedergeburten des Dalai Lama" von Bandini empfehlenswert.
 
Um einen Baum wirklich zu begreifen,muß man zum Baum werden Lotusz.
Um eine fremde Kultur zu begreifen, muß man tief in sie hinabtauchen,muß lange in ihr gelebt haben,muß selbst erfahren haben,was ihr Glück und Trauer bedeuten.Auf Grund vergangener politischer Intriegen, die es schließlich in jeder Kultur gibt,so ein vernichtentes Gesamturteil über eine alte Kultur zu fällen,halte ich für westliche Arroganz.Es gab in den letzten Jahren eine Reihe von Spiel und Dokumentarfilmen über Tibet.In den Gesichtern dieser Menschen habe ich nicht die Qualen des Unterdrückten gesehen,sonder viel inneren Frieden,viel Heiterkeit, Gelassenheit und Humor.
 
hi crowley
was da geschrieben wird ist totaler schwachsinn. wie ich schon im anderen thread schrieb wird bei diesen personen alles wörtlich genommen und das ganze wie es wirklich ist überhaupt nicht begriffen.
das mit den dalai lamas stimmt. auch von den kriegen. karmapa kontroverse giebt es auch. aber wie du sagst ein ganzes system mit dieser vorghensweise zu schrott zu machen ist totaler blödsinn.
na ja ich sag lieber nichts mehr dazu weil ich sonst ins raster des herrn goldners falle und als fanatiker abgestempelt werde.
ich sehe du hast konntakt gehabt mit diesen menschen und redest von eigenen erfahrungen.thats cool dude.:)

hallo reisender
egal vergiss es. es bringt nichts. er stützt sich auf die beiden bücher und damit hatt sichs auch schon mit seiner objektivität. er unterstellt mir man könne nicht mit mir reden aber auf entkräftigungen hatt er keine antworten und stützt sich nur auf buchzitate und nicht auf eigene erfahrungen. es wird sicher noch mehr geben die auf den zug aufspringen und geld sehen in dem sie ein ähnliches buch in anderer sprache auf den markt bringen.
liebe grüsse
shenpen
 
Hallo

Als der tibetische Buddhismus in Tibet unumschänkt herrschte, waren die Lebensbedingungen der Tibeter entsetzlich. Die überwiegende Mehrzahl der Menschen war sterbensarm, sie lebten das Leben von Unterdrückten. Unnachgiebig wurden sie von den Mönchen ausgebeutet, die ihre Machtansprüche durchaus mit brutaler Gewalt mithilfe zweier Institutionen durchsetzten: der Mönchspolizei (Zimzag) und den Mönchssoldaten (Dob-Dobs). Außerhalb der Klostermauern konnte niemand lesen, ein Sozial- oder Gesundheitswesen für die breite Masse der Bevölkerung existierte nicht. Währenddessen schwamm die Mönchselite in Geld- und Sachwerten und brauchte auf keinen Luxus zu verzichten.

Heinrich Harrer berichtet auf Seite 83: "So wurde zum Beispiel einem Mann, der eine Butterlampe aus einem Tempel gestohlen hatte, öffentlich die Hände abgehackt und sein verstümmelter Körper in eine nasse Yakhaut eingenäht. Dann ließ man die Haut trocknen und warf ihn in die tiefste Schlucht."
Und Schäfer berichtete auf Seite 28 von der südtibetischen Stadt Pari: "Ich habe lange genug in Asien gelebt, um gegen Schmutz recht unempfindlich geworden zu sein. In Phari aber kostet es mich doch einige Überwindung, in eine der lichtlosen, entsetzlich riechenden Behausungen hinabzukriechen, die gleichzeitig als Wohnraum, Schlafraum, Küche und Stall dient."

"Im Gegensatz zu derlei menschenunwürdigen Lebensumständen erwartete Schäfer zivilisiertere Verhältnisse in der Hauptstadt Lhasa, dem Regierungssitz des tibetischen Gottkönigs. In der Tat fand er in der „Heiligen Stadt“ mit nachgerade obszöner Pracht ausgestattete Klöster, Tempel, Paläste und Gärten vor. Allein die Winterresidenz des Dalai Lama, verfügte über mehr als 1000 Prunkräume. Die etwas außerhalb Lhasas gelegene Sommerresidenz hatte über 500 Räume samt einer mehr als vierzig Hektar großen Parkanlage. Jenseits der Tempel- und Palastbezirke zeigten sich ihm indes die gleichen elenden Lebensbedingungen, wie er sie überall in Tibet gesehen hatte: Die "Heilige Stadt", wie er schreibt, sei nichts als ein häßliches Gewirr kleiner und winkliger Gassen und Gäßchen, in dem die Unhygiene keine Grenzen finde.

Die weiteren Beschreibungen aus Lhasa decken sich mit den bereits erwähnten Zuständen in Phari. Nun könnte man immerhin noch die Hoffnung hegen, der derzeitige Dalai Lama würde das alles ändern, wenn er in Tibet wieder an die Macht käme. Zu dieser Hoffnung besteht allerdings wenig Anlaß. In seiner Exilresidenz führt er das System, in dem er aufgewachsen ist, bruchlos fort, mit dem Unterschied, daß er und die Seinen dort aufgrund der internationalen Spenden und nicht der Ausbeutung des eigenen Volkes in Geld schwimmen.

Eklatanter werden schon die sozialen Unterschiede, wenn der Jet-Set-Dalai-Lama auf den Rest der buddhistischen Welt trifft. So hat er sich zum Beispiel nicht entblödet, in Bodhgaya, dem Ort, an dem Buddha seine legendenhafte Erleuchtung erlebte, den Bau einer größenwahnsinnigen, 152,4 Meter hohen Buddhastatue zu initiieren, deren Kosten mit 100 Millionen US-Dollar veranschlagt werden (aktuellere Schätzungen gegen vom Anderhalbfachen aus). Bodhgaya ist in einer der ärmsten Gegenden Indiens. Lokale Aktionsgruppen wie das „Bodh Gaya Forum of Village Republics“ sprechen schon jetzt von negativen Auswirkungen des Projekts auf die Region, ohne daß der Dalai Lama oder sonst wer in irgendeiner Weise sinnvoll darauf Bezug nähme.

Die vielleicht deutlichste Aussage über das Sozialgefüge des „alten Tibet“ macht das „Justizsystem“, das in diesem so erleuchteten und vom sanften und toleranten Buddhismus durchwirkten Land zur Anwendung kam. Es stammte in seinen Grundzügen aus der Zeit von Dschingis Khan und sah Strafen nach Art des Dschingis Khan vor. Das tibetische Strafrecht leitete sich aus einem Gesetzeswerk Dschingis Khans des frühen 13. Jahrhundert ab und zeichnete sich durch extreme Grausamkeit aus. Zu den bis weit in das 20. Jahrhundert hinein üblichen Strafmaßnahmen zählten öffentliche Auspeitschung, das Abschneiden von Gliedmaßen, Herausreißen der Zungen, Ausstechen der Augen, das Abziehen der Haut bei lebendigem Leibe und dergleichen. Obgleich der 13. Dalai Lama 1913 das Abhacken von Gliedern unter Verbot gestellt hatte, wurden derlei Strafen noch bis in die 1950er Jahre hinein vorgenommen.

Für mich sieht das „alte Tibet“, das von vielen so glorifiziert wird, wie eine Mischung aus dem christlichen Mittelalter und dem Taliban-Regime aus. Solange das von wolkigen Scharaden über „Erleuchtung“ und „Spiritualität“ zugedeckt wird, habe ich nicht die geringste Hoffnung, eine lamaistische Zukunft in Tibet könne wesentlich anders aussehen.

Aus der Rezension von Marcus Hammerschmitt über das Buch "Dalai Lama - Der Fall eines Gottkönigs" von Colin Goldner

Alles Liebe. Gerrit
 
Hallo Crowley

Crowley schrieb:
Hmmmm....
ich habe mich jahrelang mit dem Buddhismus und insbesondere dem Vajrajana beschäftigt, doch dies ist mir grössenteils neu.
Ich habe das Buch zwar nicht gelesen, doch was Hammerschmidt und Goldner da ablassen, scheint mir der grösste Schwachsinn zu sein (nach dem zu urteilen, was in deinem Thread steht).
Ich bilde mir ein, etwas gesunden Menschenverstand zu haben, also wäre mir etwas in der Richtung garantiert aufgefallen, als ich so viel mit Schriften und Praktizierenden zu tun hatte.
Von Frauenfeindlichkeit bestimmt keine Spur.
Was das Tibetische Totenbuch betrifft, darf man natürlich nicht den gleichen Fehler wie mit der Bibel machen: Es wörtlich nehmen. Einen sehr guten Kommentar hat Chögyam Trungpa an seine Übersetzung angefügt.

Was allerdings stimmt, ist, dass die Geschichte der Dalai Lamas keineswegs besonders friedfertig war. Da sind so einige Schweinereien passiert. Dazu ist das kritische Buch "Die vierzehn Wiedergeburten des Dalai Lama" von Bandini empfehlenswert.

Für mich ist vieles davon auch neu. Und ich kann mir sehr gut vorstellen, dass das meiste davon der Wahrheit entspricht. Dabei beschränke ich mich ganz bewusst auf die Dinge, die für mich überschaubar sind. So vermeide ich z.B. ganz bewusst die Verbindung des tibetischen Buddhismus zum Faschismus, die in dem Buch immer wieder angesprochen wird. Dabei habe ich aber das Gefühl, dass diese Verbindung manchmal recht willkürlich unterstellt wird.

Im Gegensatz zu dir halte ich das Dargestellte allerdings nicht für Schwachsinn. Es erfordert wohl keine aussergewöhnlichen Menschenkenntnisse in solch einem Land Frauenfeinfeindlichkeit zu vermuten, wenn man nicht ohne Scheuklappen durch die Gegend läuft.

Alles Liebe. Gerrit
 
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Hallo Reisender

Reisender schrieb:
Um einen Baum wirklich zu begreifen,muß man zum Baum werden Lotusz.
Um eine fremde Kultur zu begreifen, muß man tief in sie hinabtauchen,muß lange in ihr gelebt haben,muß selbst erfahren haben,was ihr Glück und Trauer bedeuten.Auf Grund vergangener politischer Intriegen, die es schließlich in jeder Kultur gibt,so ein vernichtentes Gesamturteil über eine alte Kultur zu fällen,halte ich für westliche Arroganz.Es gab in den letzten Jahren eine Reihe von Spiel und Dokumentarfilmen über Tibet.In den Gesichtern dieser Menschen habe ich nicht die Qualen des Unterdrückten gesehen,sonder viel inneren Frieden,viel Heiterkeit, Gelassenheit und Humor.

Genau das ist das Problem. Im Film wird den Menschen die heile Welt vorgekaukelt, eingewickelt in Erleuchtung und Spiritualität. Die Realität dagegen sieht leider ganz anders aus.

Alles Liebe. Gerrit
 
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