Darf ich mal meine Gedanken dazu...? Ist aber nichts philosophisches, ist... nur so mal? Ich trau mich einfach
Gehen wir davon aus, dass es Opfer gibt, so ist ein Kranker durchaus als Opfer zu bezeichnen. Was an der Stelle nötig wird, ist ein Täter.
Wer oder was könnte das sein? Viren, Bakterien, der "böse Blick der Oma", entartete Zellen? Vllt. kannst du erkennen, dass ich an der Stelle schon Schwierigkeiten mit der Zuordnung habe. Gehts dir ebenso?
Desweiteren schreibst du, für mich eher sehr plötzlich, dass der Betroffene Macht ausübt (über Freunde, Angehörige, Nachbarn)- hmmmm. Nun verwirrt einen das noch mehr. Ein Opfer übt also Macht aus? Aber wie denn (?), es ist doch selbst Gefangener einer nicht zu ändernden Kette von Widrigkeiten... von Viren z.B., wollten wir der Überschaubarkeit halber beim Aids bleiben.
Gut, nehmen wir weiterhin an, es gibt nicht nur diese Opfer/ Täter Theorie, sondern die Praxis. So wird langsam, wenn auch entsetzterweise klar, dass Opfer auch immer Täter sind. *Er tat dir etwas an*, ist für mich jedenfalls klar erkennbar... und zwar dadurch, dass er nicht in die Eigenverantwortung ging?
Hätte er seine Medis genommen, wäre er vllt. noch am Leben, vllt. Vllt. wäre er aber auch von einem Zug überfahren worden oder ein Dachziegel wäre ihm auf den Kopf gefallen. Das ist kein Unken (und ich mache mich auch nicht lustig), es ist halt alles möglich, aber das weisst du ja auch.
Man könnte sich an der Stelle die Frage stellen, was wäre /würde werden, wenn mindestens einer aus dieser unglückseligen Kette aus der Opfer / Täter Rolle (die doch so nahe beieinander zu liegen scheint, dass sie sich zumindest bedingt) aussteigt? Wie könnte so ein Aussteigen aussehen? Wäre es vergleichbar mit Tod?
Ich habe für mich festgestellt, dass ein Aussteigen zumindest Todesangst mit sich bringt. Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, einen anderen Weg einzuschlagen und sah auch keinen ausser, du schriebst es, aus dem Leben zu flüchten. Also bekam ich Asthma. Asthma ist die nach Lousie Hay die Angst vor dem Leben.
Aber Aussteigen, das ging gar nicht so einfach. Bevor ich das tat, wollte ich zumindest doch wissen, wovor ich flüchte.
An der Stelle habe ich mich gefragt, WAS LEBEN IST. Ich habe angefangen, das vollkommen neu und unverfälscht zu betrachten, was ich fühle.
Unglaubliche Erkenntnisse kamen dabei ans Tageslicht. Man hat mir einreden wollen, ich sei mal Opfer, mal Täter. Das fing, soweit ich mich erinnere, bewusst in der Grundschule an. Da gabs mal einen Eintrag ins Heftchen, wo ich geschimpft bekam, weil ich eine Petze verhauen wollte.
Für mich war das ja völlig ok, ihr zumindest ein wenig Angst einzujagen. Schliesslich war es doof von ihr, uns zu verpfeifen (zumal sie vorher selber mit gemacht hat).
Aber als meine Eltern den Eintrag lasen... ohje, na was glaubste wohl? Spätestens da ward ein Opfer geboren!
Als ich mich dann an weitere Begebenheiten erinnerte, die allesamt in die eine oder andere Richtung (Opfer oder Täter, das ist hier die Frage!) liefen, begriff ich, dass ich
für mich darauf pfeifen kann, was jemand von meinen Aktionen hält. Ich selber muss sie doch bloß verantworten können, niemand sonst. Nun endlich durfte ich damit aufhören mich zu grämen, nur weil mich jemand in eine Schublade stecken will. Ich liess es ganz einfach nicht mehr zu!
Und was ich für mich lebe, das kann ich dann auch getrost einem anderen anvertrauen ebenfalls für sich zu tun.
Natürlich schützt das nicht vor Trauer, Schmerz, Wut u.s.w., aber mir erleichtert es meine Dasein ganz erheblich. Und das Asthma ist ausgeheilt (obwohl ich über 18 Jahre Cortisonspray nahm).
Alles Liebe,