Ganz im Ernst: Ich habe vor etlichen Jahren einmal dieses "Experiment" gemacht und exakt 99 Tage enthaltsam gelebt, und zwar mit der Absicht, es noch länger durchzuhalten. Am 100. Tag kam ich jedoch in eine derart extrem erotische Situation, daß ich alle "guten Vorsätze" aufgegeben habe.
Ich war damals zu diesem "Experiment" inspiriert worden durch das Buch "Sexuelle Kraft und Yoga" von Elisabeth Haich. Ich fand das Buch klasse, war wirklich alles toll darin beschrieben und auch ziemlich einleuchtend erklärt. Ich stand der Sache also sehr offen und aufgeschlossen gegenüber: Es schien wirklich sehr verlockend zu sein, allein durch Enthaltsamkeit (in Verbindung mit Yoga und Meditation) in Richtung "Erleuchtung" zu marschieren.
Um es kurz zu machen: Ich habe während der rund 3 Monate keine sonderlich große Veränderung an mir erfahren können.
Daher frage ich ja nicht umsonst nach "Erfolgsgarantien" oder Vorbildern für die Wirksamkeit des Enthaltsamkeits-Weges. Wer möchte schon einer Illusion hinterher laufen?.
Zumindest verdient es Respekt, dass du so lange die Enthaltsamkeit durchgehalten hast. Aber nun weißt du auch, wie schwer es ist, die Enthaltsamkeit zu praktizieren. Wenn du drei Monate (99 Tage) enthaltsam lebst, solltest du noch keine gravierenden Fortschritte erwarten. Die Fortschritte stellen sich in der Regel erst nach längerer Enthaltsamkeit ein. Denke einmal daran, dass man sich vor der Enthaltsamkeit vielleicht einige Jahrzehnte sexuell ziemlich oft verausgabt hat. Das hat in der Physiologie sehr tiefe Spuren hinterlassen, die man nicht in so kurzer Zeit auslöschen kann. Der Körper hat sich daran "gewöhnt", relativ häufig einen Orgasmus zu erleben. Das hat auch im Unterbewusstsein tiefe Spuren hinterlassen.
Wenn man noch jung ist, ich sage einmal so bis 35 Jahre, dann könnte es durchaus sein, dass man innerhalb von 12 Monaten umwälzende Veränderungen erfährt, die man durchaus als Erleuchtung bezeichnen kann. In Wirklichkeit sind es natürlich physiologische Veränderungen, die dort stattfinden. Das erfordert aber, dass man die Enthaltsamkeit möglichst strikt einhält und auch täglich seine spirituelle Praxis (Meditation, Zen, Autogenes Training u.a. kontemplative Techniken) einhält. Es kann durchaus der Fall sein, dass man es nicht schafft, immer enthaltsam zu sein. Aber dadurch sollte man sich nicht von der Enthaltsamkeit abbringen lassen, sondern diesen Ausrutscher als einen Lernprozess verstehen, um es beim nächsten Mal besser zu machen. Irgendwann ist man stark genug, jeder Versuchung zu wiederstehen.
Es kann allerdings auch sein, dass es einige Jahre dauert, bis sich Erfolge einstellen. Ich weiß, dass es sehr frustrierend ist, wenn man keine Fortschritte erkennt. Mir selber erging es teilweise genau so. Aber ich habe trotzdem weiter enthaltsam gelebt. Und eines Tages fiel die Sexualität von mir ab. Es war wirklich eine große Erleichterung. Und heute sage ich, dass ich es immer wieder ganz genau so machen würde. Es kann dir natürlich niemand eine Garantie geben, dass du zu den Glücklichen gehörst, die in realitiv kurzer Zeit das angestrebte Ziel erreichen. Aber auf Grund der eigenen Erfahrungen, würde ich sagen, dass jeder Mensch in der Lage ist, das Ziel der Selbstverwirklichung zu erreichen.