Das alte Zölibat
Im Leben der religiösen Menschen, wird das Zölibat als eine spirituelle Disziplin betrachtet, als eine Übung, die dem spirituellen Sucher, spirituelles Wachstum ermöglicht. Das Zölibat bietet für den religiösen Menschen einen Weg, der seine Aufmerksamkeit vollkommen auf die Suche und Erfahrung Gottes lenkt. Von allen vergangenen und gegenwärtigen Weltreligionen, ist das Zölibat am meisten in den östlichen Weltreligionen, besonders im Hinduismus, verbreitet. Da man aber nicht unbedingt ein Priester sein muss, um ein religiöses Leben innerhalb des Hinduismus zu führen, muss man ebenfalls kein Priester sein, um das Zölibat zu praktizieren. Die Männer und Frauen, die Anhänger des Zölibats, egal ob Priester oder nicht, sind die Sadhus, die Mönche, der verschiedenen hinduistischen Orden.
In der 5.000 Jahre alten hinduistischen Tradition, besteht das ideale spirituelle Leben aus 4 Lebensstadien (
Das Konzept der 4 Lebensstadien), die vier Entwicklungsstufen, die das menschliche Wachstums repräsentieren. Es beginnt mit dem Brahmacharya, dem Zölibat, dem Lebensstadium des Schülers. Im Alter von etwa 10 Jahren beginnt der Bramachari mit der spirituellen Ausbildung, wobei sein zölibatärer Status ihm als Basis für sein wachsendes Bewusstsein dient. Er studiert, normalerweise bei einem Meister (Guru), wobei er in den nächsten 12 Jahren das Zölibat weiterhin aufrecht erhält. Diesem Lebensabschnitt folgt normalerweise der zweite Lebensabschnitt, der Lebensabschnitt des verheirateten Mannes, des Familienvaters. Aber nicht alle Männer heiraten im zweiten Lebensabschnitt. Einige entscheiden sich, Mönche zu werden und halten das Zölibat ein Leben lang aufrecht. Aber die meisten Männer heiraten und gründen eine Familie. Beide Wege, sowohl der Weg des Mönches, als auch der Weg des Ehemannes, werden im Hinduismus respektiert.
Von denen, die geheiratet haben (die Familienväter beachten normalerweise ebenfalls das Brahmacharya, Sexualität nur zur Zeugung des Nachwuchses), fahren einige Familienväter nach der Ehe mit der spirituellen Hingabe fort und beschließen, ihre religiöse Hingabe im dritten Lebensstadium, dem Lebensstadium des Vanaprastha (siehe Anmerkung), um sich auf ein Leben als religiöser Einsiedler vorzubereiten. Einige verheiratete Paare gehen zusammen in den Wald oder in die Berge (Himalaya). Im dritten Lebensstadium ist das Zölibat selbstverständlich. (Anmerkung: Aber es dürfte den meisten Eheleuten ohnehin nicht weiter schwer fallen, weil die meisten hinduistischen Eheleute in der Regel ohnehin in der Ehe das Brahmacharya, das Zölibat, beachtet haben.) Es ist eine Zeit, von der sich der/die Vanaprashta von seinem/ihrem weltlichen Besitz und von den familiären Verpflichtungen trennt, um in den vierten Lebensabschnitt, dem Abschnitt des
Sannyasa, (Einsiedler/Mönch) überzuwechseln.
Anmerkung Vanaprashta
Das dritte Lebensstadium, Vanaprastha, folgt etwa ab 50, 60 Jahren bis etwa 75. Lebensjahr. Es ist ein langsames Eintreten in den Ruhestand. Dieser Übergang findet allmählich statt, nicht abrupt wie im Westen, wo man bis 60 oder 65 seinen Acht-Stunden-Tag hat und danach von einem Tag auf den anderen nichts mehr, was für viele Menschen eine schwierige Umstellung ist. Klassischerweise zieht man sich im Vanaprastha langsam aus dem Beruf zurück, übergibt das Geschäft oder den Hof an die Kinder oder die Nachfolger. Und man löst sich langsam körperlich und emotionell aus der Partnerschaft, um sich später ganz zu trennen und so im hohen Alter in den vierten Lebensabschnitt, dem Sannyas, der vollkommenen Entsagung, einzutreten.
Ende Anmerkung
Ein Sannyasin lebt normalerweise vollkommen allein oder in einer Mönchsgemeinschaft. Er hat alle familiären Verbindungen, sowie alle Verbindungen zu anderen Menschen (Freunde, Bekannte, Verwandte) abgelegt und sich von weltlichem Besitz gelöst. Der Sannyasin genießt die Ruhe der Meditation und strebt nach der Reinheit seines spirituellen Bewusstseins. In der östlichen Tradition, ist das Zölibat eine Disziplin, um Erleuchtung zu erlangen, wobei die physische, die geistige und die emotionale Energie, des Körpers, des Geistes und der Sinne, auf die höheren spirituellen Ebenen (auf Gott) ausgerichtet sind.
Anmerkung Sannyasa
In jeder Religion gibt es Einsiedler, die in Zurückgezogenheit und Meditation leben. Es gibt Bhikkus (Mönche) im Buddhismus, Fakire im Islam, Fakire im Sufismus und Patres und Pfarrer im Christentum. Die Großartigkeit einer Religion geht vollkommen verloren, wenn man die Eremiten (Einsiedler) oder Sannyasins wegnimmt, oder diejenigen, die ein Leben der Entsagung und Kontemplation über das Göttliche leben. Diese Menschen erhalten die Religion und bewahren die Weltreligionen. Diese Menschen bringen den Hausvätern Trost, wenn sie in Schwierigkeiten und Verzweiflung sind. Sie geben den Verzweifelten Hoffnung, den Niedergeschlagenen Freude, den Schwachen Kraft und den Furchtsamen Mut, indem sie das Wissen der Vedanta (heiligen Schriften) lehren.
Sannyasins leben von ein paar Stücken Brot und dafür gehen sie von Tür zu Tür und verbreiten überall im Land die erhabene Vedantalehre und die erhabene Philosophie der Verwirklichung Brahmans (Gottes). Die Welt schuldet ihnen großen Dank. Wer kann ihnen diese Schulden vergüten ? Ihre Schriften führen uns noch immer. Lies einige Shlokas (altindische Verse) der Avadhuta Gita (heilige Schrift, hinduistische Bibel). Du wirst dich sofort in die wunderbaren Höhen göttlichen Glanzes und göttlicher Herrlichkeit erhoben fühlen. Du wirst ein anderer Mensch sein. Niedergeschlagenheit, Schwäche, Ängste und Kummer verschwinden sofort.
Ein wirklicher Sannyasin ist der einzig mächtige Herrscher dieser Erde. Er nimmt nie etwas. Er gibt immer. Nur Sannyasins vollbrachten in der Vergangenheit wunderbare Taten. Nur Sannyasins können in der Gegenwart und auch in der Zukunft Wunder wirken. Ramakrishna Paramahamsa, Rama Tirtha, Dayananda und Vivekananda verbreiteten die erhabene Lehre der Schriften und hielten die Hindureligion am Leben. Nur die Kühnheit der Sannyasins, die alle Bindungen und Beziehungen gelöst haben, furchtlos sind und frei von Täuschung, Leidenschaft und Selbstsucht, können der Welt wirklich dienen. Nur ein Sannyasin kann wirklich Loka Sangraha (selbstlosen Dienst) tun, denn er hat göttliches Wissen und widmet seine ganze Zeit! Ein einziger wirklicher Sannyasin kann das Schicksal der ganzen Welt verändern! Ein einziger mächtiger Shankara (Philosoph) errichtete die Lehre der Adwaita Philosophie. Er lebt in unseren Herzen weiter. Sein Name kann nie verlöschen, solange die Welt besteht.
So wie es in Wissenschaft, Psychologie, Biologie und Philosophie Forscher und Wissenschaftler gibt, so sollte es auch Forscher und Wissenschaftler bei den Yogis und Sannyasins geben, die ihre Zeit dem Studium und der Meditation widmen, der Forschung über den Atman (Seele). Diese wissenschaftlich tätigen Yogis geben der Welt ihre Erfahrungen und Erkenntnisse auf dem Gebiet der Religion. Sie bilden Schüler aus und schicken sie in die Welt, um zu predigen. Es ist die Pflicht von Hausvätern, Zamindars (reicher Großgrundbesitzer) und der Verwaltung, für die Bedürfnisse dieser Sannyasins zu sorgen. Dafür sorgen diese Sannyasins für ihre Seelen. So wird sich das Rad der Welt ungehindert drehen. Es wird Frieden im Land herrschen.
Ende Anmerkung
Im allgemeinen wird der Sex in der östlichen Philosophie, als eine Vergeudung sexueller Energien, das Brahmacharya (Zölibat) dagegen als eine Bewahrung sexueller Energien betrachtet. Übermässiges sexuelles Interesse, gilt zwar nicht als eine Sünde, wird aber als eine menschliche Schwäche betrachtet, die notwendigerweise zur Vergeudung der geistigen und physischen Energien führt, während das Zölibat, die Erhaltung der Energie und damit geistige und physische Stärke repräsentiert. Um sich dem Zölibat zuzuwenden, muss man sich von der Sexualität abwenden.
Das neue Zölibat I
Das neue Zölibat II
Das neue Zölibat III
Das neue Zölibat IV
Das neue Zölibat V
Das neue Zölibat VI
Quelle:
The new celebacy - Deutsch:
Liebe ohne Sex