Lotusz schrieb:
Hallo Stella
Bevor Du gehst, möchte ich dir noch die Frage mit auf den Weg geben, warum Du eigentlich so aggressiv bist? Könnte das etwa mit deiner Sexualität zusammen hängen?
Das Merkwürdige ist, dass einige sich hier als Buddhisten bezeichnen, aber von den Worten Buddhas nichts hören wollen. Buddha lehrte, daß solange der Mensch sexuell aktiv ist, er kein Interesse an der Praxis des spirituellen Lebens hat. Aber in seiner Lehre über die schrittweise Erleuchtung sagte er auch, daß das Empfinden von Lust und Sexualität Genuß beinhaltet. Er verleugnete den Genuß nicht. Genuß ist dabei. Aber, sehen Sie, dann verändert sich dieses Vergnügen in Mißvergnügen, und allmählich, langsam, sobald sich das anfängliche Feuer der Lust abgenutzt hat, beginnen die Menschen zu kämpfen. Denn aus Lust erwächst Furcht; aus Lust erwächst Habgier; aus Lust erwachsen Eifersucht, Zorn, Haß, Verwirrung und Kampf; all diese negativen Dinge erwachsen aus der Lust. Und deshalb sind all diese negativen Dinge in der Lust beinhaltet.
Und wenn wir das sehen möchten, dann brauchen wir gar nicht weiter zu schauen als in unsere eigene Gesellschaft. Machen Sie nur die Augen auf und sehen Sie sich um. Wie viele Millionen Menschen kämpfen? Und das ist nur in ihrer Lust und Gier begründet. Ehemänner mit Ehefrauen; Freunde mit Freundinnen; Freunde mit Freunden; Freundinnen mit Freundinnen. Es macht keinen Unterschied, ob die Menschen heterosexuell, homosexuell oder bisexuell sind, das ist ganz egal. Solange du darin verstrickt bist, ist es unvermeidlich, daß du diese Probleme hast, Kampf, Enttäuschung, Zorn, Haß, Töten, all das ist damit verbunden.
Aber vielleicht habt ihr ja irgendwann keine Lust mehr zu kämpfen. Vielleicht habt ihr irgendwann keine Lust mehr auf eure ständigen Aggressionen. Und vielleicht habt ihr irgendwann keine Lust mehr euch selber zu belügen und ständig dem Sex hinterher zu laufen. Vielleicht kommt euch irgendwann mal die Erkenntnis, dass es etwas schöneres geben könnte als 3 Sekunden Seligkeit im Orgasmus. Dann denkt einmal an diese Worte. Aber die meisten Menschen stellen sich solche Fragen nie. Darum ist ihr Leben gekennzeichnet von der Sucht nach Sex und vom Leiden in all ihren Formen.
aus:
Sexualität und Spiritualität
Alles Liebe. Gerrit
Hallo Lotusz,
die Voraussetzungen, die du in Bezug auf das Begehren machst, sind etwas einseitig. Du siehst im Ursprung des Begehrens immer nur die Sexualität. Dies ist aber nur ein momentanes Phänomen. Ich sehe meinetwegen ne tolle Frau mit unheimlich großen, na du weißt schon.
Ich finds toll und kriege glat nen, na du weißt schon. Dann, ganz plözlich, treffe ich einen alten Freund, wir reden über die gute, alte Zeit. Die Lust indess, die ich just beim Anblick der schönen Maid verspürte, verflüchtigt sich und ward vergessen, bis zum nächsten lustvollen Moment.
Sexuelle Lust ist also nur ein auftauchendes Phänomen und es ist keinesfalls gerechtfertigt, die Lust für all das Begehren verantwortlich zu machen, welches im mind tobt.
Ich halte es da eher mit der Theorie Paul Lacans. Er geht davon aus, dass das Begehren in das Symbolsystem der Sprache, mit der wir untrennbar verbunden sind, hineingelegt ist.
Ich krieg diese sehr komplexe Theorie, die man auch als Transzendentalpsychologie bezeichnet, aus dem Stand nicht hin. Ich müsste jetzt loslegen und ein oder zwei Bücher rauskramen. Mach ich aber nicht.
Nur so viel: Es geht um die sprachlichen Zeichen, also meinetwegen das Wort Mutter. Diese Zeichen haben die tolle Eigenschaft, dass wir damit etwas bezeichnen können, was faktisch nicht da ist. Das enthebt uns von der Notwendigkeit, die Dinge, die wir jemanden mitzuteilen wünschen, in einem Rucksack mit herumzuschleppen und den jeweiligen Gegenstand, den wir meinen, den anderen einfach hinzuhalten.
Das Zeichen stellt im Falle der Mutter also die Anwesenheit einer Abwesenden dar. Wenn ich dir hier über meine Mutter einen erzählen würde, was ich auf gar keinen Fall tun werde, dann ist sie in diesem Augenblick ja gar nicht da.
Dieser Umstand hat für unsere Psyche aber Konsequenzen, da durch die Abwesenheit des Realen, was durch das Zeichen nur symbolisch anwesend ist, für uns das Problem besteht, dass wir immer nur über die Sprache vermittelt mit dem realen Sachverhalt in Verbindung treten können.
Dadurch entsteht das Begehren. Es entsteht in dem Moment, indem wir durch unsere Sozialisation in das Symbolsystem Sprache eingeführt werden und uns dieses aneigenen und damit verschmelzen und es lässt uns das ganze Leben nicht los, denn die Zeichen sind leer und können uns das, was wir begehren nie wirklich geben. Auf diese Weise bleibt das Individuum auf der ständigen Suche nach seiner Identität. Es geht um die psychologische Grundverfasstheit des Menschen. Ich fürchte, wir werden aus diesem Problem nie wirklich herauskommen, auch dann nicht, wenn wir die hübschen Bräute nicht mehr ansehen, was allerdings eine riesen Sünde wäre.
Ich kann die Theorie irgendwann ja mal präzieser darstellen. Schauen wir mal.
MfG
namor