Na, aber das Begreifen des Leidens oder der Probleme KANN der Anfang für die Erlöste Option sein.
Zweifellos KANN es das sein. Mehrheitlich herrscht die Auffassung, dass das die Bedingung wäre, um haltbare Lösungen zu finden. Und das ist ein Glaubenssatz - glaube ich.
Okay, statt Lösung kann man auch sagen, objektivieren, oder bewusst machen.
Nein, genau das ist immer noch die Problemtrance. Lösungen geschehen dort, wo sich jemand vom Problem lösen kann.
Mich persönlich stört ein wenig, dieses Verabsolutieren der Problemlosigkeit. Das Leben wie wir es kennen, wie es ist, das ist nun einmal voller Probleme. Das ist eine rechte Schlammschlacht, und wenn ich mein eigenes Leben mir anschaue, musste ich erst aus dem Schlammbecken heraus, um meine Chancen zu erkennen.
Wo wird verabsolutiert? Es geht um eine leichte Verschiebung der Fokussierung ... ich weiß jetzt nicht, wer's gesagt hat: "Probleme sind Lösungen in Arbeitskleidung". Es geht darum, die Lösungspotenziale einer problematischen Situation zu erkennen - und da ist Dein Schlammbecken ein wunderbares Beispiel: Wenn mir der Schlamm stinkt, brauch ich mich nicht erst lange mit den Charakteristika von Schlamm beschäftigen oder meiner Geschichte, wie ich in den Schlamm geraten bin - ich kann einfach rauskrabbeln, mich duschen und lernen, den festen Boden unter den Füßen zu behalten. Was hilft es, wenn ich mich nach dem Duschen an den Rand des Schlammbeckens setze und darüber meditiere, wie das alles war und gekommen ist? Da geh ich doch lieber raus auf die Blumenwiese und freu mich über ein entschlammtes Hier und Jetzt!? Mir ist aber völlig klar: Dieses Rauskrabbeln wird genau dann geschehen, wenn der Gewinn, den mir die Lösung verspricht, größer ist als der Gewinn, den mir das Schlammbad verspricht. Und solange das so ist ... ist es dann produktiver, über den Schlamm nachzudenken, oder vielleicht doch über den Nutzen, den das eine wie das andere bringt. Außerdem - mir ist freilich klar, dass die Hürden oft hoch sind und dass es durchaus tiefgreifende Prozesse sein können, die zum Lösungsweg werden. Das hat dann aber nix mehr mit Astrologie zu tun.
Dieses Schlammbecken ist ja unser ureigener ERLEBENS-Bereich. Das ist uns, gehört zu uns, und ist Teil unseres Wesens, daher ist es sogar naheliegend, davon auszugehen, und nicht von einer ungefähren Möglichkeit des erlösten Widders. Wie kann man den erlösten Widder beschreiben? Gut, eine gute Deutung bringt das zustande. Es ist wichtig, die erlöste Option darzustellen, eine Möglichkeit aufzuzeigen. Wenn es das ist, was Du meinst, dann bin ich damit voll einverstanden.
Ich halte das Schlammbecken nicht für einen zwangsläufigen Erlebnisbereich, sondern einfach für ein Potenzial, und als solches Potenzial gehört es zu mir. Kann sein, dass ich reinrutsche, kann sein, dass ich eine gute Lernerfahrung mache, wenn ich wieder rauskomme. Das halte ich für eine Möglichkeit, nicht für eine Notwendigkeit. Wenn ich vorher schon gelernt hätte, statt Schlamm die Blumenwiese zu realisieren, hätte ich den schlammigen Anteil meiner Potenziale nicht auskosten müssen. Was die Darstellung der "erlösten" Option angeht (ich mag den Ausdruck nicht, weil er wertet) ... hab ich ja schon x-fach erklärt, wie wichtig die mir erscheint.
Aber wenn man nur die Erlöste Option bringt, scheint idealistisch. Denn: Wo und wie ist die erlöste Option zu erreichen? Wenn ich NICHT WEISS, WO ICH FESTSTECKE.
Die besten Deutungstexte beschreiben die unerlöste und dann erst die erlöste Variante.
Es geht mir überhaupt nicht um Deutungstexte. Es geht mir darum, Konstellationen aus dem Horoskop im Leben der Menschen aufzuspüren, die danach fragen. Das Vorlesen von mehr oder weniger guten Deutungstexten kann da nur eine Krücke sein. Und es geht mir darum, das auf diese Weise Aufgespürte nicht als "Schicksalszwang" (Hermann Mayer) darzulegen, sondern als eine Möglichkeit, eine gegebene Konstellation zu "erfüllen" ... und dann zu zeigen, was eben diese Konstellation an Potenzialen anbietet. Wobei mir schon klar ist, dass Lösungen in der Regel anstregender und anspruchsvoller und auch "teurer" sind als das Verharren im Problem. Das muss dann jeder für sich entscheiden, was er will. Wenn jemand gute Gründe dafür sucht, dass er ein Problem hat und haben wird, dann kann ihm die Astrologie dafür jede Bestätigung liefern, die er haben möchte. Astrologie lässt sich ja auf sehr unterschiedliche Weise in sehr unterschiedliche Dienste einspannen.
Ich kann auch viel mehr mit meinen Problemen tun, als wie die gute Variante erreichen zu wollen. Ersteres ist anstrengend, aber letzteres auch oft weit weg!
Ja, Probleme sind super und in vielfacher Hinsicht nützlich. Außer dann, wenn sie wirklich ans Eingemachte gehen. Und noch einmal - wenn es dann so ist, dann geht es mir eben gerade nicht darum, das einfach zu verdrängen und Sonnenschein zu mimen. Das wäre keine Lösung. Lösungen erkennt man daran, sagte schon Wittgenstein, dass das Problem verschwindet. Und das ist etwas völlig Konträres zum Leugnen oder Verdrängen eines Problems.
Weiterhin kann man sich auch denken (die Erfahrung bewahrheitet es): Dass die LÖSUNG OFT VON SELBST KOMMT, WENN MAN DAS PROBLEM KENNT!
Ja, das ist eine weit verbreitete Erfahrung. Zwei Ansätze dazu: Zum einen ist das sowas wie Zeit(qualität) bei der Arbeit. Zum anderen - der Zusammenhang, dass die Lösung oft wie von selbst kommt, mit dem Kennen des Problems ist ein behaupteter. Gerade dann, wenn eine Lösung "wie von selbst" erscheint, vermute ich sie eher in einer Änderung der eigenen Fokussierung auf Lösendes und weniger im Problemstudium ... wobei ich auch das ja keineswegs ausschließe, sondern lediglich relativieren möchte - siehe oben: Probleme sind Lösungen in Arbeitskleidung. Darum, meine ich, sollte in der Astrologie immer dann, wenn etwas als problematisch erkannt wird, gleichzeitig auch der Lösungsansatz mit vermittelt werden, der in derselben Konstellation enthalten ist.
Jake