Das Streben nach Glück lässt einen immer weiter leiden und ist der Ursprung allen Leids.
Die meisten Menschen Leiden, ohne dass die sich danach Streben, dieses Leid zu beseitigen. Erst durch eine sinnvolle Auseinandersetzung, durch eine geeignete sprituelle und psychologische Praxis, kann dieses Leid beseitigt werden. Von alleine wird das Leid nicht verschwinden. Ist das Ausüben meditativer Praktiken, einschliesslich des Zen, nicht ein Streben nach Glück? Warum sollte jemand sonst Zen praktizieren?
Zen wird nicht praktiziert um etwas zu erreichen. Es ist einzig Ausdruck des Nicht-Handelns. Darin liegt sein ganzer Sinn oder Unsinn. Wenn sich nebensächlich psychische oder physische positive oder negative Änderungen einstellen, ist das vielleicht gut oder schlecht, es wird nicht bewertet oder gar erwartet sondern hingenommen.
Ich bin auf etwas gestoßen, das mich erahnen lässt, was du damit ausdrücken möchtest. Ich möchte es einmal hier einfügen. Die Rede ist vom Getrenntsein, welches sich bei vielen Meditierenden einstellt:
Bindungslosigkeit (Getrenntsein)
Das Individuum kann das Gefühl haben, dass er oder sie alles sieht, was geschieht, einschließlich seiner oder ihrer eigenen Gedanken und dabei doch das Gefühl der Distanz haben, das Gefühl, davon getrennt zu sein. Die Yogis nennen diesen Zustand "Zeugen-Bewusstsein". Manchmal, wenn das Gefühl des Getrenntseins nicht direkt erwähnt wird, kann es aus den Phrasen, wie "das Feuer der Trennung", wie die Sufis es nennen, gefolgt werden oder bei Gefühlen großer Glückseligkeit. Es unterscheidet sich von der Zurückhaltung oder vom ängstlichen Rückzug dadurch, dass es eine Abspaltung der eigenen Person von der Geistestätigkeit darstellt, die die Situation beobachtet. Die Aktivitäten im Alltag aber finden weiterhin wie gewohnt statt. Daher muss das Gefühl des Getrenntseins, nicht das Funktionieren im normalen Alltag behindern.
Hat man diesen Abstand, diesen Zustand des Getrenntseins erreicht, ungeachtet ob man ihn als positiv oder negativ betrachtet, dann kann ich mir vorstellen, dass es das Streben nach einem Ziel, nach Glück, Erleuchtung, nach der Befreiung vom Leid oder anderen positiv besetzten Werten, vielleicht nicht mehr gibt. Aber um diesen Abstand zu erreichen muss man eine Menge tun, man muss sehr zielorientiert handeln, denn dieses Getrenntsein stellt sich nicht von alleine ein.
Ausserdem ist überhaupt nicht gesagt, dass sich der Zustand des "Zeugen-Bewusstseins" generell bei allen einstellt. Er kann auftreten oder auch nicht. Dies hängt von den verschiedensten Faktoren ab. Er kann genauso auftreten, wie Schmerzen, Lichterscheinungen (daher der Name Erleuchtung), unbeabsichtigte Muskelzuckungen oder Körperhaltungen (Yogastellungen), abnormale Atemmuster, Lähmungen, Hitze- und Kälteempfindungen, Visionen, Klänge, Krämpfe, akustische Empfindungen, Körperempfindungen wie Prickeln, Vibrieren, Jucken oder Kitzeln oder Störungen des Denkvermögens. Wie gesagt, alle diese Phänomene können eintreten, sie müssen es aber nicht. Sie können ebenso wieder verschwinden, wie sie gekommen sind.
Das Getrenntsein kann übrigens auch negative Folgen haben. Es kann nämlich auch zu einer krankhaften Persönlichkeitsspaltung kommen, wie man aus folgender Beschreibung erkennt:
Abspaltung
Ist der Rückzug des Selbst aus der aktiven Beteiligung oder Identifikation mit dem, was es wahrnimmt, erreicht, tritt der Zustand des Getrenntseins oder das Zeugen-Bewusstsein ein. Aber wenn es durch tiefe psychologische Widerstände, wie Angst, Verwirrung oder durch soziale Belastungen, nicht im Gleichgewicht ist, dann können sich negative Aspekte dieser Erfahrung durchsetzen. Hysterie oder ein Zustand der ähnlich der Schizophrenie ist, können das Resultat sein. Auch kann die Person sich mit dem Physio-Kundalini-Prozess in einer negativen, egoistischen Weise identifizieren, indem die Person glaubt, sie sei göttlich und als Retter für eine große Mission auserwählt. Durch die richtige ärztliche Unterstützung kann das Ungleichgewicht überwunden werden, so dass der Patient einen geeigneteren Fokus für seine Energien findet und die negativen Symptome verschwinden.