Lotusz schrieb:
Lies doch einmal die Lebensgeschichte von Ramakrishna. Sie ist Ausdruck religiöser Hysterie. Schon zu seinen Lebzeiten stellte man sich die Frage, ob er geistig gesund ist. Als sein religiöser Wahn wieder einmal überhand nahm, schickte man ihn zu seiner Mutter, damit er sich dort erholen konnte.
Stell dir vor, du bist ein Mensch, der Zugang hat zu Wissen und zu Erkenntnis, das so weit fortgeschritten ist, wie sich dein Wissen über das Wesen der Welt von dem eines Menschen von vor 10'000 Jahren unterschied. Stell dir vor, ein dummer Zufall im Zeitgefüge katapultiert dich um 10'000 Jahre zurück. Nun stell dir vor, du stehst vor diesen Menschen, die weitgehend Ackerbau betreiben. Du bist ein Alien. Die Leute werden dich nicht nur nicht verstehen, sondern die Chance ist ziemlich gross, dass man dich auf der Stelle tötet.
Was also tust du? Du kannst entweder schweigen. Dann hast du mit unsäglicher Einsamkeit zu kämpfen, mit totaler Isoliertheit von allen Menschen. Du bist buchstäblich die einzige Person auf der Welt, die etwas WEISS (und ich meine wirklich: "weiss", nicht "glaubt") - und du kannst dich mit niemandem austauschen.
Oder du tust den Mund doch auf. Und erzählst dem verblüfften Bauernvolk von Dingen, die sie sich in den besten Träumen nicht vorstellen können. Was tun sie mit dir? Das kannst du nicht wissen. Vielleicht sperren sie dich ein. Vielleicht drehen sie dir den Hals um. Vielleicht lassen sie dich in Ruhe und nennen dich einen Spinner. Auf jeden Fall wird sich das Gerücht um dich verbreiten. Man wird dir die seltsamsten Geschichten andichten, dass du ein Zauberer seist, der magische Kräfte hätte (eine noch viel grössere Bedrohung also!). Und, selbst wenn du durch dein grösseres Wissen in der Lage sein solltest, den Menschen zu helfen, ihnen nützlich bist, selbst dann werden sie dich als Ausserirdischen behandeln.
Verstehst du, was ich sagen will? Es ist gefährlich, anders zu sein als der Durchschnitt. Je mehr anders du bist, desto gefährlicher. Weil die Leute dich nicht verstehen, wollen sie dich auf irgendeine Weise unschädlich machen. Heute ist das elegant: Man steckt einen in die Psychiatrie. Das hält man dann für "human". Was, wenn in Zukunft einmal der Nachweis gelingt, dass es tausende Menschen in der Psychi gibt, die tatsächlich Geister wahrnehmen und sich mit ihnen austauschen können? Dann hätten wir Jahrzehnte und Jahrhunderte diese Menschen verletzt, gefoltert, eingesperrt, sie mit Medikamenten vollgestopft usw. Wir hätten unsägliches Leid über sie gebracht, weil wir so unsäglich eingeengt in unserer Sichtweise waren, dass da nicht einmal Platz genug für jemanden war, der so anders ist, dass wir ihn nicht begreifen können.
Wenn Ramakrishna für verrückt gehalten wird, dann ist das ein unwissendes Völkchen, das ihn für verrückt hält, und ihm danach noch obendrein die idiotischsten Wundergeschichten andichtet. Und ihn dann auch noch dafür kritisiert, weil die Geschichten doch falsch seien.
Wie soll denn Ramakrishna jemals sich daraus befreien?
ABER - und hier gebe ich dir recht - manche Yogis finden das halt auch ziemlich cool, von den Leuten bewundert zu werden. Da sind sie ganz normale Menschen. Ich schliesse es nicht aus, dass Ramakrishna auch ein solcher war. Ich kenne seine Lebensgeschichte nicht wirklich, also kann ich das nicht beurteilen. Aber ich bin sehr vorsichtig geworden mit meinen Urteilen.
Ich selbst stosse jetzt schon langsam an die Grenzen dessen, was mein Umfeld als "normal" empfindet. Wenn ich meinen Freunen erzähle, dass ich meditiere, halten sie mich für einen Idioten. Wenn ich ihnen dann sage, sie sollen es selbst probieren, dann könnten sie ja sehen, was daran sei, dann lehnen sie ab. Sie WOLLEN nicht ihr Weltbild ändern, und also ignorieren sie alles, was ihr Weltbild ändern könnte. Da bin ich dann machtlos. Genauso Ramana Maharshi machtlos dagegen war, dass ihn manche Menschen am liebsten in die Psychiatrie eingeliefert hätten.