Glaubst du, die meisten Menschen sind sich bewusst, dass sie die Wahl haben, in Gefühle quasi einzutauchen oder auch nicht?
Möglicherweise habe ich mich da auch etwas unkorrekt ausgedrückt. Ich fürchte da hast du also was anders verstanden als ich es meinte. Aber das was ich meinte anders zu beschreiben würde mir hier auch schwer fallen.
Jedenfalls ging's mir eher um ganz private Interaktionen innerhalb einer Beziehung. Zwischen zwei ganz speziellen Menschen, unter ganz speziellen Vorraussetzungen und Rahmenbedingungen.
Mit anderen Menschen, oberflächlicher, würde das erst gar nicht, oder nur zum Teil, wenn überhaupt funktionieren. Dafür würde sowohl die Nähe, als auch das Vertrauen bereits fehlen. Und noch so einiges andere auch. Zumal auch in diesem einen Fall sozusagen die Gefühle ein Resultat von etwas ganz anderem sind. Oder diese wärn so nur einseitig gegeben, dann klappt's auch nur scheinbar, oder endet in irgendeiner Art von Enttäuschung oder stößt an andere Grenzen. Ist jedenfalls nichts, dass, schätze ich, als allgemeingültiges Prinzip oder als allgemeingültige Methode so funtionieren würde.
Ich habe in meinem Leben nur einen Menschen getroffen, mit dem das tatsächlich so funktioniert, und ein paar, bei denen ich das wohl nur selbst glaubte, glauben, mir einreden wollte. Was dann allerdings doch zumeist in eher schmerzhaften und enttäuschenden Resultaten mündete.
Ich würde doch eher meine, die meisten Menschen haben diese Wahl nicht. Im Gegenteil. Sie fallen in Gefühle rein, auf sie rein, und irgendwann auch wieder raus. Und weil ihnen das nicht immer, besonders nicht, wenn so etwas schmerzhaft wird, gefällt, versuchen sie dann, irgendwie zu lernen, wie sie ihre Gefühle steuern, kontrollieren, unterdrücken, verbiegen. manipulieren können, was dann erst recht in noch größeren Katastrophen und schlimmeren Folgen mündet. Also etwas in der Art meinte ich nicht.
Schließlich geht es ja nicht nur um einen selbst sondern um eine Interaktion, einen Austausch. Also hängen mindestens 50% davon schonmal von deinem Gegenüber auch ab. Also kannst du bei und mit dir alleine machen was du willst. Wenn das Gegenüber nicht passt, wird's nicht klappen, egal wie sehr du dich bemühst oder das möchtest, dir wünscht, willst. Wenn du zumindest einigermaßen im Einklang mit der Wirklichkeit bist, so kriegst du ohnehin das was für dich bestimmt ist. Aber je mehr du das selbst steuern, verdrehen, verbiegen möchtest, desto schlimmer werden die Folgen werden. Vielleicht nicht sofort, aber früher oder später.
Mal abgesehen davon, dass das auf die Art einfach eine völlig absurde und viel zu energieaufwändiger Selbstquälerei wird. Die jemand dann auch noch so andauernd aufrechterhalten muss. Denn sonst fällt das Kartenhaus erst recht irgendwann in sich zusammen, was dann auch recht schmerzvoll werden kann. Wozu also das Theater?
Widerspricht jetzt natürlich gleich einer Menge esoterischer Lehren, nach denen ja, so wird's zumindest gerne suggeriert, alles von einem selbst alleine abhängt. Und man folglich, so wird es zumindest gerne versprochen, wenn man bestimmte Dinge richtig macht, auch die totale Kontrolle über alles erlangen kann. Die Wirklichkeit läuft allerdings leider nicht wirklich so ab, wie sich das die esoterische "Yes, we can"-Mentalität in eigener Einfalt und Naivität so immer wieder zurechtbastelt, fürchte ich. Ich glaubte sogar selbst ziemlich lange an sowas. Hat nur leider so gar nicht funktioniert. Im Gegenteil.
Hinzu kommt auch noch, dass wir ohnehin alleine medial einer Art großteils falscher, verzerrter Gefühlsübersteuerung ausgesetzt sind. Wir werden also ohnehin andauernd von jeder Menge emotionalem Müll getriggert, ob uns das recht ist oder nicht, ob uns das bewusst ist oder nicht. Wenn ich nun auch noch versuche, mich selbst zusätzlich zu verbiegen, werde ich vermutlich höchstens ein leichteres Opfer für diverse Werbe-, Marketing-, aber auch diverse esoterische Heilsversprechen werden. Und im schlimmsten Fall fällt einem das selbst dann nicht einmal mehr auf.
Kannst du jedes Gefühl steuern?
Wieso, wozu sollte ich oder sonst jemand das können oder können wollen? Was wäre denn daran erstrebenswert? Außer man ist Schauspieler, dann macht sowas vermutlich Sinn. Wobei dieser die Gefühle ja auch nicht steuert, sondern in seiner Vergangenheit, in seiner Erlebniskiste kramt und etwas raussucht das dem gewünschten Ergebnis hoffentlich so nahe kommt, sozusagen seine Vergangenheit kopiert, so dass das Publikum an die Echtheit der Show tatsächlich glaubt, ihm die "Lüge" als Wahrheit abkauft.
Nun sind wir aber inzwischen viel mehr von derartigen gelogenen und erlogenen bis hin zu absichtlich so konstruierten (Schein-)gefühlen umgeben, die wir absurderweise, und mitunter sogar, wenn uns das bewusst ist, für wahr halten, weil wir das lieber glauben möchten als wir die Illusion, die Lüge, Täuschung erkennen und durchschauen möchten. Noch weniger möchten wir üblicherwiese dann der eben wesentlich nüchterneren und ernüchternden Realität ins Auge blicken müssen. Also wieder zurück in die schöne, bunte Illusionenwelt.
Man kann sich vermutlich in gewisser Weise Gefühle einreden, selbst suggerieren, um damit andere, die man nicht spüren möchte, zu verdecken, ist aber auf Dauer äußerst ungesund, würde ich meinen. Denn daraus werden dann in Folge gerne diverse Krankheiten oder andere Probleme.
Die authentischen, echten Originale sind meines Erachtens viel wertvoller. Und davon gäbe es ohnehin mehr als genug. In allen "Farben".
Wenn ich z.B. wütend oder sauer bin, dann gleich richtig. Eine Katze schnurrt auch entweder, oder sie fährt die Krallen aus und schlägt zu, aber sie tut nichts davon halb, oder beides zugleich. Und danach ist sie wieder anders.
Gefühle sind ja auch nur eine Art Sprache oder Code, manchmal eine eher unverständliche, manchmal eine klarere, eindeutigere, aber sie sind auch nur ein Teil von etwas. Nicht das Ganze selbst. Weder die ganze Information, schon gar nicht die ganze Wahrheit. Und die kommen und gehen ohnehin von alleine, wenn man es zulässt. Also ist meines Erachtens ein Ansatz, der bei den Gefühlen selbst ansetzt, schon nicht ganz optimal. Die verändern sich schon, wenn sich was anderes verändert hat.
Womit dann auch klar sein dürfte, dass ich das Prinzip, Gefühle steuern zu wollen, doch eher für einen Irrweg halte. Ebensogut könnte jemand versuchen, einen Fluss aufzuhalten indem er sich mitten rein stellt. Die Übung wird, fürchte ich, nicht so ganz gelingen. Sich allerdings nur von ihnen (ver)leiten zu lassen, sich ihnen selbst völlig auszuliefern, kann wieder zu anderen Problemen führen.
Das Problem mit Gefühlen ist, dass sie dir eine Art von Wahrheit sagen, dich zugleich aber auch belügen (können). Und, sie tun etwas mit dir, verändern einen, machen ihn mitunter sogar zu scheinbar jemandem ganz anderen. Herauszufinden, warum, wieso, wie, was da genau abläuft, die ganze Information zu finden, das wäre meines Erachtens der Schlüssel zum Verstehen. Was allerdings nicht so einfach ist.
Abschließend, weil's so schön passt, und zum Nachdenken: Da gibt's einen Spot, in dem heißt es, "Du bist nicht du, wenn du hungrig bist!". Was man sieht, ist eine Art seltsamer Verwandlung, und genau an der ist, finde ich, in dem Fall doch einiges dran. Man könnte also vielleicht auch sagen, "Du bist nicht du, wenn du (nur) fühlst!" Wer bist du also wenn du nicht du bist? Und wann bist du wirklich - du selbst?