Noch einmal etwas zur Konzentration. Der
Raja Yoga Weg, den ich beschreite, setzt sich aus acht Stufen zusammen:
1. Yama - die 5 Enthaltungen
2. Niyama - die 5 Verhaltensregeln
3. Asana (Yogaübungen) - die rechte Meditationshaltung
4. Pranayama - Zusammenführung von Körper und Geist durch die Atmung
5. Pratyahara - das Zurückziehen der Sinne von der Außenwelt
6. Dharana - Konzentration auf nur einen Gedanken
7. Dhyana - Meditation
8. Samadhi - die völlige Ruhe des Geistes
Die Konzentration findet sich also unter Punkt 5 wieder. Vielleicht sollte ich aber zuvor noch einige Worte über das Zurückziehen der Sinne sagen:
Pratyahara (Das Zurückziehen der Sinne)
Pratyahara ist das Zurückziehen der Sinne. Mit Pratyahara beginnt das wahre spirituelle Leben; die äußere Welt wird draußen gelassen. Yama, Niyama, Yogaübungen und Atemübungen, alle diese Praktiken bereiten den Yogaschüler auf die Praxis von Pratyahara vor. Der Geist wird durch die Praxis von Brahmacarya (Keuschheit) und das Nicht-Begehren ruhig gestellt. Die Yogaübungen und die Atemübungen drängen die Ruhelosigkeit hinaus. Außerdem hemmen Atemübungen die nach außen gehende Veranlagung des Geistes. Nun kann der Geist leichter von den äußeren Objekten losgelöst werden.
Pratyahara gibt innere spirituelle Stärke und dem Geist großen Frieden. Es entwickelt Willenskraft und beseitigt alle Arten der Ablenkung. Zu viel Sprechen, zu viel Kontakt mit anderen, zu viel Arbeit, zu viel Nahrung, zu viel Unruhe, zu viel Aktivitäten und das Hineinstecken der eigenen Nase in die Angelegenheiten anderer, alles dies produziert Ablenkungen für den Geist und steht der Praxis von Pratyahara im Wege. Wenn ihr mit anderen Leuten verkehrt, dann fixiert den Geist auf euere innere Ruhe, auf euren inneren Frieden. Das dient als starkes Bollwerk, um euch vor den Turbulenzen weltlicher Gedanken zu schützen.
Macht regelmäßig Yogaübungen, täglich ein wenig Sport, seid regelmäßig in der Praxis eurer Atemübungen, kultiviert die Leidenschaftslosigkeit, ernährt euch gesund und erforscht euer Inneres. Erkennt die Nachteile des Sinnenlebens. Entwickelt Gemütsruhe, Zufriedenheit und Geduld. Seid beharrlich, hartnäckig und stets wachsam. Betet zum Herrn (wenn ihr religiös seid - eigentlich sollte der Yoga frei von religiösen, rassistischen und weltanschaulichen Ideologien sein). Singt und macht Mantrameditation (Wiederholung des Namen Gottes). Praktiziert Schweigen, seid mäßig in der Ernährung, lebt zurückgezogen und lebt enthaltsam. Seid kühn, rein und weise. Meidet schlechte Gesellschaft und sucht die Gesellschaft von spirituell fortgeschrittenen Menschen. Dann werdet ihr auf eurem spirituellen Weg Erfolg haben.
Konzentration ist die direkte Methode, um Erfolg in Pratyahara, im Zurückziehen der Sinne, zu haben. Sitzt in einem ruhigen Raum und zieht eure Sinne zurück. Wenn ihr einen spirituellen Hintergrund in euren Gedanken habt, wird der Geist in diesem ruhen, wenn er von seiner Arbeit befreit wird. Fixiert einen Teil eures Geistes auf Gott, auf eure Inneres oder auf das Dritte Auge und lasst den anderen Teil arbeiten. Erkennt, dass es anhaltende Freude nur in eurem Inneren gibt. Wer Pratyahara beherrscht, wird nie über Zerstreutheit des Geistes klagen. Wenn die Sinne von den äußeren Objekten abgezogen werden, kannst Du den Geist auf einen bestimmten Punkt heften. Pratyahara und Konzentration hängen zusammen.
Dharana (Konzentration)
Dharana bedeutet, den Geist auf eine Idee, einen Punkt oder ein Objekt zu heften, welches entweder innerlich oder äußerlich, real oder imaginär ist. Ihr könnt euch innerlich auf irgendeines der sieben Nervengeflechte, den Chakren oder Zentren der spirituellen Energie konzentrieren, auf einen Teil des Körpers, auf eine abstrakte Idee oder äußerlich auf ein Bild einer Gottheit richten.
Ihr könnt euch auf das Tick-Tack einer Uhr oder die Flamme einer Kerze, auf einen farbigen Punkt an der Wand, eine Rose oder irgendeinen anderen angenehmen Gegenstand konzentrieren. Das ist konkrete Konzentration. Es gibt keine Konzentration ohne irgendetwas, worauf der Geist sich fixiert. Der Geist kann sowohl auf einen angenehmen Gegenstand, wie einer Jasminblüte, als auch auf einen geliebten Menschen fixiert werden.
Praktiziert Konzentration, bis der Geist mit dem Objekt der Konzentration fest verschmolzen ist. Wenn der Geist von dem Objekt der Konzentration abwandert, bringt in wieder und wieder zurück zu dem Gegenstand. Lord Krishna sagte in der Gita: "So oft der ruhelose und unstete Geist zu wandern beginnt, zügele ihn und bringe ihn zurück; bringe ihn unter die Kontrolle des Selbst."
Wenn ihr eure Konzentrationskraft erhöhen wollt, dann vermindert eure weltlichen Aktivitäten. Ihr solltet täglich zwei Stunden Schweigen. Ein Mensch, dessen Geist mit Leidenschaft und allen Arten von absurden Wünschen gefüllt ist, kann sich nur schwerlich auch nur für eine Sekunde auf einen Gegenstand konzentrieren. Sein Geist wird schwingen wie ein Ballon. Regelt und meistert den Atem. Unterwerft die Sinne und konzentriert den Geist auf irgendeinem angenehmen Gegenstand. Gut geeignet für die Konzentration ist das Dritte Auge. Vereinigt die Begriffe der Heiligkeit und Reinheit mit dem Gegenstand eurer Konzentration..
Ihr könnt euch sowohl auf den Raum zwischen den Augenbrauen (Drittes Auge), als auch auf die mystischen Klänge (Anahataklänge) konzentrieren, die ihr als permanenten Pfeifton mit eurem inneren Ohr hören könnt. Ihr könnt euch ebenso auf das Bild von OM konzentrieren. Das Bild von Lord Krishna mit Flöte in der Hand und das Bild von Lord Vishnu mit Muschelschale, Wurfscheibe, Streitaxt und Lotus, sind sehr gut für die Konzentration. Ihr könnt euch auf ein Bild eures Gurus, auf Jesus, Maria oder auch eines anderen Heiligen konzentrieren.
Dharana ist die sechste Stufe oder Glied des Raja yoga von Patanjali Maharshi. In Konzentration werdet ihr nur eine Welle in dem See eures Geistes haben. Alle anderen Tätigkeiten des Geistes kommen zur Ruhe. Derjenige, der für eine halbe oder eine Stunde wahre Konzentration praktizieren kann, wird gewaltige psychische Kräfte haben. Auch sein Wille wird sehr kraftvoll sein.
Schweifen die Gedanken vor der Meditation ab und verlieren sich in der Ruhelosigkeit des Alltags, so löse man sich davon und widme seine Aufmerksamkeit wieder der Meditation. Man spricht eigentlich erst dann von Meditation, wenn die Konzentration ungebrochen ist, also gewissermaßen mit dem Meditationsobjekt verschmilzt, und der Geist nicht mehr abschweift. Schweift der Geist dagegen immer wieder ab und muss erneut auf das Objekt konzentrieret werden, so spricht man nicht von Meditation, sondern von Konzentration. In der Meditation findet also ein Verschmelzen des Meditierenden mit dem Meditationsobjekt statt.
Dabei darf nicht vergessen werden, dass auch die ethisch-moralische Seite (Yama (Gewaltlosigkeit, Ehrlichkeit, Nichtstehlen, Enthaltsamkeit, Unbestechlichlichkeit) und Niyama (Reinheit, Zufriedenheit, Disziplin, Studium, Hingabe an Gott (bei religiösen Menschen)) nicht außer acht gelassen werden darf, wenn der Yogaschüler die Klippen des Raja Yoga ohne Gefahren umfahren will. Denn vielen Leuten gelingt es zwar, die Kundalini aufsteigen zu lassen, wenn sie aber nicht die erforderliche Reife besitzen, werden sie Probleme mit dem plötzlichen Erwachen dieser Energie haben. So endete schon mancher spirituelle Aufstieg anstatt im Nirvana in der Psychotherapie.