Teigabid
Sehr aktives Mitglied
Mein lieber anadi!
Ein interessanter Artikel, den ich Dir nicht vorenthalten möchte.
und ein
Ein interessanter Artikel, den ich Dir nicht vorenthalten möchte.
Harald Riesenfeld stellt fest:
An dieser Stelle der Arbeit an den Fragmenten aus der Höhle 7 angelangt, haben wir uns auf folgende Grundsätze der papyrologischen Forschung zu besinnen. [4]
1. Eine vorgelegte Identifizierung kann nicht einfach mit dem Hinweis darauf abgewiesen werden, daß gewisse Buchstaben nur teilweise sichtbar sind und verschieden gedeutet werden können. Jede Identifizierung geht nämlich von den sicheren Buchstaben und anderen charakteristischen Anzeichen aus. Im Falle von 7Q5 ist die seltene Buchstabenfolge nnes und das spatium zu nennen, das genau zur Grenze zwischen V. 52 und 53 in Mk 6 paßt. Auch eine geringe Zahl von deutlichen Buchstaben in genau richtigen Positionen sichert, mathematisch gesehen, eine Identifizierung. Was die unsicheren Buchstaben betrifft, muß derjenige, der die Identifizierung bezweifelt, nicht nur die Unsicherheit hervorheben, sondern darüber hinaus nachweisen, daß die vorgeschlagene Ergänzung ganz unmöglich ist. So etwas ist alles andere als leicht.
2. Nun das Wesentliche. Die vorgelegte Identifizierung kann nicht mit dem Argument abgewiesen werden, sie sei unglaubhaft. Es genügt nicht, die Unglaubhaftigkeit zu behaupten; die Unmöglichkeit muß bewiesen werden, z. B. dadurch, daß es sich zeigen läßt, daß das Fragment aus einer Zeit stammt, wo es den behaupteten Text noch gar nicht gab und nicht geben konnte. Derjenige, welcher eine Identifizierung bestreitet, ist verpflichtet, eine andere Identifizierung vorzulegen, die zu den erhaltenen sicheren Buchstaben ebenso gut paßt und darüber hinaus den unsicheren Buchstaben besser gerecht wird. Alle, die die These O`Call*****s bestreiten, haben seit 1972 Zeit gehabt, andere zu den Fragmenten passende Texte ausfindig zu machen. In diesen zwanzig Jahren sind vielerorts mit modernen Methoden Nachforschungen betrieben worden. Keine anderen Texte
haben sich jedoch gefunden. Und die Annahme, daß man ausgerechnet hier auf sonst unbekannte Texte gestoßen sei, ist kaum glaubhaft. Da möchte man auch Analogien sehen.
Hier zeigt sich eine grundlegende Schwierigkeit. Wissenschaftler, die sich nicht mit Mathematik und Wahrscheinlichkeitsberechnungen zu befassen brauchen, überblicken nicht die Tragweite der von O`Call***** vorgeschlagenen Kombinationen. Bevor dieser Papyrusforscher auf den Gedanken kam, im Neuen Testament nachzusehen, waren 16 oder 18 Fragmente aus der Höhle 7 stumm, trotz jahrelangem Suchen in jüdischen Texten griechischer Sprache. Das Nachschlagen in einer neutestamentlichen Konkordanz gab sogleich wenigstens die Möglichkeit, 9 der rätselhaften 16 Fragmente mit neutestamentlichen Texten zu kombinieren. Sollte es also möglich sein, die Buchstaben von 9 Fragmenten fälschlich im Neuen Testament wiederzufinden, dann dürfte es nicht unmöglich sein, im Hinblick auf die gesamte Textmasse der griechischsprachigen jüdischen Literatur, die Buchstaben auf jedem einzelnen Fragment an wenigstens zwei Stellen dieser Literatur unterzubringen. Davon hat man nichts gesehen. Andererseits wissen wir, daß es in der Mikrobiologie möglich ist, ein Molekül mit mehreren Millionen von Atomen eindeutig zu bestimmen, sobald man über einen Ausschnitt von zig Atomen verfügt. Schon die Zweizahl der Identifizierungen von 7Q4 und 7Q5 ist, mathematisch betrachtet, ein beachtliches Argument. Jede zusätzliche Identifizierung verstärkt in diesem Falle die Beweiskraft.
Die erste Fragestellung, von der oben die Rede war, hat sich also darauf zu beschränken, mit papyrologisch-philologischen Methoden festzustellen, ob und wie sich die Fragmente identifizieren lassen. Es ist ein Zeichen mangelnder sprachwissenschaftlicher Ausbildung, daß so viele Neutestamentler in ihrer Stellungnahme zu den vorgelegten Identifizierungen sich von unangemessenen Seitenblicken auf die Folgen der Identifizierungen haben leiten lassen. Erst mit der zweiten Fragestellung, die von der ersten säuberlich auseinanderzuhalten ist, kommen wir zu Erwägungen darüber, welche Bedeutung die vorliegenden Identifizierungen für andere Gebiete der neute stamentlichen Wissenschaft haben - unter der Voraussetzung, daß sie richtig sind. Da sie bis jetzt jedoch nicht falsifiziert worden sind, können bedeutsame Fragen immerhin schon angeschnitten werden. Die von den Fragmenten aktualisierten Probleme sind ja auch von anderen Ausgangspunkten angegriffen worden.
[4] Der Verfasser dieses Beitrages hat 1938-1938 an der Sorbonne Papyrologie und Paläographie bei P. Collart bzw. A. Dain studiert.
Quelle: Harald Riesenfeld, Neues Licht auf die Entstehung der Evangelien, in Christen und Christliches in Qumran? (Regensburg: F. Pustet, 1992), 187-188.
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