DruideMerlin
Sehr aktives Mitglied
Du schreibst davon, dass man die Evangelien mit dem Gemüt lesen sollte – also mit dem Herzen. Es fällt mir schwer zu glauben, dass Deine Ausführungen zu den Evangelien ein Herz berühren könnte. Ich sehe da eher ein Konstrukt des Geistes.man kann die evangelien wohl abstrakt mit dem verstand analysieren; man kann sie aber auch mit dem gemüt
miterleben. dann kommt man auch erst auf die feinheiten, die durch das stilmittel der künstlerischen komposition
zwar mitgeteilt werden, aber nicht wörtlich ausgesprochen sind.
Warum beim Evangelium nach Markus die Geburtsgeschichte fehlt, liegt daran, dass dieses das älteste der vier Evangelien ist. Es wurde zu einem Zeitpunkt verfasst, als die Verklärung des Jesus noch nicht so weit fortgeschritten war und somit eine solche Geschichte nebensächlich gewesen wäre.
Bei den folgenden beiden Evangelien von Lukas und Matthäus stellte sich dann die Frage nach der Legitimation des Jesus als Christus (Messias). Jesaja schrieb in seiner Prophetie vom kommenden Messias, dass dieser aus dem Haus David kommen und von einer Jungfrau geboren werden würde. Aus diesem Grund hatten dann die beiden Evangelisten die Geburtsgeschichte vorangestellt.
Im letzten kanonischen Evangelium nach Johannes gingen die Verfasser noch einen Schritt weiter, indem sie auf die Geburtsgeschichte verzichteten und den Christus in einem Prolog direkt mit Gott Vater verbanden. Deshalb wird bei Johannes dann zwar die Frage nach der Legitimation des Jesus als Christus aus dem Hause David zwar angesprochen, aber als nebensächlich nicht beantwortet. Hier liegt dann auch ein Keim, der später zum Gedanken der Trinität führte.
Wenn ich also mit dem Herzen lese, sehe ich bei Lukas und Matthäus eine schöne Weihnachtsgeschichte, mit der viele Seelen über die Zeit berührt und bewegt wurden. Ich sehe darin auch den Sinn einer Lehre, die zum Seelenheil eines Menschen beitragen kann. Ich denke, dass es für die Heidenchristen eher nebensächlich wurde, warum nun Jakob und Maria nach Betlehem gezogen waren.
Ich denke, dass die Teilhabe an dieser Geburt, die damit verbundene innere Einkehr und Hoffnung auf eine Erlösung in den Mittelpunkt gerückt wurde.
Dazu fällt mir die Geschichte aus dem Ersten Weltkrieg ein, in der das Lied „Stille Nacht! Heilige Nacht!“ dazu führte, dass die verfeindeten Soldaten in ihren Schützengräben, all ihre Feindschaft vergessen ließen. Ein paar Tage, in denen das Morden ein Ende hatte.
Merlin